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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)
Autoren: Urs Wälterlin
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Universität hat unsere Einladung angenommen, um über Klimawandel zu sprechen, über die Erhöhung der globalen Temperaturen. Eine der Wissenschaftlerinnen gehört zu den bekanntesten Klimaexpertinnen Australiens. Während sie spricht, schaue ich in die Runde. Der Raum ist voll mit Bauern, Arbeitern, Handwerkern, Hausfrauen, Geschäftsleuten. Menschen, von denen ich viele kenne. Noch am Tag zuvor hätte ich gesagt, sie seien Klimaskeptiker. Oder zumindest Zweifler. Mitglieder von TGG sind auch hier. Wir sind außer uns vor Freude. »Ich kann es kaum glauben«, flüstert mir Trish zu. »Vielleicht hat unsere Arbeit doch etwas bewirkt.« Ich hoffe es. Das Gefühl, durch unsere jahrelange freiwillige Arbeit etwas zum Umdenken im Dorf beigetragen zu haben, tut gut.
    Die Professorin hat wenig Gutes zu berichten. Es deckt sich mit dem, was wir schon von den Wissenschaftlern der ANU gehört hatten. Die Redner zeigen die Möglichkeiten auf, die Australien hat: anpassen oder untergehen. »Eines ist sicher: Das Australien von morgen wird mit dem Australien von heute nicht mehr vergleichbar sein«, sagt die Professorin.
    Noch nie in seiner Geschichte stand das Land an so vielen Fronten vor so komplexen Herausforderungen wie heute. Kann es diese meistern, ist es überhaupt bereit, sie zu meistern, ist es willig? Hat das Land die Politiker, die bereit sind, die Führung zu übernehmen – für das Wohl der Nation, nicht der eigenen Partei, der eigenen Karriere?
    Nach 20 Jahren als Beobachter dieses Landes und als Bürger, habe ich größte Zweifel.
    Die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgen des Klimawandels sind ein enormes Problem für Australien. Doch es ist nicht nur diese heranrollende Katastrophe, die mich pessimistisch macht. Es ist die Tatsache, dass in diesem Land der Raubbau an der Natur, an den natürlichen Ressourcen ungehindert weitergeht, ja eskaliert. So, dass er die Existenz ganzer Regionen bedroht.
    Der Kontinent ist zwar über sieben Millionen Quadratkilometer groß. Der weitaus größte Teil des Bodens ist für die Landwirtschaft aber nicht oder kaum brauchbar. Die Fläche, auf der Agrarprodukte auf konventionelle Art und Weise produziert werden können – Getreide, Gemüse, Früchte, Fleisch –, ist klein. Sie konzentriert sich auf den Südosten des Kontinents, in das Einzugsbecken der Flüsse Murray und Darling. Dieser »Fruchtkorb der Nation« ist nicht nur durch die Folgen der höheren Durchschnittstemperaturen gefährdet: Hitzewellen, Dürreperioden, Wirbelstürme, neue Arten von Schädlingen, Feuer. Die Abholzung von Millionen Bäumen nach der Besiedelung führte schon vor Jahren zu einer Erosion der qualitativ guten und produktiven oberen Humusschicht, die bis heute anhält. Doch statt alles zu tun, um diese Futterkrippe der Nation zu schützen, scheint Australien die weitere Zerstörung zu erlauben, ja sogar zu fördern. Der Grund ist, in fast jedem Fall, die Sucht nach dem Rohstoffdollar.
    Alleine aus der Ausbeutung der gigantischen Kohle- und Erdgaslager entlang der ostaustralischen Küste kann die Industrie in den kommenden Jahren Dutzende von Milliarden Dollar Gewinne erwarten und die Regierung Hunderte von Millionen an Steuern und Lizenzgebühren. Dabei wird bewusst in Kauf genommen, dass einige der allerbesten Landwirtschaftsgebiete Australiens unbrauchbar gemacht werden – nicht einfach nur für ein paar Jahrzehnte, bis die Rohstoffe abgebaut sind, sondern für immer.
    Kohleminen entstehen heute in den produktivsten Agrarregionen des Landes. Tagebauminen von bis zu 30 Kilometern Länge fressen sich durch eine Landschaft, in der bis vor kurzem Wein produziert wurde, Weizen angebaut, Kopfsalat. Heute legt sich der Staub, den die Bagger aufwerfen, und der von den Kohlegüterzügen weht, auf die noch verbleibenden Getreidefelder, auf die Gemüseplantagen, die Weinreben.
    Vielleicht die noch größere Bedrohung aber ist Gas. Australien hat scheinbar mehr von diesem Rohstoff als jedes andere Land der Welt. Entlang der Ostküste herrscht ein »Gasrausch« – die moderne Form eines Goldrausches. Und wie bei jedem Goldrausch werden auch bei diesem nur eine Handvoll Schürfer reich. Es sind nicht in erster Linie die Australier. Über 80 Prozent der Rohstoffindustrie sind in ausländischer Hand. Firmen oder substantielle Anteile gehören britischen, amerikanischen, vor allem aber chinesischen Eignern.
    Tausende von Kilometern neuer Straßen verbinden auf Farmland Tausende von
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