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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin
Autoren: Carolin Philipps
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Ich mach das jetzt seit vier Jahren ohne Unterbrechung. Irgendwann hörst du auf zu kämpfen. Dann ist dir alles egal. Dann muss dir alles egal sein, weil du es sonst nicht überlebst. Und ich will überleben, ich will leben! Ich verdien jeden Tag ein wenig Geld, das ich nicht abgeben muss. Und damit gönn ich mir zum Beispiel ein Frühstück mit einer guten Freundin.« Sie grinst Lara an. »Irgendwann miete ich so ein Schaufenster in einem der Häuser hier an der Straße.«
    »Damit die Männer dich von außen wie eine Ware ansehen können, bevor sie mit dir …? Sandra, du bist verrückt.«
    Sandra zuckt mit den Schultern und beißt erneut in ihren pannenkoek. »Das Leben, das wir jetzt führen, ist schlimmer. Wir machen die Arbeit, unsere Männer kassieren. Hast du jemals einen Cent davon gesehen?«
    Lara schüttelt den Kopf. »Es ist für die Schulden von Henk. Er …«
    Sandra fängt an zu lachen. »Schulden? Ha, das Märchen hat mir Pieter auch erzählt, da war ich zwölf und hatte großes Mitleid mit ihm. Schulden? Er macht sich davon ein schönes Leben. Glaub mir, Henk hat nicht mehr Schulden als du oder ich. Hat er nie gehabt. Genauso wenig wie Pieter.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Ich hab auch lange gebraucht, bis ich das kapiert habe. Die Frauen in den Fenstern behalten ihr Geld für sich. Sie müssen nur die Miete zahlen.«
    »Du willst dein ganzes Leben so was machen? Freiwillig?«
    »Was heißt schon freiwillig? Ich hab doch nichts anderes gelernt. Warum gehst du denn nicht zurück nach Hause?«
    Lara zögert ein wenig. »Es gibt da ein Video … mit Bildern von mir und … du weißt schon … Henk sagt, er schickt es meinen Eltern und stellt es auf Facebook, wenn ich gehe.«
    »Dieses Schwein! Ich hab dir gesagt, du sollst zu Hause bleiben!«
    »Aber er liebt mich doch! Er hat mir Pfirsichduschgel besorgt, damit ich mich wohlfühle«, versucht Lara Henk in Schutz zu nehmen.
    »Ach, hat er das? Wie großzügig von ihm! Und fühlst du dich jetzt wohl?« Sandra lacht, aber es ist ein trauriges, bitteres Lachen.
    Lara hält sich die Ohren zu. Sie will das nicht hören. Sie will einfach nur diese Frühstücksstunde mit Sandra genießen, eine Stunde Sonne, Wasser, Schokolade und pannenkoek, nur eine Stunde Glück, das dann für den ganzen Tag reichen muss.
    Aber Sandra fasst ihre Hände und zieht sie weg. »Du musst es hören, Lara. Damit du aufwachst. Warum hat er das wohl getan? Damit du für deine Kunden gut duftest und brav weitermachst. Mit Liebe hat das gar nichts zu tun. Es geht ums Geschäft, sonst nichts. Und wenn du das nicht sehen kannst und weiter von Liebe träumst, gehst du hier kaputt. Er liebt dich nicht, Punkt, aus!«
    Lara will das nicht hören.
    Sie weiß, dass er sie liebt. Sandra weiß nicht, dass es zwei Henks gibt. Es gibt auch diesen anderen Henk, der sie liebt und zärtlich zu ihr ist, auch wenn das in letzter Zeit seltener geworden ist. Vielleicht hat sie ihn verletzt mit ihrem Wunsch, nach Hause zurückzugehen. Vielleicht, wenn sie besonders nett zu ihm ist, niemals mehr weint, vielleicht wird es dann so wie am Anfang.

17
    Sandra hat Pieter überzeugt, dass sie keine neue Verschwörung mit Lara plant und er sie abends alleine lassen kann, wenn Lara zum Duschen in die Wohnung kommt und Sandra keine Kunden mehr bedienen muss. Auch Henk hat nichts mehr dagegen.
    »Wenn ihr irgendwelchen Mist baut, bring ich euch um!«, droht Pieter, bevor er sich am ersten Abend mit Henk davonmacht.
    Henk lacht. »Keine Sorge! Meine Lara weiß, wo die Grenze ist, nicht wahr, Prinzessin? Denk immer an diesen schönen Film, den ich von dir gemacht habe.«
    Lara nickt, sie hat die Drohung, die über seinen Worten schwebt, sehr wohl wahrgenommen.
    Sandra legt die Arme um Pieter und schmiegt sich an ihn. »Bis heute Nacht!«, sagt sie mit verführerischer Stimme. »Ich warte auf dich!«
    Lara schaut ihr mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu zu. Sie weiß, dass Sandra es nicht ehrlich meint.
    »Liebst du ihn noch?«, fragt sie, als die beiden Männer gegangen sind.
    Sandra lacht laut. »Nein! Ich habe ihn geliebt, aber das ist vorbei. Erinnerst du dich an den Abend, als ich kalt duschen musste, bis ich fast erfroren war?«
    Lara nickt. Wie könnte sie diesen Abend jemals vergessen! Aus der rotglühenden Brandwunde auf ihrem Handrücken ist zwar längst eine kleine weiße Narbe geworden, aber sie erinnert sie jeden Tag daran, was passieren kann, wenn sie die Regeln bricht.
    »An dem Abend ist
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