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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Autoren: Mark Brandis
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fünfhundert Metern überflog ich den See; dann nahm ich die Fahrt aus dem Dingi und wendete.
    Der Staudamm stand vor mir wie ein schwarzer, massiger Stier. Durch die Scheibe des Cockpits hindurch visierte ich ihn an - mit kalter Ruhe.
    Der verwundbare Punkt befand sich unmittelbar im Zentrum, etliche Meter unter der Oberfläche des Sees. Für diesen Augenblick war Oliva gestorben.
    Nieder mit BIG MOTHER!
    Der Segen der Arbeit würde auf den Planeten Mir zurückkehren -und mit ihm die Erholung in lauschigen Wäldern.
    Ich stieß den Triebwerksregler auf volle Leistung, und das Dingi verwandelte sich in ein Geschoß auf leicht abwärts geneigter Bahn.
    Die Bilder wurden chaotisch.
    Ich sah das vorn Wind gekräuselte Wasser. Ich sah die Mauer.
    Ich sah - auf seltsame Weise aus der Nacht herausgelöst und gleichsam vergrößert - das Gesicht des Ingenieurs über dem weißen, flatternden Kittel: mit weit aufgerissenen, entsetzten Augen.
    Dann katapultierte ich mich hinaus ins Freie.
    Ich stürzte dem See entgegen; irgendwann öffnete sich der Schirm; ich schlug auf.
    Die Nacht wurde auf einmal zu einer feurigen Lohe, und die Lohe schlug um und wurde zu einem wirbelnden, strudelnden, kochenden Katarakt.
    Ich sah nichts mehr; ich hörte nichts mehr; ich fühlte nichts mehr.
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    17.
    Das erste, was ich mit halbem Bewußtsein wahrnahm, war ein gleichmäßiges Dröhnen und Vibrieren: ein Geräusch, das mich sofort wieder einlullte. Aber der Traum, in den ich fiel, war voller erschreckender Bilder: Eine feurige Lohe bewegte sich im Zeitlupentempo unaufhaltsam auf mich zu, doch als ich mich umwenden wollte, um zu fliehen, waren meine Beine wie festgewachsen. In letzter Verzweiflung bäumte ich mich auf - und wurde wach.
    Ich sah die gleißende Helligkeit eines Sommermorgens, und die Kronos fiel mir ein, die auf der Hochebene niedergehen sollte.
    Ich befand mich in einem Hubschrauber. Meine Arme und meine Beine waren gefesselt. Trotzdem war es mir irgendwie gelungen, mich in eine sitzende Position zu bringen.
    Die Landschaft, über die hinweg der Hubschrauber flog, war mir zugleich vertraut als auch fremd. Es war das gleiche Tal, in dem BIG MOTHER gestanden hatte, und doch war es ein anderes. Die Türme, Schlote, Hallen und blinkenden Geleise waren verschwunden, hinweggespült von einer verheerenden Sintflut; und dort, wo sie sich ursprünglich erhoben hatten, spiegelte sich der Himmel in aquamarinblauen Seen und kristallklaren Strömen.
    Ich rührte mich nicht. Ich dachte an Oliva und sah mich für sie stellvertretend satt an dieser jungfräulichen Welt, an diesem ersten Tag einer zweiten Schöpfung.
    Erst als ich Stimmen vernahm, riß ich mich von diesem erhebenden Anblick los.
    Am Steuer des Hubschraubers saß ein Polizist - doch nicht ihm galt meine Aufmerksamkeit, sondern dem Mann im weißen Kittel, der auf dem rechten Pilotensitz Platz genommen hatte. Ich erkannte ihn auf Anhieb. Während des Prozesses hatte er sich ebenfalls rechts von mir befunden: als Schattenbild auf einem Fernsehmonitor.
    Er mußte , was ich dachte und empfand, erraten haben, denn er bemerkte - mit einer Stimme, die hoch und schrill klang wie die einer keifenden Frau:
    „Das Lachen wird dir noch vergehen, Baraträer ! Wir bauen alles wieder auf - größer und mächtiger als je zuvor. BIG MOTHER war ohnehin schon eine veraltete Anlage."
    Der Ingenieur war ein dicker Mann in mittleren Jahren, mit einem runden, glatten Gesicht, in dem ein Paar wäßriger Augen stand. Nichts Übermenschliches haftete ihm an; er schwitzte wie ein gewöhnlicher Sterblicher. Ab und zu fuhr er sich mit einem Zipfel des weißen Kittels über die perlende Stirn.
    Der linke Fernsehmonitor saß neben mir: mit dem hageren, griesgrämigen Gesicht eines leberkranken Habichts. Über seine mir zugewandte Wange lief gelegentlich ein nervöses Zucken. Sein weißer Kittel bedurfte dringend der Reinigung. Es sah aus, als sei sein Träger in eine Schlammlawine geraten.
    Der leberkranke Habicht musterte mich mit feindseligem Blick.
    „Ich nehme an, Baraträer ", bemerkte er mit schleppender Stimme, „du fragst dich, weshalb wir dich nicht einfach ersaufen ließen. Du fragst dich, was wir mit dir vorhaben. Ist es so?"
    Ich schwieg.
    Es gab nichts zu erwidern, nichts zu diskutieren. Die Arbeit war getan. Nun galt es nur noch, Haltung und Würde zu bewahren.
    Der leberkranke Habicht lachte.
    „Du bist am Leben, Baraträer , weil wir dich brauchen. Du bist der Rädelsführer der
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