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Weinstrassenmarathon

Weinstrassenmarathon

Titel: Weinstrassenmarathon
Autoren: Markus Guthmann
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Kupplung auf die gleiche Art, legte einen Stein aufs Gaspedal, denn die Sicherheitsvorkehrungen des Hightech-Systems verlangten einen Bediener in der Kabine. Er sprang heraus, lief vorn um die Maschine herum, blieb mit seiner Jacke am Sicherungsbolzen des Frontgewichts hängen, und das PS -Monster drückte ihn als Riesensteckling unter die Erde. Der Traktor blieb achthundert Meter später in einem Wäldchen stecken, nachdem er wie ein großer Rasenmäher erst einmal alles abgeräumt hatte. Der Anwalt forderte nun die Wiederaufnahme, weil auch die Sache mit dem Polen ein Unfall gewesen sein könnte. Röder vertiefte sich in die spannende Lektüre. Sherlockmäßig! Er las weiter. Woyczynski wurde hauptsächlich deshalb verurteilt, weil seine Anwesenheit zur Tatzeit bewiesen war. Woyczynski sagte aus, dass der Landwirt nach dem Streit noch lebte, als er ihn verließ, seine Fußspuren waren überall zu finden. Es wurde ihm unterstellt, dass er den Stein auf dem Gaspedal platzierte, um den Verdacht von sich abzulenken, und ein Unglück vortäuschte. Der Anwalt, damals frisch aus dem Referendariat entlassen, wählte zur Verteidigung eine lächerliche Strategie, die es der Staatsanwaltschaft leicht machte. Der Kollege, ein erfahrener Haudegen, hatte schon andere Kaliber in den Knast katapultiert. Röder kannte das Gefühl, eine schmachvolle Niederlage in einen Sieg der Gerechtigkeit umwandeln zu müssen. So ein Stachel schmerzte noch nach Jahren.
    Das Telefon klingelte. »Wolltest du nicht schon längst zu Hause sein? Wir gehen doch heute Abend zu Hellinger, auf seine kulinarische Weinprobe! Hast du das vergessen?« Manu, seine Frau, sprach in einem ruhigen und liebevollen Ton, der ihm erst recht ein schlechtes Gewissen bescherte. Genau das hatte sie auch beabsichtigt. Motzen nutzte bei ihm nichts, da wurde er nur bockig. »Sorry, Schatz, ich habe hier einen dringenden Fall.« Nach verschiedenen Beteuerungen und gehauchten Küssen legte er auf. Er hatte tatsächlich die Zeit und die Verabredung vergessen. Kulinarische Weinprobe, und das bei Hellinger. Prima, das bedeutete mehr als nur eine Weinschorle. Eine Sekunde lang träumte er von einer leckeren Rieslingschorle im typischen Pfälzer Dubbeglas, doch dann kehrte er wieder zu seiner Akte zurück. Da war doch noch etwas. Etwas, das nicht in den Protokollen stand. Er griff erneut zum Hörer, wählte die vertraute Handynummer von Steiner, seinem Freund, dem Hauptkommissar. Das Verhältnis der beiden war zwar nicht immer ungetrübt, aber sie profitierten voneinander. Wenn sie sich nicht an der gleichen Sache festgebissen hatten, dann konnten sie sogar dicke Freunde sein. Zur Zeit war noch dicke Freundschaft angesagt. »Gerald? Ich bin’s, Ben. Kommst du auch zur kulinarischen Weinprobe?« Er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen. Nach einigen weiteren Floskeln kam Röder schließlich zur Sache.
    Â»Erinnerst du dich an den Mordfall Denecke?«
    Â»Den Winzer, dem sein polnischer Hilfsarbeiter zum Verhängnis wurde? Klar doch, das war ‘ne einfache Sache.«
    Â»Du, ich habe hier das Wiederaufnahmeverfahren liegen. Der Anwalt von damals will beweisen, dass es ein Unfall war.«
    Â»Das ist doch Quatsch. Aber ich sehe das locker. Der Anwalt war ‘ne echte Pfeife und überhaupt keine Hilfe für den Polacken.« Steiner bemerkte seinen Ausrutscher. »’tschuldige, aber einen verurteilten Mörder kann ich wohl so bezeichnen.« Er wechselte das Thema, und seine Schadenfreude drang durch die Leitung: »Der alte Virow hat den Grünschnabel ganz schön zerlegt.« Beide schnaubten anerkennend.
    Â»Sag mal, da war doch noch etwas anderes, irgendetwas mit einem Grab oder so? Ich finde dazu nichts in den Akten.«
    Â»Stimmt, aber das war wohl auch eine andere Geschichte. Zwei Tage, bevor der Winzer untergepflügt wurde, hat dieser bei Rodungsarbeiten ein altes Grab entdeckt. Er wollte den Fund zunächst nicht anzeigen, weil er Stress wegen seinem neuen Weinberg befürchtete. Irgendeinem Forscher aus dem Dorf hatte er sich dann doch offenbart, und beide gemeinsam wollten zur Denkmalsbehörde latschen. Aber dazu kam’s nicht mehr.«
    Röder hatte eine Eingebung. »War das ein wichtiger Fund?«
    Â»Darüber streiten sich die Experten bis heute.«
    Â»Wieso das?«
    Â»Es war ein keltisches Grab, noch dazu das einer hochgestellten
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