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Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Titel: Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...
Autoren: Mark Brandis
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ihm aus der zitternden Hand und rollte über die vibrierenden Flurplatten.
    Minkowski schwang mit seinem Sessel herum, und das Gesicht, das er uns zuwandte, war alles andere als das eines glücklichen Siegers. Er lachte nicht. Er jubelte nicht. Er warf seine Arme nicht triumphierend in die Höhe. Er saß nur da, sah uns an, und die Tränen liefen ihm über das Gesicht. Und als er sich so weit gefaßt hatte, daß er die Worte über die Lippen bringen konnte, kamen sie leise, als wären sie zu Tode erschöpft: „Er reagiert…“
    Und die farbigen Symbole und huschenden Zahlenkolonnen bestätigten es: Der Korken bewegte die Flasche. Unter der Einwirkung des pausenlos röhrenden Triebwerks der SM 1 war der Ikarus nach einer schier unerträglichen Sekunde der Unschlüssigkeit auf Gegenkurs gegangen.
    Dr. Hamilton hatte es noch nicht begriffen. Mit seinen fiebrigen Augen starrte er Minkowski an, dann auch Lieutenant Stroganow, schließlich mich. Ich trat an ihn heran, legte ihm beide Hände auf die Schulter und sagte:
    „Auf, Doktor, auf! Sie können es Ihren Leuten bekanntgeben: Wir haben es geschafft!“
    Rund achtundvierzig Stunden später hatte sich die Lage so weit stabilisiert, daß Minkowski mich ersuchte, das Triebwerk der SM 1 zur Probe abzuschalten.
    Lieutenant Stroganow wagte sich hinaus und nahm, um völlig sicher zu gehen, die drei wichtigsten astronomischen Messungen vor. Als er zurückkehrte, bildeten Zeige- und Mittelfinger seiner rechten erhobenen Hand ein V: das klassische Viktoria-Zeichen.
    Das Triebwerk der SM 1 wurde nicht mehr benötigt. Die ursprüngliche kosmische Gesetzmäßigkeit hatte das Kommando über den Ikarus übernommen und zwang ihn unaufhaltsam auf seine angestammte Bahn zurück.
    Mit unzulänglichen Mitteln hatten wir den Sieg erfochten: einen Sieg freilich, der nicht vergessen machen konnte, wie knapp vor dem Untergang wir gestanden hatten. Und dies vermochte er nicht zu tilgen: das entsetzte Wissen darum, wie anfällig die Roedersche Methode war.
    Die Oberflächenverhältnisse normalisierten sich. Das überhitzte Gestein kühlte rasch ab, je weiter sich der Ikarus von der Sonne entfernte, die Lavaströme versiegten. Zurück blieb als bleibende Erinnerung eine schwarze Wüste, aus der heraus die bizarren Überreste der geschmolzenen Rampen ragten.
    Als Lieutenant Stroganow und ich am vierten Tag darangingen, die SM 1 in Augenschein zu nehmen, konnte man das ohne Asbestkleidung tun. Und um die Augen vor dem immer noch gewalttätigen Licht zu schützen, genügte der Helmfilter.
    Das Schiff hatte trotz allem, was ihm zugemutet worden war, kaum Schaden genommen. Die meisten Beulen waren die Folge des harten Landemanövers.
    Wir gingen an Bord, und als ich das Triebwerk anwarf, um den Versuch zu unternehmen, den Korken wieder aus dem Flaschenhals zu ziehen, hatte ich nach etlichem Hin und Her Erfolg. Mit schrillem Kreischen setzte sich die SM 1 mit dem Heck voraus in Bewegung.
    Ich zog sie in die Höhe, steuerte das Rampengelände an, über dem wieder einmal der schwarze Mantel der ikarischen Nacht lag, schaltete den Landescheinwerfer ein und setzte das Schiff auf die einzige noch intakte Plattform. Und erst in diesem Augenblick dachte ich wieder daran, aus welchem Grund Lieutenant Stroganow und ich die SM 1 in Metropolis bestiegen hatten.
    Der Testbericht würde voller Wenn und Aber sein.
    Wenn die VEGA die Weiterentwicklung in die Hand nahm, mochte es für diesen Schiffstyp eine Zukunft geben - und sei es in der Verlagerungstechnik als Außenborder. Daß er robust war und einiges einstecken konnte, hatte sich gezeigt.
    Aber für die Zwecke der UGzRR, als Rettungskreuzer unter den Sternen, blieb er ungeeignet.
    Ich erledigte die fälligen Eintragungen im Bordbuch, dann kehrten wir zur ikarischen Schleuse zurück, um uns noch einmal mit Minkowski und Dr. Hamilton zu beraten. Der Lukendeckel fuhr auf, wir zwängten uns in die Kammer - und als sich meine geblendeten Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, war so ziemlich das erste, was sie sahen, der schimmernde Lauf einer Bell.
    Und derjenige, der diese Waffe auf mich gerichtet hielt, war eigentlich tot.
    Ich war zu voreilig gewesen. Ich hatte zur Gewißheit erhoben, was doch nur Annahme sein konnte. Die Wahrscheinlichkeit hatte dafür gesprochen…
    „Hallo, Mark!“ sagte Piet Gumboldt. „Hallo, Lieutenant!“
    Ich war stehengeblieben und vertrat Lieutenant Stroganow, der nach vorne drängte, den Weg. Mochte der davon denken, was er
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