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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie
Autoren: Deborah Crombie
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seiner Katze.
    Als ein vorüberhastender Passant Henri anrempelte, musste er stehen bleiben, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen, und fand sich vor dem Schaufenster des Auktionshauses Harrowby’s wieder. Ein Plakat warb für eine Versteigerung von Art-déco-Schmuck. Normalerweise war Henri als begeisterter Sammler auf diesem Gebiet stets auf dem Laufenden, doch er war gerade erst von einem Frühjahrsurlaub in seiner Heimat Burgund zurückgekehrt – wo Gott sei Dank die Sonne geschienen hatte – und hatte die Ankündigung dieser Auktion daher verpasst.
    Sie sollte am kommenden Mittwoch stattfinden, wie er zu seiner Erleichterung sah. Er könnte sich immer noch einen Katalog kaufen und ihn in Ruhe studieren – falls es nicht schon nach vier war und das Auktionshaus geschlossen hatte. Rasch warf er einen Blick auf seine Armbanduhr: genau eine Minute vor vier. Henri schüttelte seinen nassen Schirm aus, wobei er sich selbst eine unfreiwillige Dusche verpasste, und schlüpfte rasch durch die noch offene Eingangstür von Harrowby’s.
    Wenige Minuten später kam er wieder heraus, aufgeheitert durch seine Errungenschaft und einen netten Plausch mit der Empfangsdame. Der Rest seines Heimwegs kam ihm weniger beschwerlich vor, obwohl der Regen nicht nachgelassen hatte. Zu Hause trocknete er sich ab, zog frische Socken an und
schlüpfte in seine Pantoffeln, ein nicht ganz einfaches Unterfangen mit Matilde, die um seine Knöchel strich und ihn mit dem Kopf anstieß. Er entschied sich für Tee statt Whisky, um einer Erkältung vorzubeugen, und als dieser fertig gezogen hatte, schaltete er den Gasofen ein und machte es sich in seinem Lieblingssessel bequem, den Katalog auf den Knien balancierend. Er war exquisit gestaltet, wie es die Kataloge von Harrowby’s immer waren – das Haus war noch nie durch einen Mangel an Stil aufgefallen -, und Henri schlug ihn mit einem Seufzer der Befriedigung auf. Nachdem er für die hartnäckige Katze Platz gemacht hatte, begann er die Broschüre durchzublättern, und die Schönheit der Stücke verschlug ihm schier den Atem. Er hatte Kunstgeschichte gelehrt, bis er vor kurzem in Pension gegangen war, und die klaren, innovativen Formen der Werke aus jener Periode sprachen ihn ganz besonders an.
    Hier waren die großen Meister allesamt vertreten: ein Diamant-Saphir-Anhänger von Georges Fouquet, ein diamantener Cocktailring von Rene Boivin …
    Und dann erstarrte seine Hand in der Bewegung. Sein Blick blieb an einer bestimmten Abbildung haften, und sein Herz begann vor Aufregung zu flattern. Das war doch einfach nicht möglich, oder?
    Er betrachtete das Foto genauer. Henri war ein Freund kräftiger Farben, weshalb Diamanten allein ihn nie so begeistern konnten wie etwa solche Stücke, bei denen Platin mit dem Rot, Blau oder Grün von Rubinen, Saphiren oder Smaragden kontrastierte, aber das hier...
    Die Brosche war aus Diamanten gefertigt, die in Platin gefasst waren; eine doppelte Tropfenform, die ihn an einen Wasserfall oder das Rad eines Pfaus erinnerte. Die geschwungenen Linien waren ungewöhnlich für den Art-déco-Stil, der strenge geometrische Formen in den Vordergrund gestellt hatte. Doch dies war ein spätes Werk, datiert auf das Jahr 1938, und der Name –
er kannte diesen Namen, und der Schock ließ seinen Puls wie wild hämmern.
    Kopfschüttelnd stand er auf, wobei er Matilde unsanft von ihrem Ruheplatz auf seinem Schoß vertrieb. Doch plötzlich zögerte er. Sollte er darum bitten, einen Blick auf das Stück werfen zu dürfen, bevor er irgendwelche Maßnahmen ergriff? Aber nein – das Auktionshaus würde bis Montag geschlossen bleiben, und er bezweifelte, dass es sich um einen Irrtum in der Zuschreibung handelte – genauso wenig, wie er an seiner Erinnerung zweifelte.
    Er steckte den Katalog sorgfältig zurück in die Tüte und trug ihn in die Diele, wo er wieder in seine nassen Schuhe schlüpfte, den triefenden Mantel anzog und widerstrebend seine behagliche Wohnung verließ.
     
    »Verdammt, wieso musste es ausgerechnet jetzt regnen?« Gemma James hievte die Plastiktüten vom Supermarkt auf ihren Küchentisch und strich sich eine klatschnasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Das Wasser, das in regelrechten Bächen von den Tüten herabfloss, sammelte sich in Pfützen auf der Kiefernholz-Tischplatte. Gemma schnappte sich ein Küchentuch, um es aufzuwischen, während Duncan Kincaid seine eigene triefende Last abstellte.
    »Weil es Mai in London ist?«, fragte er grinsend. »Oder
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