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Weihnachten mit Mama

Weihnachten mit Mama

Titel: Weihnachten mit Mama
Autoren: Alex Thanner
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Siebenschön Verlag war. Sie schlug sie nicht einmal für ein Vorwort unseres Prachtbildbands Die Welt der Elfen & Feen vor – immerhin mein Lieblingsbuch im Programm. Alle paar Wochen erhielt ich jedoch einen Hinweis von Mama, welcher Name unser Verlagsprogramm zieren könnte. Immer mit der dezenten Anmerkung, dass man auch etwas Literarischeres und Gehaltvolleres verlegen könne als dieses bonbonbunte Zeug, das ihr in den Augen wehtat. Ja, ich muss sagen, dass Mama sich insgeheim wohl etwas des Kitsches schämt, der ihren Namen trägt. Obwohl die Buchhändlerinnen ihn lieben. Für sie kommt der Name Siebenschön gleich nach Coppenrath mit dem Hasen Felix und der Prinzessin Lillifee. Und wann immer eine Buchhändlerin eine Eloge auf unseren Verlag anstimmt, wehrt Mama verschämt ab. »Aber, ich bitte Sie, diese Artikelchen …!« Doch in ihrer Stimme ist dann schon ein bisschen Stolz hörbar.
    Angesichts meines nicht ganz ernst zu nehmenden Berufs – irgendwo zwischen Narr und Nabob – kann mein Bruder Robert gut neben mir bestehen. »Wir sind beide Verleger«, stellt er uns auf Partys gerne vor, und wenn sich dann ehrfürchtige Andacht auf den Gesichtern abzeichnet, trompetet er hinterher: »Ich bin Bierverleger!« Aber seine Firma heißt nicht Dursty oder Schlürfi , sondern Siebenschöns Suff. Nein, das war jetzt ein Scherz. Robert ist der König der Getränkelieferanten im Chiemgau. Er hat sogar in Zusammenarbeit mit einer in seiner Nähe ansässigen kleinen Klosterbrauerei lange vor Bionade eine süffige Kräuterlimonade kreiert, die es in fünf Geschmacksrichtungen gab. Na, Sie kennen ja – wenn Sie südlich der Donau wohnen – diese charakteristischen tiefgrünen Flaschen mit der Einbuchtung, die ein bisschen so aussehen wie früher Afri Cola . Ich darf, weil Julie es so verfügt hat, nur die Light-Variante trinken.
    Trotz oder wegen seiner smarten Art ist Robert sehr viel geschäftstüchtiger als ich. Achtzig Angestellte, die Fahrer im Fuhrpark eingerechnet. In meinem Verlag sind wir zu acht. Nur, um mal die Größenverhältnisse anzudeuten!
    Und wie ich in den Verlag von Papa eingestiegen war, so hatte Robert die Firma seines Schwiegervaters übernommen und aus dem kleinen Getränkedienst mit zwei altersschwachen Bullis ein Imperium unter seinem Namen geschmiedet. Seine joviale, etwas dröhnende Art lässt ihn auf jedem Schützenfest in der näheren und weiteren Umgebung, das er beliefert, zum Paten der Schützenbrüder werden. Die Fußballstadien und Vereinshäuser, die Kioske und Ausflugslokale sind seine Welt, in der er sich bewegt wie Don Corleone durch Little Italy .
    Da es den ganzen Tag nicht richtig hell geworden war, fuhr ich mehr oder weniger durch trübe Landschaften, auf die immer mal wieder aus grauem Himmel Schnee fiel. Am frühen Nachmittag kam Holledau . Immer wenn ich dieses Schilds der gleichnamigen Autobahn-Raststätte ansichtig wurde, atmete ich auf. Nun war es nicht mehr weit. Holledau … was für ein hübscher Name. Wie ausgedacht. Könnte ein Pseudonym sein … Karl-Friedrich Holledau, das klingt doch nicht schlecht. Wie Professor Karl-Friedrich Boerne, den Jan Josef Liefers im Münsteraner Tatort so unnachahmlich spielt – natürlich verpassen wir aus purem Lokalpatriotismus keine einzige Folge. Nun würde es nicht mehr lange dauern, und die Allianz-Arena flitzte an mir vorüber, abends blau oder rot beleuchtet, je nachdem. Und dann fuhr man wenig später schon von der Autobahn ab und überließ sich einem der Fangarme, mit denen die Landeshauptstadt München einen in ihr Inneres zog. Leopoldstraße … Franz-Joseph-Straße … das waren nur wenige Minuten.
    Das Haus aus der Gründerzeit war hell erleuchtet wie ein Kaufhaus zur Weihnachtszeit. Aus beinahe jedem Fenster der sechs Etagen drang Licht nach draußen, heimeliges, festliches, strahlendes Licht. Der erste Stock, den meine Eltern bewohnten, war buchstäblich komplett durchgestrahlt. Wenn man so vor dem Haus stand, hatte man das Gefühl, da drinnen fänden Bälle statt. Aus einem offenen Fenster im dritten Stock drang sogar ein Strauß-Walzer nach draußen.
    Ich stand vor dem elterlichen Haus, rückte die Krawatte zurecht, lockerte dann doch den Hemdkragen, um mir Luft zu verschaffen. Straffte die Schultern. Reckte das Kinn. It’s showtime!
    Die Klingel war sehr schrill.

3
    Nun sei doch vernünftig!
    P apa klopfte mir zur Begrüßung nur anerkennend auf die Schulter und schaute verlegen zur Seite. Von nun an war Mama
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