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Weiße Stille

Weiße Stille

Titel: Weiße Stille
Autoren: Alex Barclay
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denkwürdigen Abend weiß ich, wie ihr verdammter Mund von innen schmeckt und wie sich ihre linke Hand auf meiner rechten Brust anfühlt – zwei Details, die vielleicht nicht in meine Protokolle eingeflossen sind. Aber Ihren Mienen entnehme ich, dass Sie an diesen Kleinigkeiten erkennen, was ich meine.« Ren warf die Arme in die Luft. »Aber was zum Teufel weiß ich denn schon?«
    Monahan blickte auf seine Notizen. »Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, warum Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit herausgeholt werden mussten. Zwei Jungen, Enrique Caltano und Paulo Salinas …«
    Die Bilder kehrten zurück. Die von der feuchten Luft gedunsenen Gesichter, die gequälten Blicke …
    »Jungen?«, sagte Ren. »Jungen? Diese Jungen waren alt genug, um Domenica Val Pando zu vergewaltigen und mich zu zwingen, es mit anzusehen. Sie waren alt genug, um beim Saufen darum zu knobeln, wer mich zuerst vernaschen durfte. Sie waren alt genug,um eine Münze zu werfen und zu entscheiden, auf welche Weise es geschehen sollte. Und sie waren alt genug, um aufgehalten zu werden, ehe sie die Gelegenheit dazu hatten.«
    »Sie haben sie aufgehalten.«
    »Oh ja«, bestätigte Ren. »Ich wollte nämlich nicht vergewaltigt werden. Es gefiel mir nicht, wie die Münze fiel. Und während meiner Ausbildung für diesen Job wurde mir beigebracht, dass das Leben eines Kriminellen nicht mehr zählt als das Leben eines Agenten.«
    »Sie glauben noch immer, dass man Sie nicht hätte herausholen sollen?«
    »Ja, das glaube ich noch immer«, sagte Ren. »Alle wissen, dass dadurch alles vermasselt wurde. Alle wissen es. Nicht nur ich.«
    »Diese Burschen hätten nicht zu sterben brauchen«, sagte Monahan.
    » Zwei von ihnen wurden getötet«, entgegnete Ren. »Ihr Kumpel – der dritte Kerl, der erst kam, als alles vorbei war – ließ mich gehen. Er hat zu mir gesagt, ich solle weglaufen. Er hatte eine Waffe, aber er ließ mich dennoch gehen.«
    Garys Blick wanderte von Monahan und zurück zu Ren.
    »Wir mussten Sie da rausholen, Ren«, sagte Monahan. »Wir wussten, dass Ihr Leben in Gefahr war. Wir wussten, dass die rivalisierende Bande den Angriff auf Val Pandos Hauptquartier geplant hatte.«
    »Wenn Sie mich darüber informiert hätten, hätte ich etwas unternehmen können. Ich hätte bleiben und ihr helfen können …«
    »Ren«, unterbrach Warwick sie. »Trotz Ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten, denen Sie in einem so jungen Alter Ihren Job zu verdanken hatten, lagen Sie am Boden, während jemand einen Stiefel auf Ihren Kopf drückte, als Sie hilflos zusehen mussten, wie Domenica Val Pando vergewaltigt wurde. Sie schaute Ihnen in die Augen. Das ist eine psychologische Zeitbombe. Wenn Sie geblieben wären, hätte sich eine so enge Beziehung zwischen Ihnen beiden entwickelt …«
    Ren stand auf. »Bitte hören Sie mir zu. Sie alle. Niemand verdient es, das zu erleben, was Domenica Val Pando in jener Nacht erlebt hat. Niemand. Aber eine Beziehung zu ihr? Nein. Domenica Val Pando ist ein Ungeheuer. Sie handelt mit Frauen und Kindern, dealt mit Drogen und schmuggelt Gewehre und Pistolen. Sie wollte sogar ins Geschäft mit biochemischen Waffen einsteigen, um sie meistbietend zu verscherbeln. Diese Frau kennt weder Skrupel noch Moral. Zu einem solchen Menschen kann man keine Beziehung eingehen.«
    »In einem schwachen Augenblick …«, sagte Monahan.
    »Hört mir denn niemand zu?«, rief Ren wütend. »Man kann keine Beziehung zu etwas eingehen, das sich ständig verändert. Wenn man sich gut darauf versteht, kann man es höchstens vortäuschen. Aber mir hat niemand zugehört! Und wenn die Guten nicht zuhören, genügt das meist schon, um die Bösen triumphieren zu lassen!«
    »Wir waren um Ihre Sicherheit und Ihre geistige Gesundheit besorgt«, sagte Monahan.
    »Geistige Gesundheit! Was für ein Schwachsinn!«
    »Beruhigen Sie sich, Ren«, sagte Gary. »Und setzen Sie sich wieder.«
    »Einen Dreck werde ich!«
    »Nun machen Sie schon«, forderte Gary sie auf. »Setzen Sie sich. Niemand hier hält Sie für eine Verliererin.«
    Ren setzte sich und ließ den Kopf hängen. Sie strich sich mit den Fingern durchs Haar und hob den Blick. »Es tut mir leid. Mir war nicht bewusst, dass ich noch immer … Ich habe Domenica Val Pando verlassen, die von zwei Männern auf unterschiedliche Weise vergewaltigt wurde und mit ihrem siebenjährigen Sohn in ihrem eigenen Dreck lag. Die Schreie der beiden verfolgten mich, als ich davonlief. Das Letzte, was sie von mir
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