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Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall

Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall

Titel: Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall
Autoren: Mark Brandis
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ohne Kampf und ohne Qualen. Eben noch hatte in ihr die Flamme des Lebens gebrannt - und nun war das Feuer erloschen.
    Captain Mboya sah mich an. Ich hob die Schultern. Was sich auf PANDORA zutrug, begriff ich genausowenig wie er.
    „Weiter!“ sagte ich.
    Im Lift stießen wir auf M 83. Offenbar war er bestrebt gewesen, Hilfe zu holen. Er war gestorben, bevor es ihm gelang, den Aufzug abfahren zu lassen.
    Ich erkannte ihn nur an seiner Nummer. Als ich ihn zuletzt gesehen hatte, war er ein kraftstrotzender junger Mann gewesen. Doch nun lag er zu meinen Füßen als spindeldürres Hutzelmännchen mit schlohweißem Haar.
    McBride vergaß, daß er ein sparsamer Mensch war. Er machte den Mund auf.
    „Als mein Vater starb“, sagte er, „sah er genau so aus. Er war neunundneunzig Jahre alt.“
    Captain Mboya schüttelte ungläubig den Kopf.
    Wir hoben den Leichnam aus dem Lift und ließen uns dann von diesem aufwärts tragen zum D-Deck. Als wir den Aufzug verließen, waren es bis zum Funkraum nur wenige Schritte.
    Die Flurplatten vibrierten, als das Triebwerk wieder einmal ansprang. Mr. Sappen war folglich an der Arbeit - und PANDORA unverändert unterwegs.
    Am Ende des Ganges tauchte flüchtig ein weißer Kittel auf und zog sich sofort wieder zurück. Weit und breit war sonst kein Mensch zu sehen. Von einem Tag auf den anderen hatte sich PANDORA in eine gespenstische tote Hülle verwandelt. Eine unerklärliche Lähmung hatte die Plattform befallen.
    Die Tür zum Funkraum stand auf. Der Platz des Funkers war nicht besetzt. Im Lautsprecher zeterte die blecherne Computerstimme von Mutterleib II:
    „Zwilling an Muster! Zwilling an Muster!… Frage: Wo liegt der Fehler? Wiederhole: Wo liegt der Fehler?“
    Captain Mboya griff über das Übermittlungspult und schaltete den Lautsprecher ab.
    „Sieht aus, als hätten sie auf dem Cunningham die gleichen Probleme, Sir“, bemerkte er.
    „Es sollte mich nicht wundern, Captain“, gab ich zurück. „Die Abnabelung hat schließlich noch nicht stattgefunden.“
    Ich wandte mich an McBride.
    „Können Sie mit dem LT umgehen?“ Er nickte.
    „Schön“, sagte ich, „machen Sie sich noch einmal nützlich. Eine Durchsage an die Invictus! Wir halten Kurs Tango Alpha Romeo.“
    McBride rang sich zu einer Bestätigung durch.
    „Tango Alpha Romeo.“
    „Drei Wörter!“ bekräftigte ich. „Unterschlagen Sie keins!“
    Er sah mich an, als hätte ich ihn beleidigt. Dann setzte er sich hinter das Gerät.
    Als Captain Mboya und ich weitergingen, blieben die Spritzpistole und die Axt zurück. Was immer sich auch an diesem Vormittag auf PANDORA zugetragen hatte: es war endgültig.
    Nach ein paar Schritten stießen wir auf ein weiteres Muster. Unweit der Stelle, wo vor Wochen der unvorsichtige Elektriker gestorben war, lehnte M 88, die sich damals über seine Zuckungen halbtot gelacht hatte, in einer Telefonnische, den summenden Hörer noch in der Hand. Als ich sie anrührte, ließ sie den Hörer fallen und sank in sich zusammen. Dabei verlor sie den Helm. Ich blickte auf den fast kahlen Schädel einer Hundertjährigen.
    Captain Mboya stieß den Helm mit der Fußspitze aus dem Weg.
    „M 88!“ sagte er angewidert. „Sie war eine der Schlimmsten.“
    „Es war nicht ihre Schuld“, erwiderte ich. „Und nun ist es ohnehin nicht mehr wichtig.“
    Captain Mboya schüttelte den Kopf.
    „Daß Menschen so rasch altern können! Verstehen Sie das, Sir?“
    Auf einmal glaubte ich zu wissen, was sich zugetragen hatte. Ich stieß Captain Mboya an.
    „Schnell! Kommen Sie!“
    „Wohin, Sir?“
    „Zur Mensa!“
    Wir stürzten über die Schwelle und blieben wie angewurzelt stehen. Das Bild, wußte ich, würde ich nie vergessen.
    Den Mustern mußte es gedämmert haben, daß mit ihnen etwas nicht in Ordnung war, und zehn von ihnen hatten sich bis in die Mensa geschleppt. Und dort waren sie dann - nach dieser letzten gewaltigen Kraft- und Willensanstrengung - gestorben.
    Ich blickte auf ihre eingefallenen Gesichter. Der Ausdruck war friedvoll. Der Tod war ein Tod ohne Schrecken und Qualen gewesen: ein sanftes Entschlummern, als sich die biologische Kurve ihrem natürlichen Nullpunkt näherte.
    Der Verstand weigerte sich, die Tatsache anzuerkennen. Aber sie bestand. Die Muster hatten alles gehabt, was ein Menschenleben ausmacht: Kindheit, Jugend, Reife und Alter. Ein Menschenleben aus der Retorte.
    Menschen wie Eintagsfliegen.
    „Es mußte sein.“
    Ich blickte auf.
    Dr. Benzingers Assistentin saß
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