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Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon

Titel: Weltraumpartisanen 22: Raumposition Oberon
Autoren: Mark Brandis
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Spur.
    Lieutenant O'Brien schwang sich auf das Hindernis.
    „Sie werden versucht haben, so schnell wie möglich aus der Schlucht herauszukommen, Sir", mutmaßte er.
    Wir halfen einander über die Geröllberge hinweg. Als wir das Hindernis endlich bezwungen hatten, fühlte ich mich am Ende meiner Kraft. Lieutenant O'Brien, auch wenn er nicht klagte, konnte es kaum besser gehen. Im Helmlautsprecher hörte ich seinen keuchenden Atem und das Hämmern seiner Pulse.
    „Ich versuche immer, mich in ihre Lage zu versetzen, Sir. Im Funkschatten konnten sie nicht bleiben. Vielleicht versuchen sie gerade, einen Berg zu erklimmen. Ihr Mayday wäre immerhin etliche Meilen weit zu hören, Sie könnten auch ein Signallicht setzen."
    Seine Hand umschloß immer noch die gefundene Schnalle. Er hielt sie wie einen wundertätigen Talisman. Der Himmel wußte, wie sehr ich ihn verstand. Seine Hoffnung hatte etwas Rührendes. Ihm war entgangen. was ich auf Anhieb bemerkt hatte. Am Fuße der Geröllhalde erstreckten sich staubgefüllte Mulden. Ich hatte keinerlei Fußabdrücke entdecken können.
    Etwa einen Kilometer noch arbeiteten wir uns bergan, dann teilte sich die Schlucht, und ich blieb stehen. Die Erschöpfung des Marsches steckte tief in meinen Knochen. Der heimtückische Zwerg Oberon war mir verhaßter als je zuvor. Sein verdichtetes Gestein verlieh den Beinen das Gewicht von Blei. Der bestirnte Himmel wirkte fremd und feindselig.
    „Sie gehen links, Lieutenant, ich gehe rechts!" sagte ich. „Spätestens in einer Stunde treffen wir uns an dieser Stelle wieder."
    „Aye, aye, Sir." Lieutenant O'Brien setzte sich wieder in Bewegung.
    Ich bezwang meine Müdigkeit und folgte dem in Richtung auf den Lagunennebel verlaufenden Strang der Schlucht. Ich kam nicht weit. Die Schlucht endete blind. Ich stand vor einer glatten, griff- und trittlosen Wand.
    „O'Brien - Brandis!"
    Ich hatte nicht damit gerechnet, Antwort zu bekommen. Umgeben von oberonischem Schweigen machte ich mich auf den Rückweg. Am vereinbarten Ort setzte ich mich auf einen abgebrochenen Felsen und machte mich ans Warten.
    Lieutenant O'Brien kam mit über einer halben Stunde Verspätung. Auch er war in eine Sackgasse geraten.
    Niedergeschlagen blieb er vor mir stehen.
    „Ich würde vorschlagen, Sir, wir kehren zum Schiff zurück."
    Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    „Irgendwohin müssen sie sich ja gewendet haben: wenn nicht bergauf, dann bergab. Vielleicht sitzen sie längst mit Lieutenant Stroganow und unserem Chief in der Messe der Henri Dunant ."
    Lieutenant O'Brien schüttelte den Kopf.
    „Wir wollen uns nichts vormachen, Sir. Wie lange hätten sie in dieser Umgebung überleben können? Ein Tag vielleicht. Ich will ja auch nur... "
    Er brach ab und ging los. Ich holte ihn ein, und eine Weile lang gingen wir mit bleischweren Beinen und Gliedern stumm nebeneinander her.
    Wie lange hätten sie überleben können? Im Grunde war die Frage bereits beantwortet. An Bord eines noch halbwegs intakten Schiffes wäre ihre Chance nicht die schlechteste gewesen: ein paar Wochen vielleicht, drei oder vier Tage gewiß. Zu Fuß unterwegs auf diesem lebensfeindlichsten aller Himmelskörper, waren sie vom ersten Schritt an dem sicheren Tod ausgeliefert gewesen. Irgendwann - fast ließ es sich auf die Minute genau ausrechnen: wann - versiegte die Atemluft, erkalteten die Batterien.
    Wir hatten das Wrack der Halleluja gefunden - aber wir waren zu spät gekommen. Lieutenant O'Brien hatte es endlich begriffen. Er hatte die glücklose Schnalle weggeworfen und sich damit abgefunden, daß er der Frau, die er liebte, falls er sie fand, nur noch die Augen zudrücken konnte. Ich wußte keinen Trost für ihn.
    Wir überquerten die Geröllhalde, und das Licht meiner Handlampe wanderte über die Abdrücke, die wir auf dem Hinweg in den staubgefüllten Mulden hinterlassen hatten. Ich bückte mich. Eine Handvoll Staub hatte das Gewicht von fast einem Kilo: schwere, kompakte Materie. Der Zwerg war ein getarnter Goliath.
    Wir schleppten uns weiter, bis wir wieder beim Wrack der Halleluja angelangt waren. Der Platz war leer. Ich versuchte, eine Verbindung zur Henri Dunant herzustellen, von der ich über den Felsen das Toplicht glimmen sah, aber Lieutenant Levy hörte mich auch diesmal nicht.
    Lieutenant O'Brien stieß mich an - zum Zeichen, daß er mit mir sprach, und ich schaltete zurück auf die Mann-Mann-Frequenz. Er würde, sagte er, sich noch einmal im Wrack umsehen. Nachdem er mich
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