Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Autoren: Carl Sulz
Vom Netzwerk:
gut...
    Nein! Halt! Nichts war gut! Seine zittrigen Hände hielten verkrampft ein Bündel in den Händen. Wie groß war seine Panik gewesen, als er bemerkt hatte, dass dieses Bündel plötzlich leer gewesen war! Leer! Oder war es etwa all die Jahre leer gewesen? Er biss die Zähne zusammen. Nein, er konnte sich nicht erinnern. Oh, dieses vermaledeite Flüstern! Es ließ ihn nicht nachdenken! Es fraß seine Gedanken!
    Erneut stöhnte er und krümmte sich vor Schmerzen. Das Kind! Wo war sein Kind? Wohin war es verschwunden? Er musste es finden, schnell! In dem Brüllen, das seinen Kopf fast zerschmetterte, war eines ganz deutlich: Das Kind war ganz in der Nähe. Und es würde sterben. Er musste es retten! Schnell!
    Der Irre zischte vor Wut. Es war der ANDERE gewesen, der das Kind fast getötet hatte! Wie schrecklich es anzusehen gewesen war! Der ANDERE... der Irre stockte. Etwas an dem Anderen war ihm so bekannt vorgekommen... Fahle Erinnerungen geronnen kurz am Horizont seines Wahnsinns - doch sie lösten sich auf, bevor er nach ihnen greifen konnte. Dunkle Ahnungen waberten noch kurz in seinem Verstand. Erinnerungen an eine Jagd, die vor undenklich langer Zeit ganz plötzlich begonnen hatte. Und davor – war dort nicht noch ein anderes Leben gewesen? Ein Leben, in dem er sogar noch einen Namen gehabt hatte? Ein ganzer Berg aus Zeit türmte sich in dem Irren auf. Mehr Zeit, als ein menschlicher Verstand ertragen konnte. Und immer dieses Flüstern! Immer hatte er es gehört!
    Der Irre stockte kurz, als flüchtige Erinnerungen seinen Verstand streiften. War es nicht sogar so gewesen, dass er das Flüstern gejagt hatte? Anfangs? Die ersten paar Jahrhunderte vielleicht? Aber er hatte es nicht finden können, nirgends! Um immer nur hatte es geflüstert, geflüstert, geflüstert! Er hatte es nicht mehr ertragen! Hatte sich selbst glühende Eisenstäbe in die Ohren gerammt, damit er es nicht mehr hören müsste! Und wie hatte er geschrien, als das Flüstern danach immer noch dagewesen war, sogar lauter als zuvor! O aber das war lange her.
    Und dann, irgendwann, hatte er das Flüstern nicht mehr gehasst. Irgendwann war es ihm sogar versöhnlich erschienen. Und dann hatte er es schließlich geliebt, nach weiteren Jahrhunderten. Und dann hatte es ihm gesagt, dass er warten müsste. Warten. Auf das Kind, das er so sehr liebte! Und es hatte ihm gesagt, dass er sich nun auch seine Zunge herausschneiden musste. Damit er es nicht versehentlich verraten konnte, denn er sprach oft im Schlaf zu dieser Zeit!
    Der Irre murmelte einige unverständliche Worte und huschte über weitere Körper, in Richtung der Mitte des Plateaus.
    Dort irgendwo spürte er das Kind. So schwach, so klein! Das Brüllen in seinem Kopf schwoll weiter an. Schnell! Er musste sich beeilen! Rote Tränen tropften aus seinen Augen auf das kalte Gesicht eines toten Mannes zu seinen Füßen. Weiter! Keine Zeit mehr!
    Der Irre erinnerte sich plötzlich. Einmal, oh, war das Flüstern schon einmal plötzlich angeschwollen. Als es aus seinem Kerker befreit worden war! Oh, so hungrig war es gewesen! Wie lange mochte das her sein? 100 Jahre? 500? Vielleicht. Er hatte sich solche Hoffnungen gemacht, dass das Warten nun vorüber sei! Doch dann war es plötzlich wieder leise geworden. Leise. Doch immer noch hungrig. Es war immer hungrig!
    Der Irre zuckte zurück, als er plötzlich das Blut der schwarzen Bestie roch. Dieses furchtbare Ungeheuer, das dem ANDEREN gefolgt war! Das ihm die Kehle zerfleischt hatte! Der Irre blickte kichernd und wild um sich, doch das Tier war nirgends zu sehen. So viel Blut! Es musste tot sein. Er brauchte sich keine Sorgen zu machen.
    Der Irre lachte laut, erschrak vor sich selbst und sackte er abermals stöhnend in sich zusammen. Und erneut wurde er von fremden Erinnerungen heimgesucht. Er sah den ANDEREN erneut vor seinem inneren Auge. Etwas in ihm hatte den anderen sofort erkannt, als sie sich im Wald das erste Mal getroffen hatten. Der Irre hatte sofort gespürt, dass er den ANDEREN bereits einmal gesehen hatte. Vor langer, langer Zeit. Und nicht nur gesehen, dort war noch mehr...
    Der Irre schlug sich gegen den Kopf, als seine Gedanken wieder zu toben begonnen. Die kurzen Momente klarer Gedanken waren so flüchtig! Er krächzte Worte, deren Sinn er schon vor langem vergessen hatte und die seine tauben Ohren nicht mehr vernahmen. Der Schmerz! Das Brüllen! Aufhören! Es musste endlich aufhören! Er musste weiter! Benommen stolperte er über das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher