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weißblau queer gestreift

weißblau queer gestreift

Titel: weißblau queer gestreift
Autoren: S Brandl
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morgen fange ich wieder mit dem Joggen an. Ganz bestimmt. Heute nicht. Sonst wird mir übel. Ich werde jetzt versuchen, ein wenig zu schlafen. Später ruft Lizzy an, da möchte ich wieder fit sein. Ich ziehe mir die Kuscheldecke bis zur Nase und rolle mich ein wie ein Igel. Bald werden meine Augenlider schwer und meine Gedanken träge. Ich gebe mich der Müdigkeit hin, werde ganz friedlich und ruhig.
    Irgendwann, kurz vor dem wohligen Wegdriften, schreckt mich ein lauter Klingelton hoch. Zefix! Schwerfällig erhebe ich mich und schlurfe zum Telefon.
    »Ja?«
    »Hallo Heidi! Ich bin’s«, trällert Lizzy. »Wie geht’s dir, Mausi? Was machst du gerade?« 
    »Oh, nix. Ich erhol’ mich von dem blöden Tag.«
    »Was war denn heute?«
    »Na, die Beerdigung von meinem Onkel.«
    »Ach, stimmt! Und wie war’s?«
    »Anstrengend und bescheuert, so wie ich’s erwartet hatte. Aber lassen wir das. Was hast du so gemacht?«
    »Ich war bei Olafs Mutter zum Frühstücken. Sie hat dann auf Justine aufgepasst und ich bin mit Olaf ins Kino, zur Matinee. Wir haben uns den neuen Twilight-Film angesehen. War echt super! Ich weiß, du magst diese Filme ja nicht, aber der hätte dir bestimmt auch gefallen. Stell’ dir vor, der Edward …«
    Lizzy beginnt, mir Einzelheiten über den blöden Vampirfilm zu erzählen. Müde plumpse ich aufs Sofa und schließe die Augen. Lizzys quietschige Stimme und ihr hektisches Geplapper bereiten mir Kopfschmerzen. So, so. Dann war sie also mal wieder unterwegs. Mit Olaf, ihrem Ex, dem Frauenversteher, Warmduscher und Vater der kleinen Justine. Lizzy ist bisexuell, sie schläft zwar gern mit Männern, kann sich aber nur in Frauen verlieben. Sagt sie jedenfalls. Und wenn sie verliebt ist, ist sie treu. Sagt sie auch. Seit knapp einem Jahr ist sie ja in mich verliebt, und deshalb trifft sie sich mit dem Olaf nur so, freundschaftlich. Außerdem will er hin und wieder seine Tochter sehen. So weit alles logisch. Dennoch mag ich es nicht besonders, wenn Lizzy den ganzen Tag mit Olaf herumhängt. Natürlich versuche ich, ihr zu vertrauen. Aber einfach ist das nicht, wenn man sich so selten sieht: Lizzy wohnt mehrere Autostunden entfernt, in der Nähe von Heilbronn.
    »… und nach dem Kino waren wir noch Eis essen, deshalb rufe ich erst jetzt an.«
    »Passt schon, Lizzy. Sag mal, was möchtest du denn am kommenden Wochenende machen?«
    »Oh, gut, dass du das erwähnst! Am Wochenende klappt es leider nicht, da feiert meine Mutter den 60. Geburtstag. Das wird ein großes Fest. Sie hat das halbe Dorf zu sich eingeladen …«
    »Aha. Das halbe Dorf, aber nicht mich. Wie lange willst du unsere Beziehung eigentlich noch vor deiner Familie verheimlichen?«
    »Ach, Heidi! Jetzt fang nicht wieder damit an! Du weißt doch, wie schwierig das alles für mich ist!«
    »Und für mich ist das etwa nicht schwierig?«
    »Du hast gut reden! Bist jetzt 36 Jahre alt und hast dich daheim noch immer nicht geoutet. Bei mir wissen es wenigstens meine Freunde …«
    »Na toll! Deine Freunde! Und was hab’ ich davon? Überall darf ich mich nur verstecken.«
    »Nun lass uns doch nicht streiten …«
    »Mann, Lizzy! Ich hab’ eine Scheißlaune. Lass uns morgen weiterreden. Ich mag jetzt nicht mehr.«
    »Okay, Mausi, verstehe. Dann ruf’ ich dich morgen an, ja?«
    »Ja, schon recht.«
    »Und mach’ dir bitte keinen Kopf mehr. Es wird alles gut werden.«
    »Mhm. Servus.«
    »Tschüssi!«
    Ich lege auf und verdrehe die Augen. Dieses süßliche »Mausi« werde ich ihr künftig nicht mehr durchgehen lassen. Ich bin kein kleines Mausi. Wäre ich ein Tier, dann wohl eher ein Bär oder ein Pitbull. 
    Genervt hole ich mir eine Packung Chips und setze mich an den Computer. Zeit für den Lesbenchat. Mal sehen, ob Thea online ist. Das könnte meine Stimmung ein wenig aufhellen. Ich mag Thea sehr gern, vielleicht bin ich sogar ein wenig verliebt. Aber wenn, dann nur ein kleines bisschen. Ich habe sie schließlich noch nie gesehen. Und sie gibt kaum je etwas von sich preis. Vielleicht ist sie sogar ein Mann. Einer, der sich an lesbischen Themen aufgeilt. Egal. Thea sagt jedenfalls, dass sie lesbisch ist und Mitte 40, und dass sie in der Eheberatung arbeitet. Sie bezeichnet sich selbst als nicht beziehungsfähig. Aber sie kann gut auf die Probleme anderer Leute eingehen. Also auf meine zumindest.
    Nach einigen gemeinsamen Stunden im Chatroom verabschiedet sich Thea, weil sie angeblich morgen früh raus muss. Da logge auch ich mich aus. Ich lege
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