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Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII

Titel: Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
Autoren: Mark Brandis
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die Frage nach der Flugorder im Zuge interglobaler Vereinbarungen vor über fünf Jahren aus dem Anflugreglement gestrichen wurde. Ich habe um Freigabe der Landung nachgesucht."
    Der Commander hatte recht. Die Frage nach der Flugorder war unzulässig. Ich merkte, daß Stroganow mich fragend ansah, aber weil ich selbst nicht wußte, was diese Neuerung bezweckte, zuckte ich nur mit den Schultern. Der Lautsprecher sagte unnachgiebig: „Bedaure, Delta VII, aber ich muß darauf bestehen." Ibaka setzte an, etwas zu sagen, aber Stroganow schüttelte fast unmerklich den Kopf, und Ibaka blieb stumm. Es war ein Augenblick gespannter Erwartung. Das Gesicht des Commanders war rot angelaufen, doch seine Stimme klang auch weiterhin kühl und beherrscht. Das war eine seiner Stärken: Er verlor nie die Kontrolle über sich.
    „Delta VII an Venus. Ich gebe unter Protest unsere Flugorder bekannt: VEGA-Testflug ohne Destination. Commander - Doppelpunkt - John Harris. Zur Zeit befinden wir uns auf Heimatkurs."
    Die blecherne Lautsprecherstimme antwortete: „Verstanden, Delta VII. Setzen Sie den Anflug vollautomatisch fort. Ihre Landung ist freigegeben. Ende."
    Commander Harris lehnte sich zurück und machte ein steinernes Gesicht, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, daß es unter dieser scheinbar ruhigen Oberfläche gefährlich brodelte. Nach einigen Sekunden des Überlegens warf er einen Blick auf die Uhr und griff zum Bordbuch.
    2.
    Wir landeten ohne jeden weiteren Zwischenfall - das heißt, wenn sich die geringfügige Abweichung vom üblichen Reglement überhaupt als Zwischenfall bezeichnen ließ. Eigentlich hatte nur der Commander die Sache hochgespielt - mit seiner pedantischen Art, die keine Unkorrektheiten duldete.
    Im gleichen Augenblick, als Delta VII mit kaum spürbarer Erschütterung aufsetzte, schaltete ich das nur noch sanft zischende Triebwerk ab. Dann unterbrach ich die Stromzufuhr, und die roten und grünen Kontrolleuchten erloschen.
    „Schiff klar zum Vonbordgehen, Sir!" meldete ich. Durch die dickwandigen Scheiben des Cockpits konnte ich bereits den Transporter über die weite, offene Fläche heranfauchen sehen, der uns abholen kam. Seine Düsen wirbelten den Staub auf. Einen Augenblick lang wußte ich kaum, wo ich mich befand.
    Es war ein sonderbares Gefühl, nach zwei Monaten, verbracht in der Unendlichkeit, wieder festen Boden unter sich zu spüren. Nicht ich allein mußte mich erst daran gewöhnen. Es ist nicht nur der Körper, der sich umstellen und neu anpassen muß, wenn man aus dem Grenzenlosen wieder eintaucht in räumliches Maß. Auch der Geist kehrt nur langsam und widerstrebend, Schritt für Schritt, von den Weiten der Sterne zurück in die Enge des alltäglichen Lebens.
    Taucher, die aus großen Tiefen wieder emporsteigen an die Oberfläche des Meeres, berichten von ähnlichen Empfindungen. Auch ihre Blicke bleiben lange Zeit nach innen gekehrt, und auch sie taumeln, sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen haben - wie unter der Nachwirkung eines großen Rausches. Und mit der Freude", wieder einmal heil und gesund zurückgekehrt zu sein, vermischt sich unversehens die Wehmut darüber, daß alles vorbei ist. Selbst Commander Harris mußte sich zusammenreißen, um meine Meldung korrekt zu bestätigen. „Danke, Captain." Er setzte die Mütze auf und griff nach dem Bordbuch. „Schleuse auffahren!" Ibaka legte den Sicherungshebel herum und drückte auf den freiwerdenden Knopf der Schleusenautomatik. Mit leisem Surren fuhren die beiden Luken auf, und wir gingen von Bord.
    Im Transporter zündete ich mir eine Zigarette an und streckte die Beine aus. Das Zischen der Düsen war kaum zu hören. Es war taghell, aber der Himmel war in samtene Schwärze gehüllt, in der die Sterne leuchteten.
    Einmal noch, dachte ich, würden wir gemeinsam starten und landen, um dann auseinanderzugehen - wohin immer VEGA uns schicken mochte. Nur selten ließ man nach einem so langen Flug eine Crew beieinander. Irgendwelche Psychologen hatten herausgefunden, daß zu langes Zusammensein auf engem Raum zu Reibereien und Feindseligkeiten führte, die die Leistung herabsetzen. Auf einmal war ich von einem Gefühl des Bedauerns erfüllt, das sogar den Commander einschloß. Er war ein Ur-Ur-Ur-Enkel jenes Harris, der unter Lord Nelson gedient hatte und in der Schlacht von Traf algar zum Ruhme Englands gefallen war. Auch der Commander war lange Zeit aktiver Offizier gewesen, dann jedoch aus der Armee ausgeschieden, um
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