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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Autoren: Susanne Reinker
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vorkommt, wir leben sehr zurückgezogen –, dann sagt er mir immer, wie hübsch er mich findet. Meine Figur, meine grünen Augen, meine braunen Locken.
    Im Großen und Ganzen finde ich auch, dass ich für mein Alter ziemlich zufrieden sein kann. Trotzdem sollte ich zur Wiederbelebung unserer ehelichen Aktivitäten einen Kamasutra-Kurs auf die Liste meiner guten Vorsätze setzen. Oder wenigstens in Neeles Brigitte Woman nach Sextipps für Best Ager suchen.

2
    W enn das neue Jahr so weitergeht, wie es die ersten beiden Wochen war, dann wird es allerhöchste Zeit für einen Lottogewinn, der mich aus meinem Angestelltenelend erlöst. Falls das vom Schicksal zu viel verlangt ist, wäre ich auch schon mit einem Headhunter zufrieden, der mich von jetzt auf gleich für die Konkurrenz abwirbt.
    Was allerdings genauso wenig wahrscheinlich ist wie die Lottomillion. Denn eine Übersetzerin, die in einer Messebauklitsche Mädchen für alles spielt, ist ja in dem Sinn kein »High Potential«. Auch wenn sie fließend Französisch und Englisch spricht. Vielleicht können die himmlischen Mächte sich wenigstens zu einem Trostpreis für mich durchringen und dem Meidner eine kleine Krankheit bescheren. Nichts Schlimmes, nein, ich bin ja nicht nachtragend. Aber vier Wochen Krankenhaus, am besten in Kombination mit einer akuten Stimmbandentzündung, das wäre schon sehr segensreich für meine Nerven.
    Die beruhige ich inzwischen jeden Morgen mit Martinas Meditationskalender. Aber es gibt Situationen, in denen sind Weisheiten wie »Keine Schneeflocke fällt auf die falsche Stelle« eher nervtötend als trostspendend.
    Freitag zum Beispiel. Da habe ich dem Meidner stolz das Konzept für die Franzosen vorgelegt. Sehr detailliert, solide kalkuliert und in neuer persönlicher Weltbestzeit geschrieben. Doch anstatt in Beifall auszubrechen und mich endlich mit meiner lang verdienten Beförderung zu belohnen, warf er meine Mappe nach kurzem Blättern mit theatralischer Geste in den Papierkorb.
    »Völlig unbrauchbar«, sagte er missmutig. »Ich hab dir doch gesagt, dass der Kunde einen klassischen Messeauftritt will. Was soll da dieses ganze Gelaber von wegen innovativ und so? Muss man dir eigentlich immer alles fünfmal erklären?«
    Wenn du es mir nur einmal erklären würdest, dafür aber richtig, dann wäre schon viel gewonnen, du Arsch. »Aber Joe, du hast mir doch gesagt, die wollen was ganz Modernes haben!«
    »Ach was, dummes Zeug. Das ist doch alles Schnee von vorgestern! Die Springer hat wohl vergessen, dich über mein letztes Gespräch mit denen zu informieren.«
    Ich bezweifelte, dass Frau Springer über dieses Gespräch im Bilde war. Aber irgendjemand muss ja schuld sein, wenn Joachim Meidners Informationsmanagement mal wieder gravierende Mängel aufweist. Und dieser Jemand ist entweder Sandra Heller oder Renate Springer. So gesehen ist unser Gehalt eher als Schmerzensgeld zu betrachten.
    Leider gibt es in diesem Bereich keine Boni für übermenschliche Opfer im Umgang mit dem Vorgesetzten. Sonst hätte ich allein für Freitag gleich zweimal abkassieren können. Denn kaum hatte ich den Reflex gebändigt, dem Meidner als Dank für die überflüssige Arbeit seinen Latte macchiato über die Hose zu kippen, da brachte er meinen Puls schon wieder auf 1.000.
    »Ich hoffe, du hast dir für heute Nachmittag nichts vorgenommen. Um 18:00 Uhr haben wir ein Meeting mit dem Schnurer.«
    Habe ich schon erwähnt, dass ich meinen Chef hasse? Unter anderem weil er Termine gerne auf Freitagabend legt. Um ordentlich Überstunden ernten zu können. Unbezahlte Überstunden, versteht sich.
    Ich starrte auf seine Kaffeetasse. Sie war immer noch einladend voll. Der helle Mokkaton und der Milchschaum würden sicherlich sehr gut mit der olivgrünen Designerjeans harmonieren, in die er sich an diesem Tag gezwängt hatte.
    Bist du verrückt geworden – so wird das nie was mit der Beförderung!, hörte ich plötzlich eine Stimme entrüstet rufen. Mein innerer Staatsanwalt.
    Der hatte mir gerade noch gefehlt. Er hatte es sich auf Joes Besuchersofa bequem gemacht und starrte mich missbilligend an. Ich starrte verschreckt zurück. Dabei weiß ich diese höhere Instanz in meinen Hirnwindungen durchaus zu schätzen. Recht und Unrecht, Moral und Gewissen, Benimm und Blamage – es gibt nichts, was seiner Aufmerksamkeit entgeht.
    Leider.
    Resigniert wanderten meine Augen von Joes Latte macchiato zu meiner Armbanduhr. Weitere quälende Stunden im Büro lagen vor
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