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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut
Autoren: Sandra Brown
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nennen.«
    »Woher wusste Huff, dass ich auf der Beerdigung war? Hat man ihm vorher Bescheid gegeben, dass ich kommen würde?«
    »Er hat gehofft, dass Sie kommen, war sich aber nicht sicher. Wir haben alle nach Ihnen Ausschau gehalten.«
    »In der Kirche haben weder er noch Chris erkennen lassen, dass sie mich bemerkt haben.«
    »Aber das haben sie.«
    »War es meine Aura?«
    »So was in der Art. Nennen Sie es Familieninstinkt.« Er verstummte, als erwartete er, dass sie lachte. Als nichts dergleichen geschah, sagte er: »Im Ernst, haben Sie wirklich geglaubt, Sie könnten sich mit einer Sonnenbrille und einem Hut unkenntlich machen?«
    »Ich wusste, dass viele Leute zu der Beerdigung kommen würden. Ich hatte gehofft, in der Menge zu verschwinden.«
    Wieder schwieg er kurz, ehe er sagte: »Ich glaube nicht, dass Sie in irgendeiner Menge verschwinden könnten, Sayre.«
    Es war ein subtiles Kompliment, voller unterschwelliger Andeutungen. Sie hatte keine Schmeicheleien provoziert und wollte keine hören, darum würde sie ihn enttäuschen, falls er dafür ein dahingehauchtes »Danke« erwartete.
    »Ohne den Hut hätten Huff und Chris sie sofort bemerkt« , sagte er. »Selbst ich hätte Sie bemerkt, und ich kenne Sie nicht einmal.«
    Ihr Hut hatte ihr irgendwann Kopfschmerzen gemacht, deshalb hatte sie ihn abgesetzt. Außerdem hatte sie ihre Haarspange gelöst und die Haare frei fallen lassen. In der feuchten Luft waren ihre Naturlocken, die sie jeden Morgen mit Fön und Spray bändigen musste, sofort hochgesprungen. Wenige Minuten zuvor bei einem zufälligen Blick in den Spiegel im Flur war ihr aufgefallen, dass ihre Haare wieder zu der eigensinnigen Mähne geworden waren, die sie schon als Kind gehabt hatte.
    Die Sonne, die durch die hohen Fenster im Wintergarten ihrer Mutter schien, verfing sich in jeder Strähne und setzte sie in leuchtende Flammen. Die Art, wie Beck Merchant das Farbenspiel in ihren Haaren beobachtete, ließ sie wünschen, im Schatten zu sitzen.
    Außerdem gefiel es ihr gar nicht, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihm aufzusehen. Die Alternative war, mit seiner Gürtelschnalle zu sprechen. Sie rutschte ans andere Ende der Klavierbank, um sich möglichst schnell zu verziehen. »Entschuldigen Sie mich.«
    »Interessanter Name.«
    Sie blieb verblüfft sitzen und sah über die Schulter zurück. »Verzeihung?«
    »Sayre. Wer hat Sie so getauft?«
    »Meine Mutter.«
    »Kommt der Name in Ihrer Familie öfter vor?«
    »Er hat Tradition. Ihre Großmutter väterlicherseits hieß ebenfalls so.«
    »Er gefällt mir.«
    »Danke. Mir auch.«
    »Als ich anfing, für Ihre Familie zu arbeiten, wusste ich ewig lange nicht, wie ich ihn aussprechen sollte.«
    »Wie er geschrieben wird.«
    »Dann müsste man ihn S-a-y-e-r schreiben und nicht r-e.«
    »Ist das wirklich von Bedeutung?«
    »Offenbar nicht.«
    Sie wollte endlich aufstehen, aber er hielt sie erneut auf. »Sie haben meine ursprüngliche Frage nicht beantwortet, Sayre mit r-e.«
    Diesmal drehte sie sich vollständig zu ihm um. »Versuchen Sie, witzig zu sein?«
    »Nein, ich versuche nur, Konversation zu machen. Aber alles, was ich sage, bringt Sie auf die Palme, selbst wenn es noch so belanglos ist. Warum?«
    »Ich kann mich an keine Frage erinnern.«
    Er nickte zu dem Flügel hin. »Spielen Sie?«
    »Leider nicht. Als ich acht war, hatte mir meine Mutter Klavierstunden verordnet und mich zu einer Stunde Üben am Tag verdonnert. ›Weil jede junge Dame ein Musikinstrument beherrschen sollte‹, hatte sie gesagt.«
    Sayre musste lächeln, als sie sich an die Strafpredigten erinnerte, weil sie wieder nicht geübt hatte. »Mutter hat sich redlich bemüht, meine Wildheit zu bändigen, aber irgendwann hat sie aufgegeben und mich zu einem hoffnungslosen Fall erklärt. Zum Klavierspielen muss man musikalisch und diszipliniert sein, und ich war weder das eine noch das andere.«
    »Wirklich?« Er ließ sich neben ihr nieder, mit dem Rücken zu den Tasten, sodass sie Hüfte an Schenkel und Angesicht zu Angesicht saßen. »Sie haben keine Disziplin?«
    »Mit acht hatte ich jedenfalls keine.« Sie ließ ihre Stimme klar und scharf klingen. »Seither habe ich durchaus welche entwickelt.«
    »Hoffentlich nicht auf Kosten Ihrer Wildheit. Es wäre eine sträfliche Vergeudung von natürlichen Ressourcen, wenn sich ein Rotschopf Zurückhaltung auferlegen würde.«
    Sie wusste, dass es ihn nur weiter anstachelte, wenn sie darauf reagierte, und sagte deshalb
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