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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten
Autoren: Deon Meyer
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anzünden.
     Das kommt noch aus der Zeit, in der man Zigarren aus der Gegend im Eckcafé kaufte. Wenn die Feuchtigkeit ordnungsgemäß gesteuert
     wurde, muss man sie nicht anlecken.«
    Er riss ein Streichholz an und erlaubte es der Flamme aufzulodern. Dann hielt er sie an die Zigarre. Er inhalierte in kurzen,
     schnellen Zügen, während er die Zigarre zwischen den Fingern drehte. Weiße Rauchwölkchen stiegen um ihn herum auf, und ein
     reichhaltiges Aroma erfüllte den Raum. Er schüttelte das Streichholz aus. »Man sagt, die beste Möglichkeit, eine Zigarre anzuzünden,
     sei ein spanischer Zedernspan. Man nimmt ein langes dünnes Stückchen Zeder, setzt es in Brand, und damit entzündet man die
     Zigarre. Das sei eine reine, saubere Flamme, die den Geschmack der Zigarre nicht beeinflusst. |33| Aber woher sollen wir spanische Zeder bekommen, frage ich Sie?« Er lächelte mich an, als hätten wir beide dasselbe Problem.
    Er nahm einen langen Zug. »Eine Havanna, nichts ist besser. Die amerikanischen sind auch nicht schlecht, angenehm und leicht,
     die dominikanischen irgendwo dazwischen, Honduras ist zu wild, aber nichts kommt an die Ernten des alten Fidel heran.«
    Ich fragte mich einen Moment, wie lange er diesen Monolog vor gelangweiltem Publikum aufrechterhalten konnte, aber dann fiel
     mir wieder ein, dass er ein reicher Afrikaaner war. Die Antwort lautete: ewig.
    Er zog einen Aschenbecher heran. »Manche Blödmänner glauben, man sollte die Asche einer Zigarre nicht abklopfen. Ein reiner
     Mythos. Unfug«, keckerte er. »Diese Leute rauchen billige Zigarren und behaupten dann, der bittere Geschmack entstehe, weil
     sie die Asche abklopfen.«
    Carel setzte sich auf einen Barhocker, die Zigarre in einer Hand, den Drink in der anderen.
    »Es wird viel Blödsinn in der Welt geredet, mein Freund, unglaublich viel Blödsinn.«
    Was wollte er?
    Wieder ein Zug von der Zigarre. »Aber ich sage Ihnen etwas, die kleine Emma macht keinen Blödsinn – sie nicht. Wenn sie sagt,
     dass Leute ihr schaden wollen, dann glaube ich ihr. Haben Sie verstanden?«
    Ich war nicht in der Stimmung für dieses Gespräch. Ich antwortete nicht. Ich wusste, dass ihm das nicht gefiel.
    »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    »Ich habe heute schon zu viel gesessen.«
    »Sie ist wie eine Tochter in diesem Haus, mein Freund, wie eines meiner Kinder. Deswegen ist sie in dieser Sache zu mir gekommen.
     Deswegen sind Sie jetzt hier. Sie müssen verstehen, Emma hat im Leben viel durchgemacht. Stille Wasser …«
    Ich versuchte meine Gereiztheit zu zügeln, indem ich darüber nachdachte, wie faszinierend ein Mann wie Carel van Zyl war.
    |34| Selfmademen haben alle dieselbe Persönlichkeit – getrieben, klug, arbeitsam und dominant. Wenn ihr Reichtum wächst und die
     Leute beginnen, sich ihrer Macht und ihrem Einfluss zu beugen, macht jeder Reiche denselben Fehler. Sie glauben, der Respekt
     gelte ihnen persönlich. Das freut ihr Selbstbewusstsein und lässt ihre Persönlichkeit angenehmer werden. Aber es bleibt ein
     dünnes Furnier; der ursprüngliche Dynamo ist hinter der Selbsttäuschung immer noch an der Arbeit.
    Er war daran gewöhnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Es gefiel ihm gar nicht, einen Platz am Rande der Ereignisse
     einnehmen zu müssen. Er wollte mich wissen lassen, dass er verantwortlich war für mein Engagement; er war die Vaterfigur,
     die Emmas Interessen unterstützte und daher letztlich alles unter Kontrolle hatte. Er war derjenige, der mich ins Spiel gebracht
     hatte. Er hatte das Recht, sich einzumischen und teilzuhaben. Vor allem aber wusste er Bescheid. Und das würde er mir jetzt
     zeigen.
    »Sie hat bei mir angefangen, als sie mit der Uni fertig war. Die meisten Männer hätten nur ein hübsches, kleines Ding gesehen,
     aber ich wusste, sie hatte etwas, mein Freund.« Er betonte diesen Satz mit der Zigarre.
    »Viele von ihnen haben für mich gearbeitet – als Kundenbetreuerinnen, und sie sehen bloß den Glamour, die langen Mittagessen
     und die üppigen Gehaltsschecks. Aber Emma nicht. Sie wollte lernen, sie wollte etwas leisten. Man würde nie darauf kommen,
     dass sie Geld hat; sie hatte den Antrieb von jemand aus einem armen Haushalt. Glauben Sie mir, mein Freund, ich erkenne das.
     Auf alle Fälle war sie schon drei Jahre bei mir, als die Sache mit ihren Eltern geschah. Autounfall, sofort tot, beide. Sie
     saß in meinem Büro, mein Freund, das arme kleine Ding, am Boden zerstört – zerstört, weil
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