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Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)

Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)

Titel: Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
Autoren: Rhyannon Byrd
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letzten Streits waren noch frisch und schmerzhaft. Er hatte ihr vorgeworfen, wegen eines lachhaften Wahns ihr Leben zu verschwenden, über die Gefahren genörgelt, denen sie sich ständig aussetzte, indem sie durch die ganze Welt fuhr auf der Suche nach Erkenntnissen über eine Vergangenheit, die ihr Leben eigentlich nie mehr berühren sollte. Zwar wusste Saige, dass ein Teil von ihm die Geschichten glaubte, mit denen sie alle aufgewachsen waren, aber Riley wollte die Wahrheit über ihre Abstammung einfach nicht wahrhaben. Er glaubte daran, aber er war nicht glücklich damit, schleppte eine Bitterkeit mit sich herum, die Saige weder teilte noch verstand. Eine Bitterkeit, durch die seine letzten Worte zu ihr schmerzhafter wurden als alles andere, Worte, die sie nie vergessen würde … oder vergeben.
    Aber vor allen Dingen hatte er ganz klargemacht, dass sie in dieser Angelegenheit auf sich allein gestellt war.
    Woran du inzwischen wirklich gewöhnt sein solltest.
    Saige schüttelte über sich selbst den Kopf, aber sie wollte sich nicht bemitleiden, egal wie viel Angst sie hatte. Und ihre Furcht konnte sie nicht verleugnen, die ihre Haut wie ein klammer Film bedeckte. Nachdem sie ihr ganzes Erwachsenenleben damit zugebracht hatte, sich auf diesen Moment vorzubereiten, war sie nun, da das Erwachen tatsächlich begann, vor Angst überwältigt. Wie gern würde sie in besänftigende Arme sinken und Trost finden. Wenn schon nicht bei ihrer eigenen Familie, dann wenigstens bei jemandem, der sich um sie sorgte und kümmerte. Der sie in die Arme nehmen und ganz festhalten und beschützen würde, wenigstens für ein paar wenige gestohlene Stunden des Friedens.
    Ja, träum nur, Saige – falls du es noch nicht bemerkt hast, das hier ist kein Märchen.
    Außer ihrer Mutter hatten sich nur die Watchmen für ihr Schicksal interessiert, aber selbst die hatten sie jetzt im Stich gelassen. In der Bar hatte sie für einen kurzen Augenblick geglaubt, dass der hübsche Fremde vielleicht ein weiterer jener geheimnisvollen „Beobachter“ sein könnte, so wie der, der vor ein paar Tagen plötzlich verschwunden war, aber es war ein Markenzeichen dieser Organisation, dass sie immer auf Distanz blieben, ihr nie so nahe kamen wie dieser Kerl. Darüber wusste Saige schließlich Bescheid, denn sie und ihre Brüder standen schon seit Jahren unter Beobachtung durch diese Gestaltwandler, wenn nicht gar ihr ganzes Leben. Es war ihre Aufgabe, die uralten Blutlinien zu überwachen. Der plötzlich verschwundene Watchman war nur der letzte in einer langen Reihe von Männern und Frauen, die sie im Auge behalten und auf den Tag warten sollten, an dem es zur Verwandlung kam und der ihr gesamtes Leben verändern würde.
    Saige hatte es meistens geschafft, diese Leute einfach zu ignorieren. Schließlich hatten sie sich nie in ihr Leben eingemischt. Sie waren einfach da, wie das Muttermal an ihrer Hüfte, konstant und vorhersagbar. Und auf seltsame Art auch irgendwie … beruhigend.
    Aber dieser atemberaubende Fremde in der Bar war auf alarmierende Weise anders gewesen. Statt sie zu beruhigen, hatte er ihre Sinne vollständig durcheinandergewirbelt. Als sie seine Bierflasche berührte, war die Vision, die ihr durchs Hirn raste, allein durch ihre schiere Gewalt schockierend gewesen, was sie total verblüfft hatte. Normalerweise konnte Saige Gegenstände nicht so stark „lesen“. Auch so machtvolle Gefühle nahm sie niemals wahr – deshalb war sie in Panik geraten und direkt in die tröstenden Arme des Dschungels gerannt. Trotz seiner Gefahren hatte sie sich hier immer zu Hause gefühlt. Der Regenwald war kein Feind, aber auch nicht bloß irgendein Ort. Er war ihr Verbündeter, sie vertraute ihm, wusste, was sie von ihm zu erwarten hatte. Bei Menschen war das anders.
    Menschen waren nicht vorhersagbar, doch die Natur nahm immer ihren bekannten Lauf. Ja, sie konnte gnadenlos und grausam sein, aber ebenso konnte sie großzügig sein, ihre Schönheit offenbaren … dem Aufmerksamen ihre ganze Pracht zu Füßen legen, und dafür verlangte sie keine andere Gegenleistung als Respekt. Saige hatte sich in der Umarmung der Natur immer wohl und zufrieden gefühlt, aber heute Nacht spendete ihr diese Umgebung keinen Trost. Die Schatten kamen immer näher, die Panik schnürte ihr die Luft ab und legte sich wie Blei auf ihre Muskeln. Unangenehm feuchte und geradezu animalische Ausdünstungen drangen in ihre Poren ein. Ihr Schutzraum wurde irgendwie verändert, ihr
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