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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille
Autoren: Alex Barclay
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würde. Und zehn Jahre später lag dieser Mann, der noch immer seinen krummen Rücken hatte, auf einem kalten Stahltisch, fertig für die Obduktion.
    Hatte Gavino jemals eine Chance? Dieser verhätschelte Junge hatte jedenfalls keine Chance, die Welt zu bekämpfen, in die er hineingeboren wurde. In der Nacht, als das Anwesen gestürmt worden war, hatte Ren ihn von ihrem Versteck im Wald aus beobachtet. Er war sieben Jahre alt, und seine Mutter hatte ihn in den Büschen versteckt, damit sie »mit dem Mann, der nicht da war« weggehen konnte. Mit weit aufgerissenen Augen hatte Gavino sich zu Ren umgedreht, hatte seine zitternde Hand ausgestreckt und die winzigen Finger bewegt, als würde er Klavier spielen.
    O Gott, wie gerne würde ich dich retten. Ren hatte einen Finger auf die Lippen gepresst und langsam den Kopf geschüttelt.
    Zu viele Entscheidungen hatten zu viele Opfer gefordert: einen kleinen Jungen in diese verkorkste Welt zu setzen; sein Geschäft wegen der Drogensucht seiner Tochter zu verlieren; seinem alkoholabhängigen Sohn den Rücken zuzukehren. Domenica Val Pando, Gavino Val Pando … Charlie Barger, Shannon Barger … Diane Wilson, Mark Allen Wilson …
    Das Treffen mit Warwick und Monahan war für Ren so, als wäre das Messer wieder in die Wunde gestoßen worden, eine lebhafte Rückblende auf jene letzte Nacht. Und auf das Feuer, das damals wütete. In jener Nacht hatte Ren Männer brennen sehen, die schreiend aus den Gebäuden flohen, voller Brandblasen, verkohlt und entstellt – dieselben Männer, die sie immer über das Gelände hatte laufen sehen. Allesamt Opfer von Domenica Val Pandos Launen.
    Plötzlich stieg Übelkeit in Ren auf. Sie wusste nicht mehr, mit welchem Fuß sie auf welches Pedal treten musste. Ihr Verstand riet ihr, zu bremsen, doch instinktiv gab sie Gas und jagte nach Breckenridge.
    Ich wusste immer, dass es einen größeren Zusammenhang gab.

    Sheriff Bob Gage wartete an der Anmeldung auf sie. Ren blieb nicht stehen, sondern ging schnurstracks auf sein Büro zu. Unterwegs sagte sie nur:
    »Bitte sagen Sie mir, dass Mike nicht da ist.«
    »Nein … sein kleiner Sohn ist krank«, sagte Bob.
    »Oh nein. Wird er wieder gesund?«
    »Ich glaube schon.«
    »Was ist passiert?«
    »Es ist der kleine Junge mit den Gesundheitsproblemen. Letzte Nacht hatte er einen Asthmaanfall, und Mike wollte mit ihm zu Charlie Barger, aber der war nicht zu Hause. Darum musste er mit ihm ins Krankenhaus. Aber ich glaube, jetzt geht es ihm schon wieder besser.«
    »Ich fürchte, Charlie Barger wird so schnell nicht wieder nach Hause zurückkehren«, sagte Ren.
    »Warum nicht?«
    »Charlie Barger hat für Domenica Val Pando gearbeitet. Und ich wette, durch die Aufmerksamkeit, die Gavino auf die Operation gelenkt hat, arbeitet Charlie Barger jetzt nicht mehr für sie. Ich vermute nämlich, Domenica Val Pando hat sich um ihn und seine Tochter Shannon gekümmert.«
    »Was?«, sagte Bob.
    Ren nickte. »Bei Domenica Val Pando steckt jedes Mal viel mehr dahinter, als es auf den ersten Blick scheint. Für sie sind Raubüberfälle nicht einfach nur Raubüberfälle, Drogen nicht einfach nur Drogen und sogar Menschen nicht einfach nur Menschen. Als ich meine Bosse gestern angeschrien habe, wurde mir plötzlich klar, dass ich aufgrund früherer Recherchen wusste, dass Val Pando in das Geschäft mit biochemischen Waffen einsteigen wollte. In der Nacht, als ihr Hauptquartier zerstört wurde, wurde auch das Labor zerstört, und die Wissenschaftler, die sie eingestellt hatte, wurden entweder getötet oder bekamen so große Angst, dass sie geflohen sind.
    Seitdem Val Pando verschwunden ist, hat es den 11. September gegeben, und der Markt für biochemische Waffen hat sich dramatisch ausgeweitet, national und international. Und logischerweise geht sie dahin, wo das Geld ist … und wo sie sich zurücklehnen und das Chaos beobachten kann.«
    Bob starrte sie an.
    »Charlie Barger hat kein Bier gebraut, Bob. Er hat die Brauerei benutzt, um Schwefelwasserstoff herzustellen. An dem Tag, als wir Mark Wilsons Leichnam auf dem Grundstück der Brauerei gefunden haben, hing dort ein fürchterlicher Gestank nach faulen Eiern in der Luft – der Gestank von H2S. Wir haben den Fundort großräumig abgesperrt, aber das Gebäude war dennoch weit entfernt und wurde daher nicht gründlich durchsucht. Ich habe mich dort umgesehen und eine Palette Stickstoffbehälter entdeckt.
    Jedenfalls habe ich auf dem Weg hierher Colin Grabien angerufen
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