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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag
Autoren: Nicola Förg
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um. Da stand der Lokaljournalist Marcel Maurer, ein
Ex von Jo und auch er letztes Jahr eher unrühmlich in den Rümmele-Fall
verwickelt.
    Bevor sie Marcel noch zunicken konnte, stürzte der Investigator auf
sie zu.
    »Ich muss in mein Hotel, ich habe bereits mehreren Kollegen den
Bericht avisiert. Ich hab ja so viel im Block! Für so was werden die Seiten
leer geschaufelt.«
    Er hatte einen irren Blick. Ja, für dich und deine Texte werden
Flüsse umgeleitet und Staumauern niedergerissen, Berge versetzt und ganze
Städte gesprengt, dachte Jo.
    »Kommen Sie«, sagte sie und schickte noch einen Blick vor die
Absperrung, wo Mister TE VAU nun
seine Anmoderation probte. Gesprächsfetzen hallten herüber: Fememord im
Hexenkessel. Spätestens jetzt war der Alptraum Wirklichkeit geworden.
    Jo verlud den Investigator in ihr eigenes Auto, und sein fassungsloser
Blick entschädigte sie doch kurzzeitig für den schmachvollen Tag. Er war nahe
dran, wieder auszusteigen. Nachdem der TÜV sie und ihren kleinen Allrad-Justy endgültig geschieden hatte, hatte Jo ein
neues, oder besser, ein gebrauchtes Auto gekauft. Einen wahnsinnig günstigen
Toyota Landcruiser, ein Schnäppchen sozusagen, weil ein Pferdehänger mit dabei
gewesen war. Der Pferdehänger war fast ungebraucht, der Toyota allerdings etwas
gebrauchter. Als der Investigator einsteigen wollte, hatte er erst mal den
Türgriff in der Hand. Jo lächelte entschuldigend und trat von innen kräftig
gegen die Beifahrertür. Was sie bei dieser sportlichen Aktion nicht bedacht
hatte, war das Dirndl. »Plöng«, der Reißverschluss am Rücken war gesprengt! Nun
ja, die Fastenzeit hatte gerade erst begonnen.
    Ihr Beifahrer klemmte unbequem auf dem Sitz, nachdem Jo hektisch
zwei Jacken in den rückwärtigen Teil des Autos gelegt hatte. Nun musste er nur
noch die Füße um einige leere Dosen Flying Horse, ein Paar Bergschuhe und
einige Zeitungen falten. Er saß auf der Kante, angespannt wie bei der ersten
Tanzstunde. Aber die Suche nach dem Gurt schien ihn dermaßen abzulenken, dass
er schwieg.
    Am Bergstätter Hof in Knottenried angekommen, sprang der
Investigator ohne ein »Danke« aus dem Auto und rannte zur Rezeption, die um die
Zeit nicht besetzt war. Er fuhr eine Bedienung an, sofort seinen Schüssel zu
holen, schrie in ähnlicher Tonlage in sein Handy und herrschte noch jemand
Bedauernswerten am anderen Ende der Leitung an.
    Jo folgte. Sie hatte den Trachtenjanker eng über die Brust gezogen,
weil das Dirndl keinen rechten Halt mehr bot. Sie sah sich um. Die Bar war
verwaist.
    Die Jetzt-schaffen-Sie-augenblicklich-den-Schlüssel-her-Adressatin,
stand noch da und deutete Jos verwunderten Blick richtig. »Die sind alle mit
Ihrer Assistentin und der Chefin in der Küche. Sie hat einen spontanen Chef’s
Table anberaumt. Morgen ist hier doch eine Hochzeit, und Ihre Journalisten
dürfen schon mal vorkosten, dem Koch in die Töpfe gucken und über Allgäuer Küche
plaudern.«
    Jo hätte das Mädel und die Chefin küssen können! Danke für den
Aufschub! Sie hinterließ an der Rezeption eine Nachricht für Patti und
verbrachte sich vorsichtig ins Auto. Petrus hatte die Düse an seinem
Sprühregen-Dosierer jetzt auf punktuelle ekstatische Ausbrüche umgestellt, in
den Pausen blieb es trocken. Langsam fuhr sie Richtung Alpsee und bog dann nach
Luitharz ab. Sie fummelte an der Heizung herum, auf einmal war ihr so kalt.
Aber das eiskalte Gefühl im Rücken rührte nicht nur vom unzureichend
geschlossenen Dirndl her. Es war eine Kälte, die tief aus der Seele kam. Jo
starrte in die schwarze Nacht und hatte auf einmal Angst vor dem, was kommen
würde. In Akams war kein Fenster erleuchtet, es war gespenstisch.
    Nachdem sie die Tür ihres Hauses in Göhlenbühl geöffnet hatte, im
dunklen Gang über ihre Skistiefel gestolpert war und dann in die Küche getreten
war, starrte sie in drei Augenpaare. Grüne Kulleraugen, gelbe Pumaaugen wie mit
Kajal umrahmt und bernsteinfarbene schräge Asiatenaugen. Zu den Augen gehörten
drei Katzen, akkurat nebeneinander auf dem Tisch aufgereiht, zwei schwarzweiße
Langhaarplüschtiere hatten eine kurzhaarige Tigerin in die Mitte genommen. Frau
Mümmelmaier, Fräulein Einstein, Herr Moebius, von links nach rechts betrachtet.
Jo versuchte es gar nicht erst mit einer fröhlichen Begrüßung. Diese drei waren
sauer. Den Grund erfasste Jo mit einem weiteren Blick: Sie hatte vergessen, die
Katzenklappe zu entriegeln. Und nachdem die drei vergeblich nach Amnesty
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