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Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)

Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)

Titel: Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
Autoren: Rhyannon Byrd
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dann?“
    „Michael Quinn ist mein Name“, erwiderte er mit dieser tiefen, rauen Stimme, die perfekt zu seinem umwerfend guten Aussehen passte. Er hatte sogar ein leichtes Näseln in der Sprache, Andeutung eines längst vergessenen Akzents. Er musterte sie langsam und sagte ironisch: „Ich könnte fragen, ob du Saige Buchanan bist, aber das ist ja wohl offensichtlich.“
    Er musste gespürt haben, dass sie wieder wegrennen wollte, denn er kniff die Augen zusammen und fügte leise hinzu: „Ich hab dich ein Mal erwischt, Mädchen. Glaub nicht, dass ich das nicht wieder schaffen würde.“
    „Du entführst mich also, ja?“
    „Ich versuche nur, dir etwas klarzumachen.“ Anscheinend hielt er sie für völlig verrückt. „Wenn ich dir sage, lauf nicht weg, dann bleib verdammt noch mal, wo du bist.“
    „Woher nimmst du das Recht, mir vorschreiben zu wollen, was ich tun soll?“ Sie widersprach vehement und mit allem Mut, den sie zusammennehmen konnte, und hoffte, dass sie sich nicht mehr Ärger einhandelte, als sie bewältigen konnte. Das Messer war ihre einzige Waffe gewesen, und die war ihr aus der Hand gefallen. Wenn dieser Typ Ärger machen sollte, hätte sie ihr aber sicher nicht viel genützt. Sein Körper war geschmeidig wie ein Panther, kräftige Muskeln, tolle Figur – das perfekte gefährliche Raubtier. Geradezu gebaut für hohe Geschwindigkeiten und auch für andere Dinge, an die sie lieber nicht denken wollte, in Anbetracht der Tatsache, dass sie ihn überhaupt nicht kannte. Und jetzt war sie allein mit ihm, mitten im Dschungel.
    „Man könnte meinen, du solltest etwas dankbarer dafür sein, dass ich dir gerade das Leben gerettet habe“, meinte er mit jener kühlen, männlichen Vernunft, die sie immer dazu brachte, vor kindlichem Trotz mit den Füßen aufzustampfen. Zum Glück konnte sie diesen lächerlichen Impuls zurückdrängen und drückte stattdessen das Kreuz durch, entschlossen, nicht zurückzuweichen. Sie hob das Kinn und wünschte zum tausendsten Mal, sie wäre ein paar Zentimeter größer gewachsen. Sie hatte es schon immer gehasst, sich mit jemandem zu streiten, der sie überragte. Plötzlich hatte sie ein Bild vor Augen, wie sie ihn mit Stöckelschuhen und zehn Zentimeter hohen Absätzen niederstarrte, und schnaubte beinahe, weil es so absurd war. Genau das Richtige für den Dschungel, aber wenigstens hätte sie die Absätze als Waffen einsetzen können.
    Durch seine schön geschwungenen Wimpern hindurch schien er genau zu erkennen, wie chaotisch es in ihr aussah, ihre Gedanken sausten wie Konfetti im Sturmwind. Sie bewegte sich unbehaglich, ihre Haut kribbelte, ihr Atem ging zu schnell, und sie hätte schwören können, dass in seinem durchdringenden Blick auch noch Spott lag, was sie erst recht wütend machte. Da zitterte sie in ihren Stiefeln, und der Idiot meinte auch noch, das wäre komisch.
    Ohne nachzudenken, machte sie den Mund auf und äußerte die höhnische Erwiderung, die ihr auf der Zunge lag: „Lass uns eins gleich mal klarstellen, du Spatzenhirn. Vielleicht warst du vorhin ganz nützlich, aber um deine Hilfe habe ich nicht gebeten.“
    Er ging auf sie zu, aber stoppte mitten im Schritt, die onyxfarbenen Augen zu bedrohlichen Schlitzen zusammengekniffen. „Hast du mich gerade ernsthaft Spatzenhirn genannt?“
    Saige hob das Kinn noch höher. „Da hast du verdammt recht“, stieß sie hervor. Das war wahrscheinlich die größte Dummheit, die sie je geäußert hatte, aber jetzt galt es, standhaft zu bleiben.
    Er schüttelte den Kopf, hatte offensichtlich keine Ahnung, was er mit ihr anfangen sollte. „Kann es sein, dass du lieber das Spielzeug dieses Monsters gewesen wärest? Ist das so, Saige?“ Seine Stimme war jetzt krächzender, sein Kinn entschlossen. „Weißt du etwa nicht, was die Casus mit den Frauen anstellen, bevor sie sie umbringen?“
    Sie erschauerte, schlang die Arme um sich, und trotz der Hitze wurde ihr eiskalt. Da der Schrecken dieses Blindflugs vorüber war, rasten ihre Gedanken, die sich immer wieder um eine unleugbare Tatsache drehten. Nach all den Sorgen und den Fragen wusste sie jetzt, dass die Casus ohne jeden Zweifel tatsächlich existierten – und dass sie hinter ihr her waren. Blutgierige Monster, die sie mit bloßen Händen zerfleischen konnten, als wäre sie bloß ein lästiges Insekt. In diesem Augenblick begriff Saige endlich, dass ein stummer verängstigter Teil von ihr die ganze Zeit gehofft hatte, dass die Legende vielleicht, bloß
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