Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Autoren: Carola Herbst
Vom Netzwerk:
Mal seines schillernden Auftritts bewusst.
    Aber er war genauso überrascht, weil er Ernst auf einem der Stühle jenseits der Balustrade sitzen sah. Der Arzt als auch Goltzow hatte ein Glas Branntwein vor sich. Franz war sich noch uneins darüber, ob dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen sei. Er wurde jedoch sehr höflich in Empfang genommen und ebenfalls mit einem Schnaps versorgt.
    Goltzow setzte sich. Er lehnte sich zurück, schob seine Daumen in die Achselöffnungen seiner Weste und trommelte mit den Fingern selbstgefällig auf seiner mächtigen Brust. Der Mann machte wirklich einen zufriedenen Eindruck, was Franz beunruhigend fand. Er schaute zu Ernst hinüber und wappnete sich mit einem großen Schluck Branntwein, was immer da kommen mochte.
    „Wir haben ein Geständnis“, teilte Goltzow förmlich mit. „Da Ihre Familie vom Fall Kägler tangiert scheint, halte ich es für recht und billig, Sie sofort zu informieren.“ Goltzow machte eine Pause, Franz nahm noch einen Schluck. „Beckmann hat zugegeben, seinen Herrn in äußerster Erregung in dessen Schlafgemach angetroffen zu haben. Er hat ihm eine Medizinflasche reichen sollen, in die der Professor zuvor Branntwein eingefüllt hat, sozusagen zur Tarnung. Der Diener kann nun nicht mehr ausschließen, sich vergriffen zu haben. Also ist davon auszugehen, der Professor hat, abgelenkt von seinem inneren Aufruhr, eine ganze Flasche Ko ...“
    „Kolchizin“, half Ernst.
    „Danke, Doktor Ahrens. Kolchizin hinuntergestürzt und ist an dem Zeug elendiglich erstickt.“
    „Dann war das also ein Unfall!“, stellte Franz fest. Seine Finger der rechten Hand umkrampften trotz der beruhigenden Nachricht das Schnapsglas.
    „So könnte man das nennen, ja. Für Beckmann ist die Sache natürlich fatal. Der Mann macht sich die größten Vorwürfe, weil er zu der Erregung des Professors beigetragen hat.“ Goltzow nahm nun auch einen herzhaften Schluck zu sich und starrte sein Glas ein, zwei Sekunden freundlich an, bevor er fortfuhr. „Er hat seinem Herrn kurz zuvor den leidigen Brief zugesteckt, von dem ich Ihnen bereits erzählt habe“, warf Goltzow an Franz gewandt ein. „Den Brief hat ein junger Mann überbracht, während die Herrschaft noch im Dom beim Gottesdienst weilte.“
    Angesichts dieser Niedertracht musste Franz sich zusammenreißen, nichts verlauten zu lassen, was Goltzow zu Fragen herausgefordert hätte. Außerdem konnte er sich nicht erklären, was Lapérouse mit seinem Schachzug bezweckt habe. Oder sollte es noch einen Unbekannten geben, der involviert war? Jedenfalls schüttelten Goltzows Enthüllungen Franz’ Theorien mächtig durcheinander.
    „Wir wissen nicht, wer der junge Mann gewesen ist. Doch Beckmann hat uns eine ausführliche Beschreibung geliefert und ausgeschlossen, es könnte sich bei dem Briefboten um Johann von Klotz gehandelt haben. Er kennt Ihren Bruder nämlich.“
    „Woher?“ Franz schluckte schwer.
    „Professor Kägler pflegte mit Professor Karsten nicht nur dienstlichen, sondern auch privaten Umgang. Beckmann begleitete seinen Herrn anlässlich solcher Besuche nach Neuenwerder. Und Ihr Bruder ging Karsten des Öfteren zur Hand, daher die Verbindung.“
    „Und Frau Kägler? Begleitete sie ihren Mann auch nach Neuenwerder?“, fragte Franz. Seine Stimme klang belegt.
    „Nach Auskunft von Beckmann nicht. Ich habe Frau Kägler mit Beckmanns Beschreibung konfrontiert. Sie ist daraufhin zusammengebrochen, was mir einen Rüffel ihres Arztes eingebracht hat.“ Goltzow nickte hinüber zu Ernst. „Deshalb sitzen wir hier beisammen.“
    „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut“, konstatierte Ernst und trug mit seiner Bemerkung sichtlich zur Beruhigung des Kommissärs bei. „Da ich meiner Patientin verboten habe, das Bett zu verlassen, hat sie mich gebeten, Ihnen diese Stellungnahme zu übergeben, gewissermaßen um die Ermittlungen nicht unnötig in die Länge zu ziehen.“ Ernst reichte ein versiegeltes Schriftstück über den Schreibtisch.
    Goltzow zog erstaunt die Brauen hoch. „Sie erlauben, meine Herren“, sagte er knapp und brach das Siegel. Er vertiefte sich stirnrunzelnd in Frau Käglers Niederschrift, seine Augen hetzten geradezu über die Zeilen.
    Noch so ein weißes Geheimnis, dachte Franz und ließ Goltzow nicht aus den Augen. Er umkrampfte mit der freien Hand die Stuhllehne. Unter dem Druck seiner Faust drohte sein leeres Glas zu zerspringen. Doch bevor es dazu kam, sprang Goltzow auf und hastete, ohne eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher