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Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...

Titel: Weltraumpartisanen 26: Ikarus, Ikarus...
Autoren: Mark Brandis
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über der Brust, das meinen Overall auf der Herzseite schmückte, verpflichtete mich zu bleiben. Ich wandte den Kopf. Lieutenant Stroganows Gesicht war streng und abweisend.
    Davonlaufen und überleben ist nicht immer alles. Der Mensch, wenn er etwas taugt, nimmt sein Gewissen mit auf die Flucht. Und dem muß er sich stellen. Der Gedanke, die Black-Diamond -Crew kaltblütig ihrem Schicksal zu überlassen, war dem Sibiriaken ebenso unerträglich wie mir. Aber das, was man Vernunft nennt, sprach dafür. Stroganow hatte Familie. Auf mich wartete in Metropolis Ruth O’Hara, meine Frau. Auch das waren Verpflichtungen.
    Lieutenant Stroganow räusperte sich.
    „Ein Jammer, daß sich Douglas und Bubnitsch nicht unseren Kahn geschnappt haben! Die Barrakuda verfügte zumindest über ein konventionelles Triebwerk… “
    Minkowski fuhr herum.
    „Sie meinen… ?“
    Ich übernahm es, ihm Auskunft zu geben. Das, was meinem alten Bordgefährten durch den Kopf ging, hatte ich selbst schon mit Bedauern festgestellt.
    „Er meint, Jan, dann hätten Sie für Ihr ikarisches Triebwerk von uns so viel Treibstoff gehabt, wie Sie brauchten. Piet Gumboldt ist seiner Maxime untreu geworden: In diesem Fall hat er die Flinte zu früh ins Korn geworfen.“
    Im Anschluß an diese Unterredung suchte ich Dr. Hamilton auf. Was ich ihm zu sagen hatte, war von schonungsloser Offenheit. Es war das Eingeständnis unserer Niederlage, die Kapitulation vor dem Unvermeidlichen.
    „Sorgen Sie dafür, daß sich die Leute zurückziehen auf die unterste Sohle. Lassen Sie Verpflegung nach unten schaffen und sanitäre Einrichtungen installieren.“
    Hatte er wirklich, als ich eintrat, gehofft, ich käme, ihm zu melden, das Unheil ließe sich abwenden? Er starrte mich an und schwieg.
    „Und geben Sie Befehl, daß man sämtliche Pressluftvorräte unten zusammenzieht, Doktor! Pressluft und Notaggregate! Wir werden beides bald nötig haben.“
    In der Gefangenschaft war es nicht leicht gewesen, mit ihm auszukommen. Diesmal machte er keine Schwierigkeiten. Er gewann seine Fassung zurück, straffte sich und zeigte Haltung.
    „Und wie lange, Commander, können wir auf diese Weise einer solaren Belagerung standhalten?“
    Ich machte ihm nichts vor.
    „Nicht lange, Doktor. Nicht lange.“
    Als ich am Schaltraum vorübergehen wollte, um den Zustand der Schleuse zu überprüfen, vernahm ich Stimmen und trat ein. Lieutenant Stroganow und Minkowski hatte die Übersichtskarte Nord des Planetoiden aufgelegt und erörterten ein Problem.
    „Dann bliebe im Prinzip nur die Frage: wie koppeln?“
    „Die müßte zu lösen sein.“
    „Unser Dilemma ist, daß uns für langwierige Lösungen keine Zeit bleibt.“
    Ich trat heran. Lieutenant Stroganow wandte sich nach mir um.
    „Gut, daß Sie kommen, Sir“, sagte er. „Wir sind gerade damit beschäftigt, unsern Kahn zu verplanen.“
    Meine Aufmerksamkeit war geteilt. Auf der Monitorenwand waren die ersten Ausfälle zu verzeichnen: erloschene Bildschirme, blind und kalt. Der, auf dem die Sonnenkollektoren zu sehen waren, flackerte. Die Kollektoren bildeten glühende Inseln im Rauch. Wie lange noch bis zur Stunde X?… Ich zwang mich in den Augenblick zurück.
    „Ich höre, Lieutenant.“
    „Es ist Minkowskis Vorschlag, Sir.“ Mein Blick richtete sich auf das zerschundene Gesicht des Mannes, der einmal mein Bordingenieur gewesen war, dann mein Freund. Und zuletzt Gumboldts Handlanger.
    „Die Sache ist die, Mark“, sagte Minkowski, „vorerst nur eine Überlegung: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muß der Prophet zum Berg gehen. Anders gesagt: Die SM 1 vermag uns keinen Treibstoff abzugeben. Nun, dann spannen wir sie samt ihrem Schweren Brüter doch so, wie sie ist, für unsere Zwecke ein… gewissermaßen in Form eines Außenborders… “
    Wieso war ich nicht von selbst darauf gekommen? Lag es an der Übermüdung? Wurde ich alt? Was Minkowski andeutete, war so unkonventionell, daß man es fast schon als genial bezeichnen mußte.
    Ich war ganz einfach nicht darauf gekommen, weiß Gott. Dabei lag es auf der Hand.
    Lieutenant Stroganow kam Minkowski zur Hilfe.
    „Wir unterhielten uns gerade über das Problem der Kraftübertragung. Es wäre sinnlos, den Schweren Brüter aufzudrehen, wenn wir das Schiff nicht irgendwie mit dem Ikarus zu koppeln vermöchten…“
    Sollte eine geniale Idee an einer lächerlichen Geringfügigkeit scheitern? Plötzlich war ich hellwach. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren, und
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