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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Autoren: Susanne Reinker
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Einsatz kommen!
    Gerade als ich mich frage, ob ich ihn versuchsweise sofort anziehen sollte, kommt Thomas ins Schlafzimmer getrabt. Er hat noch seinen Schal um den Hals, wie immer dreifach geschlungen, um der witterungsbedingten Erkältungsgefahr vorzubeugen. Er lächelt mich an, und ein zärtliches Gefühl steigt in mir hoch. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es von meinem Blick in Thomas’ braune Augen herrührt oder eher von dem reich bestückten Frühstückstablett, das er mir ans Bett bringt.
    »Hast du die Sirene vom Krankenwagen gehört?«, fragt er, während er sich die nassen Klamotten auszieht. »Stell dir vor, den Schmidtbauer aus der dritten Etage hat es wieder erwischt. Der hat aus seinem ersten Herzinfarkt anscheinend nicht das Geringste gelernt. Immer nur arbeiten, arbeiten, arbeiten, als ob seine Firma ohne ihn umgehend im Chaos versinken würde. Und dann abends zu Hause ständig Zoff mit der Familie.«
    »40 Prozent aller Herzinfarkte ereignen sich übrigens zwischen sechs Uhr morgens und zwölf Uhr mittags«, fügt er nach einem Blick auf die Uhr noch mit leiser Befriedigung hinzu. Er ist eben mit Leib und Seele Statistiker.
    »Ein Glück, dass mit der ständigen Schreierei über uns jetzt erst mal wieder Schluss ist«, sage ich erleichtert. Mein Mitleid für Dr. Dieter Schmidtbauer hält sich in Grenzen. Ich kenne ihn nur von Begegnungen im Treppenhaus. Bei denen starre ich immer wie hypnotisiert auf seine Augenringe. Nach seinem Herzinfarkt waren sie kurzfristig verschwunden – nur um sich ein paar Monate später umso eindrucksvoller zurückzumelden. Hätte er nur auf sie gehört! Dann läge er jetzt nicht wieder auf der Intensivstation.
    Komisch. Also ich bräuchte nie im Leben einen zweiten Schuss vor den Bug, um zu kapieren, was so ein Herzinfarkt einem sagen will. Ich würde sofort runterschalten. Den lieben langen Tag Entspannungsmusik hören, Yoga machen, buddhistische Philosophen lesen. Gelassen und glücklich würde ich durch mein weiteres Leben gleiten wie ein Segelboot bei glatter See.
    v v v
    Ich klingele, und kurz darauf öffnet Neele die Wohnungstür. Sie schaut besorgt. »Mensch, Sandra, bist du dir sicher, dass du den Herd ausgemacht hast?« Von drinnen höre ich unterdrücktes Kichern. Das klassische Schicksal des Zuspätkommers: Während ich noch durch die Stadt gehetzt bin, haben meine beiden besten Freundinnen bei einem Glas Prosecco schon mal ein bisschen über mich gelästert.
    Unwillkürlich muss ich grinsen. Sie haben ja recht. Wenn eine Frau von fast Mitte 40 sich regelmäßig panikerfüllt ausmalt, dass das ganze Viertel in einem flammenden Inferno versinkt, bloß weil sie vergessen hat, den Herd auszuschalten – dann muss sie den Spott ihrer Mitmenschen stoisch ertragen.
    »Jetzt komm schon, wir müssen doch auf deinen Geburtstag anstoßen!«
    Martina drückt mir ein volles Glas in die Hand. Sie sieht geschafft aus. Kein Wunder bei drei Kindern im Terroralter. Mit denen ohne Mord und Totschlag über die Weihnachtsfeiertage zu kommen grenzt an ein Wunder. Zumal ihr Stefan im Wesentlichen vor der Glotze hockt und DVD s anschaut. Was für einen Filmkritiker verständlich ist, aber Martina in erzieherischen Fragen trotzdem nicht weiterhilft.
    Und von denen stellen sich einige. Vor meinem geistigen Auge taucht Martinas Tochter Annika auf. Sie ist 17 und hat seit ihrer Wandlung zum Edelpunk jede Ähnlichkeit mit der süßen kleinen Freundin von Pippi Langstrumpf verloren. Ihr jüngerer Bruder Nico verbringt ganze Tage mit irgendwelchen blutrünstigen Computerspielen. Und falls Martina trotzdem langweilig werden sollte, ist da auch immer noch Lea. Sie ist gerade in die Schule gekommen und hält ihre Mutter erfolgreich davon ab, den Sprung zurück ins Berufsleben zu wagen.
    »Guck nicht so – ich weiß selbst, dass ich zwischen den Jahren ein bisschen zugenommen habe«, sagt Martina schuldbewusst. Bevor ich irgendetwas Höfliches wie »Ach was, das bildest du dir ein« antworten kann, mischt Neele sich ein. »Die paar Pfunde, die sieht man doch fast gar nicht, bei den weiten Sachen, die du immer trägst.«
    Ich halte die Luft an und bete, dass sie in ihrer diplomatischen Art nicht auf die Idee kommt, Martina einen launigen Kurzvortrag über Schlabberlooks und Mode für Mollige zu halten. Was zwar rein inhaltlich völlig gerechtfertigt wäre, aber trotzdem schwer erträglich ist, wenn es aus dem Mund von jemandem wie Neele kommt.
    Neele ist die Jüngste, Schönste und
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