Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
hast du sie dann hergekriegt?«
    »Ich habe an ihren Familiensinn und ihren Anstand appelliert.«
    Chris schnaubte abfällig.
    »Hatte sie schon immer eine so spitze Zunge?«, fragte Beck.
    Chris bestätigte das genau in dem Moment, als Huff sagte: »Sie war schon immer leicht reizbar.«
    »Eine höfliche Umschreibung für ›Nervensäge‹.« Chris’ Blick ging über die Auffahrt. »Ich glaube, inzwischen sind alle eingetrudelt. Gehen wir rein und erweisen Danny die letzte Ehre.«
     
    Das Haus war rappelvoll mit Gästen, was Beck nicht weiter überraschte. Wer auch nur entfernt mit den Hoyles bekannt oder verbunden war, ließ sich hier blicken, um des Toten zu gedenken.
    Die leitenden und mittleren Angestellten aus der Fabrik waren mit ihren Frauen gekommen. Und nur ein paar Arbeiter, von denen Beck wusste, dass sie seit frühester Jugend in der Fabrik angestellt waren. Sie standen abseits der anderen Gäste, trugen Krawatten mit Gummiband zu ihren kurzärmligen Hemden, schienen sich in Huffs Haus fehl am Platz zu fühlen, balancierten verlegen ihre vollgeladenen Teller und gaben sich ansonsten Mühe, nirgendwo einen Fleck zu hinterlassen.
    Dann waren da noch die Arschkriecher, die immer darauf bedacht waren, sich gut mit den Hoyles zu stellen, weil ihr Auskommen davon abhing. All die Politiker, Banker, Lehrer, Händler und Ärzte am Ort, die großzügig von Huff bedacht wurden. Falls jemand mit ihm über Kreuz geriet, konnte er sein Geschäft schließen. Das war kein geschriebenes Gesetz, trotzdem war diese Wahrheit tief in das Bewusstsein der Allgemeinheit gedrungen. Alle achteten darauf, sich ins Gästebuch einzutragen, damit Huff in dem unwahrscheinlichen Fall, dass sie nicht persönlich mit ihm sprechen sollten, nachsehen konnte, ob sie da gewesen waren.
    Nur ganz wenige unter den Anwesenden waren wirklich wegen Danny gekommen, und sie hoben sich durch ihre aufrichtigen Trauermienen von den übrigen Gästen ab. Größtenteils standen sie in engen Gruppen zusammen und unterhielten sich traurig-gedämpft miteinander, hatten ihm, Chris oder Huff aber wenig zu sagen, sei es aus Angst oder Desinteresse. Nach der gebotenen höflichen Zeit der Anwesenheit verschwanden sie wieder.
    Beck mischte sich unter die Gäste und nahm als Quasimitglied der Familie Beileidsbekundungen entgegen.
    Sayre mischte sich ebenfalls unter die Gäste, ging ihm, Chris und Huff aber geschickt aus dem Weg und ignorierte sie, als wären sie Luft. Die Gäste mieden Sayre, solange diese nicht auf sie zuging, wie ihm auffiel. Es waren schlichte Kleinstadtbewohner. Sayre kam aus einer anderen Welt. Sie war zugänglich, aber viele schienen vor ihrer Weltgewandtheit zurückzuschrecken.
    Nur ein einziges Mal schaffte er es, ihr in die Augen zu sehen. Sie hatte sich bei Selma untergehakt und mit ihr soeben den Hausflur durchquerte. Sayre tröstete die schluchzende Haushälterin, die den Kopf an Sayres Schulter gelegt hatte. Sie bemerkte, dass er sie beobachtete, schaute aber geradewegs durch ihn hindurch.
    Nach etwa zwei Stunden begannen die Gäste, sich zu verabschieden. Beck stellte sich zu Chris, der gerade das Büfett abgraste. »Wo ist Huff?«
    »Zum Rauchen im Fernsehzimmer. Der Schinken ist gut. Hast du ihn probiert?«
    »Später vielleicht. Mit Huff alles in Ordnung?«
    »Ich glaube, er ist nur müde. Die letzten Tage haben ihn ziemlich mitgenommen.«
    »Wie steht es mit dir?«
    Chris zuckte mit den Achseln. »Danny und ich hatten Differenzen, wie du weißt. Aber er war trotz allem mein Bruder.«
    »Ich sehe mal nach Huff und überlasse es dir, den Gastgeber zu spielen.«
    »Schönen Dank auch«, grummelte Chris.
    »So schlimm ist es auch nicht. Da drüben steht Lila Robson.« Chris hatte mit seiner letzten Eroberung geprahlt und damit bestätigt, was Beck schon immer geahnt hatte – dass Lilas Ehemann ein Schlappschwanz war. »Sie sieht ein bisschen verloren aus, so als könnte sie Gesellschaft gebrauchen.«
    »Nein, sie schmollt.«
    »Und warum das?«
    »Sie glaubt, ich will sie nur fürs Bett.«
    »Wie kommt sie denn nur auf diese Idee?«, fragte Beck sarkastisch.
    »Keine Ahnung. Gleich nachdem sie mir oben im Bad einen geblasen hat, hat sie angefangen zu nerven.« Chris sah auf seine Uhr. »Vor ungefähr zehn Minuten.«
    Beck sah ihn an. »Das ist nicht dein Ernst.«
    Chris’ Achselzucken war weder Ja noch Nein. »Sieh du nur nach Huff. Ich passe währenddessen auf, dass diese Hinterwäldler nicht das Familiensilber klauen.«
    Huff
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher