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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition)
Autoren: André Caspari
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bis nach draußen und fiel auf vier leblose Körper, die entstellt, verdreht und von Pfeilen durchlöchert vor dem Eingang lagen. In den Augen waren Schrecken und Angst eingebrannt. Jonas suchte Gutenbergs weißen Haarschopf, aber er war nicht dabei, keiner der Männer aus der Feriensiedlung, die sie beobachtet hatten.
    „Da bist du ja!“ Jonas fuhr herum. Es war Mathilda, die vom Strand herauf kam. Ihr Kleid wehte wild im Wind, obwohl es nass sein musste vom Regen. „Hast du Siegel und Wachs bei dir?“, rief sie.
    Jonas nickte.
    Nicht einmal ihre Haare waren feucht. Sie lief schnell, fast jugendlich beseelt und in ihrer rechten Hand hielt sie ein Messer mit kurzer Klinge. „Hier sind überall Männer der Ombrage“, erklärte sie. „Was beabsichtigst du jetzt zu tun?“
    „Ich werde da runtergehen. Was kann ich sonst tun?“
    „Der nächste Reit er wird jeden Augenblick kommen“, gab Mathilda zu bedenken.
    „Kann ich es noch aufhalten?“, wollte Jonas wissen.
    Mathilda lief an ihm vorbei, postierte sich zwischen Jonas und dem Eingang ohne ihn oder Carl aus den Augen zu lassen. „Ich werde mit dir gehen“, entgegnete sie. Jonas wollte an ihr vorbei, wollte als erster durch die Tür, aber Mathilda trat ihm in den Weg, drehte sich um und ehe Jonas sich versah, stieß sie mit einem Lächeln im Gesicht die Klinge in seinen Leib. Jonas hatte instinktiv reagiert, hatte versucht auszuweichen, aber gelungen war es ihm nicht. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte zwischen die Leichen der Ombrage. „Du darfst nicht gewinnen“, schrie Mathilda. Sie wollte noch mehr sagen, aber genau in diese Moment, brach der dritte Reiter durch die Tür. Pferd und Reiter waren weit größer als die Tür und dennoch gelangten sie mühelos hindurch ins Freie. Das Ross war schwarz wie die dunkelste Nacht. Die Hufen stießen die Erde auf und verdorrten das Gras zu grauen Binsen. Der Reiter, dessen schlanker, kaum vorhandener Körper nur von Kleiderfetzen umspannt wurde, richtete den Finger auf Mathilda. Die alte Frau drehte sich erschrocken um, stürzte in einer Pose der Demut auf die Knie und verging im Bruchteil einer Sekunde zu einem Häufchen Asche, die der Wind mit sich riss.
    Jonas spürte Schmerzen. Irgendwo links brannte ein dumpfer Schmerz. Er presste die Hand darauf, doch im Grunde achtete er nicht darauf, sondern starrte mit weit geöffneten Augen auf den Reiter, sicher jetzt gleich zu sterben wie Mathilda zuvor. Das Pferd machte ein paar Schritte in seine Richtung, nah genug, um den fauligen Geruch des Tieres zu riechen. Und dann war es Carl, auf den der Reiter schaute. Er stand einfach nur da. Der Reiter hob den Arm, richtete seinen Finger auf ihn. Jonas sprang mühevoll auf die Beine, schwenkte die Arme und wollte sich zwischen Carl und das Pferd stellen, aber er war verletzt, war nicht schnell genug. Laut schrie er: „Nein!“ viel zu spät, falls es überhaupt etwas geändert hätte. Carl hatte die Hand gehoben, wie zu einer Geste, dass Jonas zurückbleiben sollte, dann glühte sein Körper auf. Er zuckte, verdrehte sich und er nahm eine Pose ein, als wäre er hinterrücks durch die Brust aufgespießt worden. Sein ganzes Antlitz erstrahlte in blütenreinsten weiß, wurde heller, schwebte in der Luft. Durch die strahlende Haut glaubte Jonas Knochen, Blut und Adern zu sehen. Dann fiel er zu Boden. Das Licht erlosch. Carls Jeans und das vor kurzem noch rote T-Shirt waren reinweiß, wie auch sein Haar. Aber vor allem: Carl lebte. Er räusperte sich. Er konnte nicht verstehen, was gerade passiert war und doch lächelte er. Er wusste, es war in Ordnung. Der Reiter ritt in Richtung Meer, zum Greifen nah an Jonas vorbei, dem er keinen weiteren Blick schenkte.
    „ Alles in Ordnung?“, rief Jonas und hinkte zu seinem Cousin.
    Carl reagierte nicht. Sein Gesichtsausdruck war verklärt nach innen gewandt, als verweile er in einem Traum, fernab dieser Welt. Jonas schlug ihm mit der blutigen Hand ins Gesicht. Carl zuckte und seine Augen wurden klarer. „Alles wird gut“, sagte er leise.
    „Bleib du hier oben! Ich geh runter“, rief Jonas.
    Jonas presste die Hand wieder auf die Wunde und lief auf den Eingang zu. Doch schon vor der Tür lief er gegen den Schutzzauber. Er versuchte es noch einmal, aber er war viel stärker als er. Jonas sah nur eine steile Treppe sonst nichts. „Hilf mir! Ich muss da rein!“, schrie er.
    Carl kam zögerlich herüber, packte Jonas an den Schultern und stieß ihn samt sich selbst durch die
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