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Wege des Herzens

Wege des Herzens

Titel: Wege des Herzens
Autoren: Maeve Binchy
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dem Schock bei einem Herzinfarkt wieder auf die Füße zu kommen und etwas aus ihrem Leben zu machen. Und um ganz offen zu sein – wenn es zur Abstimmung kommt, wäre mir dies das liebste Ergebnis, und dafür werde ich auch meine Stimme abgeben.«
    Sein Monolog hatte etwas sehr Würdevolles an sich.
    Frank Ennis war bitter enttäuscht. Sie würden das Grundstück wieder nicht loswerden, wie er an diesem Morgen noch so zuversichtlich gehofft hatte. Die Kardiologen hatten gewonnen. Es würden Monate vergehen, ehe man sich über die Kosten einig war, und weitere Monate, bis das Gebäude endlich stand und eingerichtet war. Man würde einen neuen Direktor berufen und neues Personal einstellen müssen. Frank stieß einen tiefen Seufzer aus. Warum besaßen diese Menschen nicht einen Funken Verstand? Sie hätten sich so viele Wünsche auf ihrer Liste erfüllen können, würden sie nur begreifen, wie diese Welt funktionierte. Stattdessen machten sie alles nur noch komplizierter.
    Irgendwie stand er den Rest der Besprechung durch und hakte dabei automatisch einen Tagesordnungspunkt nach dem nächsten ab. Dann kam es zur Abstimmung über die Nutzungsänderung des zu St. Brigid gehörenden Geländes, besser bekannt als das sogenannte frühere Depot. Wie zu erwarten, war man einstimmig der Ansicht, dass dort eine Tagesklinik für koronare Herzerkrankungen errichtet werden sollte.
    Frank schlug eine Machbarkeitsstudie vor, wurde aber prompt überstimmt. Keiner wollte etwas davon hören – sonst würde sie die Sache weitere sechs Jahre diskutieren. Beschlossen war beschlossen. Und machbar war es auch.
    Trotzdem würde eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werden müssen, sobald man sich über die Kosten geeinigt, Ausschreibungen diverser Bauunternehmen erhalten und mit der kardiologischen Abteilung die nötige Anzahl an neuen Mitarbeitern ausgehandelt hatte.
    Alle blätterten in ihren Terminkalendern, und man einigte sich auf ein Datum.
    Frank hatte einen Termin in sechs Monaten vorgeschlagen. Chester Kovac war jedoch der Meinung, dass ein paar Wochen genügen müssten, um die Angebote einzuholen. Die Baufirmen müssten doch wild auf Aufträge sein. Der Vertreter der Kardiologen bedankte sich im Namen seiner Kollegen von St. Brigid und kündigte an, dass sie ihre Forderungen rasch formulieren würden.
    »Forderungen!«, schnaubte Frank Ennis.
    »Und selbstverständlich muss der Posten des Direktors ausgeschrieben werden«, sagte die Nonne in Zivil.
    »O ja, in der Tat. Ich wage zu vermuten, dass hinter den Kulissen bereits einer darauf wartet, hier bald eine ruhige Kugel schieben zu dürfen«, murmelte Frank, noch immer verbittert wegen seiner Niederlage.
    »Einer oder
eine
«, fügte die Nonne mit fester Stimme hinzu.
    »Gott – an die Frauenquote habe ich natürlich nicht gedacht«, sagte Frank leise. Er war ein Mann, in dessen Leben Frauen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Im Golfclub reagierte er jedes Mal empört, wenn er wegen des Damentags warten musste. Zu heiraten hatte er ebenfalls vollkommen vergessen, was für alle Beteiligten jedoch wahrscheinlich das Beste gewesen war. »Er oder
sie
, selbstverständlich«, sagte er laut. »Tut mir leid, aber ich bin noch vom alten Schlag, Schwester.«
    »Das ist aber schlecht für Sie, Mr.Ennis«, erwiderte die Nonne in Zivil, während sie schwungvoll das Fenster öffnete, um ein weiteres Mal frische Luft ins Zimmer zu lassen.

[home]
    KAPITEL EINS
    E s sei nur ein kleines Budget vorhanden, um ihr neues Büro einrichten zu können, hatte man Clara Casey erklärt. Ein anstrengender Verwalter mit lauter Stimme, wirr abstehenden Haaren und irritierender Körpersprache hatte dabei auf den langweiligen, ungemütlichen Raum mit den grauen Wänden und den plumpen Aktenschränken aus Stahl gedeutet. Nicht unbedingt die Art von Büroraum, die eine Fachärztin nach Studium und dreißig Jahren Erfahrung im Gesundheitsbetrieb als Aufstieg empfinden würde. Aber es war nie klug, bereits am Anfang zu kritisch zu sein.
    Wie hieß der Mann noch gleich? »Tja, in der Tat … äh … Frank«, sagte sie. »Aber hieraus lässt sich sicher etwas machen.«
    Mit dieser Antwort hatte Frank nicht gerechnet. Die gutaussehende Brünette in dem schicken lila Strickkostüm, die auf die fünfzig zugehen mochte, lief in dem Zimmer auf und ab wie eine Löwin im Käfig.
    »Doch leider nur in einem gewissen Rahmen, Dr.Casey, vom Finanziellen her, fürchte ich. Aber hier ein neuer Anstrich
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