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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)
Autoren: Urs Wälterlin
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der Gemeinde gehören soll. Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind soll sich einen Anteil kaufen können, für ein paar Dollar, und so selbst dazu beitragen, die Welt vielleicht etwas besser zu machen für künftige Generationen.
    »Die unmittelbare Zukunft mag zwar etwas schwierig aussehen«, sage ich zu meinen Freunden. »Längerfristig aber bin ich keineswegs pessimistisch.« Nicht nur zeigen Erfahrungen wie unsere, dass das Bewusstsein für das Problem »Klimawandel« in der australischen Bevölkerung wächst – trotz der Manipulation durch die Medien. Allzu lange werden sich die Politiker nicht mehr vor der Verantwortung drücken können. Zudem haben sich in den letzten Jahren viele ähnliche Gruppen wie TGG gebildet und viele sind größer als unsere und einflussreicher. »Ich glaube, wir sind Teil einer schleichenden Reform der australischen Demokratie. Das Bewusstsein des Einzelnen für die Macht, die er in der Hand hält, beginnt zu wachsen.« Mit Flüchtlingen kann man sehr gut auch anständig umgehen und trotzdem die Kontrolle über seine Grenzen haben. Und im Kampf gegen Klimawandel hat das Land besonders viel zu bieten. Einer Studie zufolge könnte Australien bis 2030 seinen gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Energien decken, mit Wind, Solar und anderen Technologien. Die neuen Arbeitsplätze, die mit diesen neuen Industrien verbunden wären, gingen in die Hunderttausende.
    Für mich ist klar: Australien –  mein Australien – ist noch immer ein Land der Pioniere. Und das im guten Sinne. Hier kann man noch etwas ändern, etwas aufbauen. Australien hat eine einzigartige Umwelt, unbegrenzt Rohstoffe, es liegt direkt vor der Wachstumsregion Asien und hat eine der vielleicht erfolgreichsten multikulturellen Gesellschaften mit Verbindungen in die ganze Welt. Richtig genutzt – und geschützt – bietet dieses Kapital ein Potential, wie man es sonst auf der Welt heute kaum noch findet.
    Australien ist aber auch ein junges Land, das noch immer seinen Weg sucht, seinen Platz in der Welt. Es ist wie ein pubertierender Teenager: in einer Minute überschwenglich und selbstbewusst. In der nächsten orientierungslos, ignorant, unsicher und scheinbar getrieben vom Verlangen, die Fehler anderer zu wiederholen, statt von ihnen zu lernen.
    Am Abend nach unserer Versammlung stehe ich auf der Veranda und bereite mein Alphorn zum Spielen vor. Ich genieße die Aussicht. Ich möchte nirgendwo anders sein. Meine Familie denkt genauso. Christine ist zufrieden als Gemeindeschwester in Greentown und hat viele Freunde. David folgt seinem großen Bruder an die Spitze der Schulbesten und spricht wohl bald so gut Chinesisch wie Mao. Samuel wird nächstes Jahr in Canberra eine Schule besuchen, die eine starke globale Ausrichtung hat. Sie dürfte ihm den Weg öffnen, um in Australien oder Europa an den besten Universitäten studieren zu können.
    Trotzdem mache ich mir heute große Sorgen. Obwohl der Sommer noch nicht einmal begonnen hat, brennt es schon wieder in unserer Umgebung. »Noch nie zuvor hat die Feuergefahr so früh begonnen«, meldet das Fernsehen. David meint, wir müssten in diesem Jahr unsere Wertsachen und Bilder früher in den Bunker tragen. Ich hoffe, dass wir auch in diesem Jahr verschont bleiben vom Feuer, so wie damals im Januar, als ich alleine hier war und um mein Leben fürchtete.
    Als ich zu spielen beginne, muss ich an Max denken. Vor einer Woche ist er gestorben. Er lag einfach da, als würde er schlafen. Vielleicht hat ihn doch noch eine Braunschlange erwischt. Wir werden es nie wissen. »Er war mein bester Freund«, schluchzte Samuel. Wenn man so abgeschieden auf dem Land lebt wie wir und fernab von der Familie, am anderen Ende der Welt, ist jeder Freund doppelt wertvoll. Auch wenn er ein Fell hat. Seit heute aber hat Samuel einen neuen Kumpel. Ich habe den kleinen Welpen im Tierheim gefunden. Ein lustiger »Kelpie«, eine typisch australische Rasse. Wir nennen ihn Moritz.
    Im Licht der untergehenden Sonne blase ich das Horn. Auf der anderen Seite des Tals sehe ich, wie auf der Wiese die grasenden Kängurus kurz hochschauen und dann davonspringen. Das ist jedes Mal so, wenn ich spiele. Ich zweifle daran, dass sich die Tiere je an diese Töne gewöhnen werden. Wahrscheinlich ist es einfach so: Kängurus mögen kein Alphorn.

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