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Weißer Schatten

Titel: Weißer Schatten
Autoren: Deon Meyer
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eine skandinavische Geschäftsfrau gehabt, die
     darauf bestand, dass ich ein Ohr-Mikrofon mitsamt Kabel trug, das in meinem Kragen verschwand, obwohl ich allein arbeitete
     und niemand hatte, mit dem ich kommunizieren konnte).
    Konsequenterweise fragte Jeanette Louw mögliche Klienten oder deren Agenten: »Brauchen Sie einen Gorilla oder einen Unsichtbaren?«
     In der Welt der Reichen und Berühmten war das die gängige Terminologie.
    Aber Carel Alleswisser hatte es nicht wirklich verstanden. Sein Fehler verriet mir etwas – sein Wissen war nur fragmentarisch.
    »Wenn man einen Bodyguard engagiert, fragt Jeanette einen, ob man einen Geist oder einen Gorilla will«, erklärte er den anderen
     am Tisch. »Wir haben bisher nur Gorillas für die Stars benutzt, die mit uns Werbespots drehen.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Die Situation war mir fremd. Der Angestellte sitzt normalerweise nicht am selben
     Tisch wie der Auftraggeber – das war gesellschaftlich inakzeptabel. Dazu kam mein mangelnder Enthusiasmus für Smalltalk. Aber
     Carel erwartete auch gar keine Antwort.
    »Die Gorillas sind die Riesenkerle«, sagte er. »Sie sehen aus wie Nachtclub-Türsteher. Aber die Geister sind die echten Profis.
     Sie bewachen Präsidenten und Minister.«
    Sie starrten mich an – der ganze Tisch.
    |31| »Ist das auch Ihr Hintergrund, Mr. Lemmer?«, fragte Carel. Es war eine Einladung, aber ich lehnte sie mit einem einfachen
     Nicken ab, schlicht und ohne Enthusiasmus.
    »Siehst du, Emma. Du bist in guten Händen«, sagte Carel.
    In guten Händen.
Ich vermutete, dass Carel keine eigene Erfahrung mit dem Engagement von
Body Armour
hatte
.
So etwas überließ er Untergebenen. Wenn er sich selbst darum gekümmert hätte, wäre ihm klar gewesen, dass Jeanette eine Preisliste
     hatte, auf der ich nicht besonders weit oben stand. Mein Platz war im Schnäppchenkeller, denn ich mochte kein Teamwork, ich
     hatte eine schwierige Vergangenheit, daher konnte man mit mir nicht gut PR machen.
    Wusste Emma das? Sicher nicht. Jeanette war zu professionell. Sie hatte gefragt: »Was möchten Sie ausgeben?«, und Emma hatte
     gesagt, sie habe keine Ahnung, wie viel sie ausgeben müsse. »Alles zwischen zehntausend Rand pro Tag für vier Leute und siebenhundertfünfzig
     Rand für einen einzelnen Mitarbeiter.« Jeanette hatte ihr die Möglichkeiten erklärt, ohne zu erwähnen, dass sie zwanzig Prozent
     kassierte, plus eine Bearbeitungsgebühr, Arbeitslosenversicherung, Einkommensteuer und Bankgebühren.
    Was verdiente eine Marken-Beraterin? Wie viel davon waren siebenhundertfünfzig Rand am Tag, fünftausendzweihundertfünfzig
     Rand pro Woche, einundzwanzigtausend Rand im Monat? Kein Kleingeld, besonders nicht für bloß eingebildete Gefahren. Also waren
     sie vielleicht doch nicht ganz unwirklich.
    »Ich bin sicher, das bin ich«, sagte Emma mit einem abwesenden Lächeln, als seien ihre Gedanken anderswo.
    »Wir haben noch Eiscreme«, rief Carels Frau hoffnungsvoll.
     
    Er bat mich in sein Spielzimmer. Er nannte es sein Herrenzimmer.
    Er »bat mich« im weitesten Sinne. »Sollen wir mal reden?«, waren die Worte, die Carel wählte, ein grauer Bereich zwischen
     Einladung und Anweisung. Er ging vor. Ein ausgestopfter |32| Kudu-Kopf starrte durch das Zimmer. Es gab einen Billardtisch und eine Bar, Flaschen auf einem Regal und einen kleinen Zigarren-Humidor.
     Die Bilder an der Wand zeigten Carel-und-Gewehr mit toten Tieren.
    »Etwas zu trinken?«, fragte er und ging hinter die Bar.
    »Nein, danke«, sagte ich und lehnte mich gegen den Billardtisch.
    Er goss sich selbst etwas ein, zwei Finger hoch einer braunen, unverdünnten Flüssigkeit. Er trank aus dem Glas und öffnete
     den Humidor. »Havanna?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sind Sie sicher? Die sind erstklassig«, sagte er selbstzufrieden. »Die lassen sie vierundzwanzig Monate reifen, wie Wein.«
    »Ich rauche nicht, danke.«
    Er suchte eine Zigarre für sich heraus und streichelte mit den Fingern über den dicken Zylinder. Er kniff das Ende mit einem
     großen Instrument ab und steckte sich die Zigarre in den Mund. »Die Amateure kappen sie mit diesen billigen Drecksdingern,
     die sie hier am Ende platt quetschen.« Er hielt sein Gerät hoch, damit ich es inspizieren konnte. »Das hier nennt man eine
     .44 Magnum. Macht ein absolut perfektes Loch.«
    Er griff nach einer Streichholzschachtel. »Und dann gibt es die Blödmänner, die Zigarren anlecken, bevor sie sie
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