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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag
Autoren: Nicola Förg
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doch noch gar nicht, der Haufen auch
nicht.«
    »Nein, es hat einen Zwischenfall gegeben«, sagte Jo, »aus
feuerpolizeilichen Gründen müssen wir das Gelände räumen.«
    Sie hatte den Satz noch nicht beendet, als der Investigator seinen
Presseausweis rausriss und in die Richtung stürmte, aus der alle kamen.
    »Behindern Sie mich nicht in der Ausübung meiner Tätigkeit. Ich bin
Journalist!« Aus seinem Mund klang das wie: »Ich bin 007, im Auftrag Ihrer
Majestät unterwegs«.
    Zwei Sekunden später startete auch der Kameramann von Mister TE VAU durch. Patrizia und Jo gelang es,
die anderen Richtung Rössle zu dirigieren und sofort mit einem Glühwein ruhig
zu stellen.
    »Was war denn da los?«, wollte die Schupfnudel verwirrt wissen.
    »Es gab einen Unfall, ich weiß auch nichts Genaues«, sagte Jo und
entschuldigte sich wortreich für das Misslingen der Unternehmung. »Ich lasse
Ihnen jetzt mal den Bus ins Hotel kommen«, fügte sie hinzu und eilte zur Theke.
    Jens kam von der Toilette und blieb stehen. »Was ist wirklich los?«
    »Jens, bitte, kannst du irgendwie mit Patti zusammen den Rest ins
Hotel schaffen, ich komm nachher an die Bar. Bitte!«
    Jens nickte, und Jo warf in der Tür den Mantel über. Die Straße war
inzwischen abgesperrt. Jo kroch unter dem Band durch. Ein Uniformierter stellte
sich ihr in den Weg: Es war Markus Holzapfel, ein Kollege von Gerhard. Markus
stammte aus dem Walsertal und wurde oft als »der Ösi« oder »der Nusser«
bezeichnet. Er war ein bisschen umständlich, aber ausgesprochen nett, fand Jo.
    »Markus, ich muss zu Gerhard! Vor allem muss ich versuchen, zwei
Journalisten wieder auf den rechten Weg zu lenken.«
    Markus schaute sie an wie ein triefäugiger Beagle und zuckte mit den
Schultern. Jo hastete den Berg hinauf, ein Polizeiwagen mit Blaulicht stand
quer vor dem verglimmenden Funken, ein Notarztwagen stand dahinter. Vor der
Absperrung hüpfte wie ein Derwisch der Kameramann umher, die Kamera mit einer
starken Lichtquelle wie eine Phaserkanone auf das Geschehen gerichtet. Der
Investigator schrie immer noch was von seiner Pflicht und seinen Rechten, als
sie Gerhard erspähte.
    »Hat er Bilder?« Jos Augen waren weit aufgerissen, ihre Stimme war
heiser, sie klang wie eine Mischung aus Joe Cocker und Gianna Nannini.
    »Ja, hat er«, nickte Gerhard grimmig, »allerdings bloß vom Haufen,
die komplette Leiche haben wir abgeschirmt.«
    »Gibt es eine komplette Leiche?«, fragte Jo und hielt den Atem an.
Gerhard sagte nichts und nickte dann.
    »Und wer ist es?«
    »Jo, das geht dich gar nichts an, denn …« Er brach ab, beide sahen
sich schweigend in die Augen und dachten das Gleiche. Wieder war es eine
Leiche, die sie zusammenbrachte. Wie im letzten Winter, als Jo die Leiche des
Bauunternehmers Rümmele ausgerechnet bei einem Ausritt im Gunzesrieder Tal
gefunden hatte.
    »Wirst du ermitteln?«, wollte Jo wissen.
    »Wenn es Mord war, ja, und jetzt schaff mir diese Fernseh- und
Zeitungsparasiten weg!«, rief Gerhard und rannte davon.
    Im Sommer letzten Jahres war Gerhard befördert worden, vom
Hauptkommissar zum Mordkommissar. Er hatte sich mit Händen und Füßen gewehrt,
aber als sein Vorgänger Volker Reiber überraschend um Versetzung nach München
gebeten hatte, musste sich Gerhard in die neue Rolle einfügen. Notgedrungen –
Karrieresprünge waren Gerhard eigentlich zu sprunghaft. Aber Volker hatte ihn
über den grünen Klee gelobt – auch das war angesichts der Rümmele-Vorgeschichte
überraschend gekommen, wie Gerhard fand. Und so wurde er eben doch
Mordkommissar. Nur in einem hatte er sich durchgesetzt: Das schicke neue Büro
hatte ihn nie gesehen, er war in seinem alten Kabäuschen geblieben. Mit
abgewetztem Schreibtisch und Spind in natogrün und ewig schief hängendem
Bergposter, die linke untere Ecke aufgerollt. Zum Einstand hatte es für Gerhard
passend zu seiner Uli-Stein-Maus einen Uli-Stein-Kater gegeben – nun wippten
beide synchron auf dem Computer. Der Tisch war wacklig und übertrug seine
Bewegungen auf die Plastikkameraden, sodass es aussah, als ob sie beide mit
einem imaginären Hula-Hoop-Reifen die Hüften kreisen ließen.
    Jo war Gerhard hinterhergesprintet. »War es Mord?«
    Gerhard zuckte die Schultern. »Das weiß ich doch jetzt noch nicht!«
    »Ich kenne dich. Du weißt es. Wer ist es, Gerhard?«
    Er schüttelte resigniert den Kopf. »Das darf ich dir wirklich nicht
sagen und auch sonst keinem – zumal die AZ auch schon da ist.«
    Jo schaute sich
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