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Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila

Titel: Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Autoren: Sonya Kraus
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Daumen anerkennend genickt und dann gefragt hatten: »Mensch, Sonya, uiuiui!!! Neu?! Die sind aber top geworden! War ’s teuer?«
    Von meinem kleinen, unter Tunikas verborgenen Bäuchlein bekamen sie dagegen nichts mit; klar, ihr Blick hing ja auch weiter oben. Die zweite Nebenwirkung war: Meine Schleimhäute waren nicht nur extrem gut durchblutet, sondern auch extrem empfindlich. So sehr, dass bereits ein durchschnittliches Benjamin-Blümchen-Törööhhh ins Taschentuch die Nasenschleimhaut in blutige Niagarafälle verwandelte.
    Ein kurzer Optik-Check im Rückspiegel ergab: Tatsache! Ich hatte schon wieder Nasenbluten! Und eine einstündige Fahrt im ICE nach Köln vor mir. Na super!
    Da konnte ich mir zur Belustigung meiner neugierigen Mitreisenden ja gleich ein paar Tempo-Tampons drehen und sie mir wie die Pommes in »Ein Fisch namens Wanda« in die Nase stopfen, um die Blutung zu stillen. Ich sah schon die heimlich um die Ecke geschobenen Handykameras vor mir und die Twitter-Postings mit den Stichworten: #nase #koks? #kraus.
    Meine Idee, den Wagen am Flughafen abzustellen und von hier aus direkt den Zug zu nehmen, schien mir plötzlich nicht mehr ganz so ideal. Was blieb mir also anderes übrig? Richtig: Ich blieb im Auto sitzen und fuhr selbst. Fahrmuffel Kraus machte sich widerwillig bereit für einen Road Trip. Die Staustrecke Frankfurt – Köln mit dem Wagen zu fahren war natürlich normalerweise totaler Schwachsinn und unter Umweltaspekten selbstverständlich suboptimal. Und außerdem hätte ich im Zug noch einiges erledigen können. Zum Beispiel ein bisschen schlafen. Mein Make-up machen. Ein weiteres Käffchen im Zugrestaurant schlürfen … Hach!
     
Glücklich ist, wer vergisst,
was doch nicht zu ändern ist
    JOHANN STRAUSS JUNIOR, DIE FLEDERMAUS
     
    Aber nun gut – Zug war jetzt eben nicht. Und wie war noch gleich mein Motto? Think Pink, richtig? Außerdem war ich doch heute Superwoman, das würde ich auch noch gedeichselt bekommen. Ich warf meinen imaginären Superheldinnenumhang über die Schulter und überlegte. Was hatten wir denn da? Ich saß ja nun schon mal im muckelig warmen Auto. Kein zugiger Bahnsteig mit akuter Blasenentzündungsgefahr, keine Verspätung, kein Umsteigen, keine Selbstmörder auf der Strecke, keine mies gelaunten Taxifahrer … Klang schon mal nicht übel, das waren ganz klar die ersten fabelhaften Pink Points. Ein schneller Blick ins Handschuhfach enthüllte: Ich hatte die tolle neue Robyn-CD dabei, zu der man wirklich wunderbar mitsingen konnte – in der Bahn aus Rücksicht auf die Mitreisenden völlig undenkbar, im schallgeschützten Raum meines Kraftfahrzeugs dagegen eine kombinierte Atem- und Entspannungsübung. Hervorragend! Pink Point Nummer zwei. Dann fiel mir ein, dass es für so ein Auto ja gar nicht gut war, immer nur kurz im Stadtverkehr bewegt zu werden. Pink Point Nummer drei. Meine Laune stieg zusehends, und ich warf den Motor an. Und natürlich würde ich an der A 3 einen kleinen Pippi-Pit-Stop einlegen und mich irgendwie für meine Heldentaten belohnen. Ich stopfte mir also flugs ein paar zerknüllte Tempo-Bällchen in die Nase, atmete durch den Mund, und los ging’s.
    Als ich gut eineinhalb Stunden später an der Raststätte in der Warteschlange an der Burger-Theke wartete, war die Blutung gestillt – und meine Stimmung hatte sich auf gewohnter Höhe eingependelt. Was man vom Mädel hinter der Theke kaum behaupten konnte. Sie wirkte in etwa so verschlafen wie Julius heute Morgen – nur noch deutlich muffeliger. Kein Wunder: Nicht eine einzige Person in der Schlange vor mir guckte ihr ins Gesicht. Stattdessen wurde von der Anzeigetafel der Menüwunsch abgelesen und lieblos runtergeleiert. Keine Begrüßung, kein »Bitte«, kein »Danke«. Es bestand nicht der geringste Zweifel: Vor mir standen ausnahmslos unhöfliche Blödmänner ohne jede Kinderstube. Eigentlich logisch, dass die Servicekraft die Teller so auf die Tabletts knallte, dass die Pommes hüpften und die Cola in kleinen Tsunamis überschwappte.
    Aber ich war Superwoman – und zuversichtlich! Mal schauen, ob das auch anders ging, ich machte mich bereit zur Gute-Laune-Bestrahlung. Als ich an der Reihe war, lächelte ich das Mädchen an und sagte freundlich »Guten Tag! Ziemlich viel los heute Vormittag, oder?« Eigentlich keine große Tat, denn im Grunde ist eine Begrüßung ja eine absolute Mindestanforderung an jeden zwischenmenschlichen Kontakt – aber offenbar eine stark in Vergessenheit
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