Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000

Titel: Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
Nur gelegentlich war ein leises Räuspern zu hören: die Wachen kämpften gegen den Schlaf an, der sie zu überwältigen drohte.
    »Wenn ich meinen Entschluß je bereut haben sollte«, gab ich nach einer Weile zurück, »dann nicht länger als bis zu dieser Stunde .«
    Jeremias drückte mir die Hand.
    »Sie sind ein guter Mensch, Commander .« Ich spürte seine Rührung und widersprach: »Da sind viele Leute anderer Meinung .«
    Jeremias legte mir seine schweren Hände auf die Schulter.
    »Ich weiß nicht, wie Sie das meinen, Commander... Aber etwas zwingt mich, Vertrauen zu Ihnen zu haben. Ich spüre, Sie werden Judith und meine Leute heimführen. Das ist alles, was ich, nach diesem Tag, vom Leben noch erwarte .«
    Ich fragte mich, ob Jeremias am Abend des Tages, der uns noch bevorstand, noch immer Vertrauen zu mir haben würde, doch ich sprach meine Befürchtung nicht aus.
    Ich erwachte davon, daß mir die Sonne ins Gesicht stach, öffnete die Augen und setzte mich auf.
    Die Anstrengungen der letzten Tage machten sich bemerkbar. Ich war von erschöpften Schläfern umgeben. Sogar die beiden Pilger, die kurz vor Tagesanbruch die Wache übernommen hatten, waren vom Schlaf überwältigt worden. Mit gesenkten Häuptern lehnten sie schnarchend an der Barrikade. Einen Herzschlag lang war ich versucht, sie zornig zurechtzuweisen, denn ihr Vergehen hätte üble Folgen haben können, doch diese Regung wurde abgelöst von Verständnis. Die Nacht war ruhig verlaufen.
    Erst als ich aufstand, um einen Blick über die Barrikade zu werfen, gewahrte ich die Veränderung, die inzwischen mit dem Stadion vor sich gegangen war.
    Wie immer auf der PILGRIM 2000 war auch dieser Tagesanbruch von keiner Dämmerung eingeleitet. Die Sonne ging auf, als würde ein Scheinwerfer eingeschaltet - und nun wanderte ihr Licht unaufhaltsam weiter und rollte den schwarzen Teppich der Dunkelheit auf.
    Meine erste bewußte Wahrnehmung richtete sich auf die Ränge.
    Die Wahrnehmung war verschwommen und unscharf, und schon wollte ich den Blick weiterschweifen lassen, als ein plötzliches Erschrecken mich dazu veranlaßte , noch einmal und diesmal genau hinzusehen.
    Ich erstarrte.
    Zwischen der Zeit und uns gab es kein Bündnis mehr. Ein Alptraum hatte Gestalt angenommen.
    Der schwarze Teppich des Nachtdunkels rollte sich weiter auf, und die Ränge tauchten ein in das gleißende Licht einer viel zu nahen und viel zu gewalttätigen Sonne.
    Am Abend zuvor waren die Ränge leer gewesen.
    Ich fühlte mich zurückgeworfen in das Zeitalter der Gladiorenkämpfe . Was ich sah, konnte nach aller Erfahrung nichts anderes sein als ein böser Traum, doch mein Verstand machte mir klar, daß ich wach war und daß folglich auch meine Wahrnehmung alles andere darstellte als einen Traum. Auf den Rängen saßen die Ratten, ihre Zahl ließ sich nicht einmal schätzen. Sämtliche Ratten der PILGRIM 2000 mußten zusammengeströmt sein, Armeen und Armeen, und nun saßen sie auf den Rängen, stumm und erwartungsvoll, in Reih und Glied, in säuberlich voneinander geschiedenen Formationen, wie altrömische Bürger und Senatoren, die der Eröffnung des blutigen Schauspiels harren.
    Und dies, von den beiden schlafenden Wachen unbemerkt, bereitete sich im Zentrum der Arena vor.
    Meine zweite bewußte Wahrnehmung war kaum weniger erschreckend als die erste - ja, vielleicht übertraf sie die erste sogar: weil sie schlagartig verständlich machte, weshalb die Ratten als erwartungsvolle Zuschauer die Ränge bezogen hatten und sich im übrigen ruhig verhielten.
    Ein gutes Hundert Ratmen hatte sich halbkreisförmig in der Arena aufgebaut. Vor ihnen kniete mit demütigem, verzücktem Gesicht, zottig und nur mit einem Lendenschurz bekleidet, unser ungetreuer Führer Melchior, die zur Anbetung erstarrte Gestalt einer besonders großen, besonders fetten, besonders widerwärtigen Ratte zugewandt, die auf dem unteren Rang so etwas wie einen Ehrenplatz eingenommen hatte.
    Welche Stellung die Fettratte auch immer bekleiden mochte -die eines Königs, die eines Generals, die eines gewählten Präsidenten: die Art und Weise, wie sie sich von den übrigen Ratten abhob und unterschied, verriet Selbstbewußtsein und ein hohes Maß an Autorität.
    Melchior wartete darauf, daß ihm die Fettratte das Zeichen gab, den Kampf zu eröffnen.
    Die Fettratte ließ sich Zeit. Aufgerichtet auf ihren speckigen Hinterbeinen, betrachtete sie mit allen Anzeichen der Zufriedenheit und der Genugtuung die Vorbereitungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher