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Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn

Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn

Titel: Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
Autoren: Mark Brandis
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entladen. Auch Weygand wußte, was das bedeutete: Sie befanden sich im unmittelbaren Streubereich. Der Raider selbst mochte mit ein paar Sengflecken davonkommen – sie jedoch würden die fünfzigste Minute nicht mehr erleben.
    Brandis dachte an Ruth.
    Wer die Flinte ins Korn warf, hatte sich selbst die Folgen zuzuschreiben.
    Er stieß Weygand an.
    »Kommen Sie!«
    Brandis hangelte sich quer durch das Schiff bis zum Niedergang, der hinabführte in den Maschinenraum. Weygand folgte ihm.
    Ein Blick auf den Reaktor genügte, um zu wissen, woran man bei ihm war. Ein erloschener Vulkan. Und der Raider war es nicht mehr wert gewesen, daß man ihm ein neues Herz verpaßte.
    Brandis hangelte sich weiter, jagte ein Stoßgebet gen Himmel und zog die schwere Tür zum Magazin auf.
    »Rasch!« sagte er. »Überprüfen Sie das Zeug, ob es noch etwas taugt!«
    Die Batterien im Raider waren alt und müde. Unter der Belastung, die Schleuse öffnen zu sollen, brachen sie zusammen. Und damit war der Raider endgültig ein totes Schiff – ohne Strom, ohne Luft, ohne Wärme. Ihm war nichts vorzuwerfen. Seine Pflicht hatte er immerhin getan.
    »Hau-ruck!«
    Brandis stemmte sich gegen das Handrad. Weygand griff mit zu.
    »Hau-ruck!«
    Der Rost im Gewinde schien über die vereinten Anstrengungen ebenso zu spotten wie zuvor über die des einzelnen Mannes. Brandis keuchte. Sein feuchter Atem schlug sich innen an der Scheibe seines museumsreifen Helmes nieder. Es war, als zöge Nebel auf. Fast sah er nicht mehr, was er tat.
    »Ich seh mich um nach einem Schweißgerät, Sir«
    »Zu spät! Noch einmal, Weygand! Hau-ruck! Hau-ruck!«
    Hau-ruck – und nicht daran denken, ob das alles noch einen Sinn hatte. Eine Premiere ohne Generalprobe.
    Kein Stück der Notausrüstung, die sie im Magazin vorgefunden hatten, paßte zueinander – ein wildes Sammelsurium abgelegter und nie konsequent ausrangierter Raumbekleidung, reif für die Verbrennungsanlage. Irgendwie waren zwei Anzüge zusammengekommen, mehr schlecht als recht, ohne Garantie. Und auch die Atemgeräte erwachten erst zum Leben, nachdem man ihre verrotteten Ventile ausgebaut und gereinigt hatte – alles das in einem verzweifelten Wettrennen gegen die Uhr. Die Luft, die aus den Geräten strömte, hatte den metallischen Geschmack des Alters. Sie war schal, als ob sie in all den Jahrzehnten, die seit der ersten Füllung vergangen waren, nie gewechselt worden wäre.
    »Hau-ruck!«
    Das Handrad gab widerstrebend nach.
    »Noch einmal! Zu-gleich!«
    Endlich ließ sich das Handrad drehen. Zoll um Zoll setzte sich das schwere Schott auf seinen Schienen in Bewegung.
    Und sie hatten nur noch vier Minuten.
    Es mochte sein, daß alle Anstrengungen vergebens waren und daß sie im leeren Raum elendig zugrunde gehen würden. Die andere Wahl war, an Bord zu bleiben – den sicheren Tod vor Augen, so oder so.
    Die Schleuse stand auf, und davor wölbte sich in seiner majestätischen Unendlichkeit der bestirnte Himmel. Die Sonne stand irgendwo auf der anderen Seite, und das Blau der Erde glich plötzlich einem unerreichbaren Utopia.
    Weygand zögerte. Brandis stieß ihn auf die Öffnung zu.
    »Vorwärts, raus!«
    Weygand bekreuzigte sich und stieß sich ab.
    Der Sprung katapultierte ihn in die Dunkelheit. Eine Weile schien er verlorengegangen zu sein, doch dann tauchte er in der Lichtbahn der Sonne auf. In seinem gescheckten Anzug sah er aus wie ein trauriger Clown, der zu schwimmen versucht. Er wälzte sich herum und hob den rechten Arm, um Brandis sein OK zu signalisieren. Und mit der linken Hand ruderte er, um seine Abdrift zu steuern, im Nichts.
    Und in keiner von beiden befand sich das Walkie-Talkie.
    Brandis machte kehrt und kämpfte sich zurück ins Cockpit.
    Das Walkie-Talkie lag immer noch auf dem Pult. Er nahm es an sich, steckte es in das Futteral seiner Jacke und führte den Stecker in die Steckdose seines Helmes ein. In seinen Ohren begann es zu knistern. Wenn er wollte, konnte er auch sprechen – einen Notruf absetzen. Das Walkie-Talkie war ihre letzte Hoffnung.
    Brandis drehte sich um, dem Ausgang entgegen.
    Und in diesem Augenblick sah er das andere Schiff.
    Es war keine Täuschung. Der wandernde Lichtpunkt bewegte sich exakt auf der errechneten Bahn. Der Konsul hatte sich, wie zu erwarten gewesen war, für die sicherere Route entschieden – fernab von den Gefahren des Schwarzen Lochs.
    Brandis griff nach dem Handläufer und rannte los. Die schweren Raumstiefel wirkten wie Blei an den Füßen.
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