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Weinstrassenmarathon

Weinstrassenmarathon

Titel: Weinstrassenmarathon
Autoren: Markus Guthmann
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Zweitausendvierhundert Läufer standen am Start, im Schatten des Hauses der deutschen Weinstraße, im sonst so verschlafenen Weinort Bockenheim, an der Grenze zum Wonnegau. Eineinhalbtausend Sportler würden den Halbmarathon bestreiten, der Rest wollte sich über die hügelige Strecke nach Bad Dürkheim und zurück quälen. 42,2 Kilometer lang. Am Vortag hatten die beiden Freunde das Rahmenprogramm des Marathons mitgemacht. Zuerst besorgten sie sich ihre Startunterlagen, dann applaudierten sie den jungen Athleten des Minimarathons und lösten ihren Gutschein für die Nudelparty ein. Hellinger hatte sein drittes Bier getrunken, während Röder immer noch an seiner Cola nippte. »Du trinkst ja gar keine Schorle. Meinst du nicht, dass das zu viel Alkohol ist?«
    Â»Quatsch«, meinte Hellinger. »Es ist wichtig, dass wir uns einen Kohlehydratspeicher zulegen. Weinschorle ist da nicht das Richtige. Bier in Verbindung mit Nudeln schon.« Röder hatte sich überreden lassen, und mit dem Bierglas in der Hand schlenderten sie auf den Festplatz hinaus, wo das Ballonglühen stattfand. »Irgendwann lerne ich noch mal das Fliegen«, hatte Hellinger gesagt, als er mit verträumten Augen den aufsteigenden Heißluftballons nachschaute.
    Jetzt, kurz vor dem Start, hielt Röder schon wieder nach einem Busch Ausschau. »Du musst mindestens einen Liter Wasser in der Stunde vor dem Start trinken«, hatte ihm sein Coach und Motivator Hellinger geraten. Das hatte er nun davon. Schon zwei Mal hatte er die Rebstöcke hinter der alten Trockenmauer verätzt, da die aufgestellten Chemieklos hoffnungslos von anderen Läufern verstopft waren. Sein Puls war deutlich über hundert Schläge pro Minute, da brauchte er gar nicht erst zu laufen, um massenweise Kalorien zu verlieren. Hellinger schien das alles nicht zu beeindrucken. Locker plauderte er mit den Läufern um sich herum, und ab und zu blickten sie mit einem wissenden Lächeln zu Röder hinüber.
    Die Menge zählte die letzten Sekunden herunter. Startschuss! Langsam setzte sich der Tross in Bewegung, blockierte die Hauptstraße des alten Ortes. Das Getrampel der Läufer hallte in den engen Gassen wider. Fersengeld wurde mehr als einmal gezahlt, aber zum Glück gab es keinen Sturz in dieser kritischen Phase. Röder rannte mit seinem Freund los, froh, endlich die Anspannung des ewigen Vorbereitens und Wartens auf seinen ersten Marathon ablegen zu können.
    Sie rannten durch den Ort, mitten auf der Bundesstraße 271, der Deutschen Weinstraße. Mit vollem Tempo liefen die beiden Freunde den Berg nach Asselheim hinab, mit dem Resultat, dass sich Röder nach den ersten drei Kilometern schon voll ausgepowert fühlte. Am Ortseingang von Asselheim fragte er sich still, wie er die restlichen neununddreißig Kilometer bewältigen sollte, wenn er sich schon jetzt so kaputt fühlte. Hellinger blickte ihn von der Seite an.
    Â»Du bist viel zu schnell angegangen, jetzt schalten wir mal einen Gang zurück.«
    Sein Freund hatte recht, Röder erholte sich schnell wieder, und ereignislos ging es durch die Fußgängerzone in Grünstadt, wo sie das erste Mal etwas tranken, nachdem sie die total überlaufene Verpflegungsstation in Asselheim ausgelassen hatten. Dann verließen sie das verträumte Zentrum des Leiningerlandes, ließen den renommierten Weinort Sausenheim rechts liegen und liefen durch die Weinberge wieder auf die autofreie Obere Weinstraße Richtung Bad Dürkheim weiter, wo sich einige der schönsten Pfälzer Weinorte wie schimmernde Perlen entlang der Haardt aufreihten. Am Dorfgemeinschaftshaus in Kleinkarlbach betrieb der hiesige Turnverein 1888 Gut Heil einen Ausschank. Röder und Hellinger erkannten fast gleichzeitig einen ihrer alten Schulkollegen Wasmeier wieder, der Vorsitzender des Vereins und hauptberuflich Abteilungsleiter bei den Stadtwerken war. Auch wenn kaum Zeit blieb, die drei umarmten sich nach langem Wiedersehen, und Röder drückte ihm seine Baseballkappe und sein Halstuch in die Hände. Ihm war warm geworden, und er war froh, dass er das Zeug loswerden konnte. Hellinger trabte schon wieder davon, als Röder Wasmeier versprach, sich in den nächsten Wochen zu melden, um die Kleidungsstücke gegen einige Rieslingschorle einzutauschen.
    In Bobenheim kämpften sie gegen starke Windböen an, und Röder ärgerte sich schon, dass er
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