Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000

Titel: Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
Werkzeugkasten. Ich entnahm ihm den Schraubenzieher, den ich benötigte, und eilte zum Helm zurück.
    Nie hatte ich hastiger gearbeitet - und niemals gründlicher. Ich zog den Recorder aus dem Helm, entnahm ihm die Kassette, öffnete diese, machte aus dem Band eine endlose Schleife, steckte die Kassette zurück in das Gerät, plazierte dies auf einem Trittbrett und ließ es anlaufen.
    Die Aufnahme war technisch perfekt; selbst das geschulte Ohr eines Toningenieurs wäre - auf einige Schritte Distanz hin - auf sie hereingefallen.
    Das Band lief.
    Ich nahm den Helm auf, hängte ihn mir wieder über die Schulter und rannte los.
    Das schrille, mißtönende Pfeifen folgte mir. Ich hörte es, als ich die Brandwache verließ, und ich hörte es noch immer, als ich mich längst dem Stadion näherte.
    Zugleich aber hörte ich auch noch etwas anderes - etwas, was eine gewisse Ähnlichkeit hatte mit dem Geräusch einer ferner Brandung - nur daß es nicht fern war, sondern bereits ganz in meiner Nähe. Es rührte auch von keinem Wellenschlag her, sondern vom Getrappel unzähliger Pfoten.
    Ich wartete nicht ab, bis es heran war. Ich griff nach dem nächstbesten Ast, zog mich hoch auf einen Baum und schwang mich von dort hinüber auf die Mauer. Die Anstrengung trieb mir rote Schleier vor die Augen. Ich rang nach Luft und wurde mir der Tatsache bewußt , daß ich in die Jahre kam. Allmählich sah ich klarer.
    Wieder einmal schnürte mir der Ekel die Kehle zu. Der Gestank, der aus der Tiefe zu mir emporstieg, war schlimmer als jede Pest.
    Den Dschungelpfad entlang wälzte sich der graue Heerzug -ein Rattenbataillon nach dem anderen, die ganze Armee -, wie magisch angezogen von den schrillen, mißtönenden Pfiffen eines fündig gewordenen Kundschafters, der zum Sammeln rief. Die Armee der Ratten befand sich auf dem Marsch zur Brandwache II.
    15.
    Der Strohhalm, nach dem ich griff, hatte sich als Balken erwiesen. Für die Dauer von ein paar Stunden war die Zeit zu unserem Verbündeten geworden. Die Ewigkeit, die uns vom Eintreffen der Kronos trennte, war um einiges verkürzt.
    Bevor die Sonne unterging, schritt ich den Halbkreis der Barrikaden ab. Sie waren übermannshoch und stemmten der Arena ihre glatte, abweisende Fläche entgegen. Lieutenant Torrente und die Pilger hatten hervorragende Arbeit geleistet -Wunder durfte man von ihnen schließlich nicht erwarten, so sehr wir eines solchen auch bedurften. Auf jeden Fall würden uns die Barrikaden helfen, weitere Zeit zu unserem Verbündeten zu machen - wiederum ein paar Stunden, gewiß aber nicht genug. Ich machte mir nichts vor. Die Kronos konnte nicht früh genug eintreffen. Man konnte es auch anders formulieren: je länger die Kronos auf sich warten ließ, desto hoffnungsloser wurde die Lage.
    Lieutenant Levy und Judith, Hand in Hand, traten an mich heran.
    »Sir, hätten Sie eine Minute Zeit ?« Ich blickte in zwei ernste, feierliche Gesichter.
    »Die Arbeit ist getan«, erwiderte ich. »Jetzt ist Zeit so ziemlich das einzige, worüber ich verfüge. Wo drückt der Schuh ?«
    Lieutenant Levy druckste verlegen, dann sagte er:
    »Sir, Judith und ich... also, ich denke, Sie verstehen schon... um es kurz zu machen... wir haben beschlossen zu heiraten .«
    Ich sah die beiden an. Mein Funkoffizier und Jeremias' Tochter gaben ein stattliches Paar ab. Aber statt mich an ihrem Anblick zu erfreuen, spürte ich, wie mich Trauer und Wehmut befielen. Wir lebten von einem Aufschub zum anderen, und jeder konnte der letzte sein.
    »Schön«, knurrte ich, »Und wann und wo soll die Hochzeit sein ?«
    Lieutenant Levy und Jeremias' Tochter tauschten einen raschen Blick, und diesmal war es Judith, die sprach:
    »Wir möchten, daß Sie uns trauen, Commander - jetzt gleich .«
    Die Trauung fand statt beim Schein einer abgeblendeten Öllampe: eine kurze, zwanglose Angelegenheit. Unter Berufung auf den entsprechenden Bordartikel, der mir dazu die Vollmacht gab, fragte ich Lieutenant Levy, ob er bereit und entschlossen sei, Judith zur Frau zu nehmen, danach stellte ich die umgekehrte Frage an Judith, und nachdem sie mir beide mit einem festen und unerschütterlichen Ja geantwortet hatten, erklärte ich sie für Mann und Frau.
    Eine Weile später gesellte sich Jeremias zu mir.
    »Glauben Sie noch immer, Commander«, fragte er leise, » daß Sie recht getan haben, als Sie uns mitnahmen auf Ihren Weg ?«
    Ich löschte das Licht.
    Die Nacht war still. Über der Arena lag das strenge, kalte Licht fremder Sterne.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher