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Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
Autoren: David Weber
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Eis knirschte, als sie die Hände um den zerfetzten Parka ihres Bruders verkrampfte. Verrückt! Jetzt, am Ende, wurde sie noch verrückt!
    »Nein, kleines Menschenkind. Du wirst nicht verrückt.«
    Sie spürte, wie die eisige Luft ihr in die Nase stach, während die fremde Stimme ihr erneut etwas zuflüsterte. Sie war so sanft wie der Schnee, und ungleich kälter. Sie war kristallklar und beinahe schon zärtlich, und doch schwang darin eine ungestüme Wildheit mit, die ihre eigene fast noch übertraf. Die Frau versuchte, all ihre Kraft zusammenzunehmen, um sie zu vertreiben, doch in dieser fremden Stimme lag zu viel von ihr selbst, und so brach sie über ihrem toten Bruder zusammen, als mit ihrem Blut auch die letzte Kraft ihren Körper verließ.
    »Du liegst im Sterben«, flüsterte die Stimme, »und ich habe über den Tod mehr gelernt, als ich jemals für möglich gehalten hatte. Also sag mir - hast du das ernst gemeint? Würdest du wirklich alles für deine Rache geben?«
    Rau lachte die Frau, als der Wahnsinn so zu ihr sprach, und doch zögerte sie keinen Moment.
    »Alles!«, keuchte sie.
    »Bedenke das wohl, kleines Menschenkind. Ich kann dir geben, was du ersehnst - aber der Preis ... könntest du selbst sein. Bist du bereit, einen derart hohen Preis zu zahlen?«
    »Alles!« Sie hob den Kopf und schrie das Wort dem Wind entgegen, ihrer eigenen Trauer, ihrem Hass und diesem Flüstern ihres eigenen Wahnsinns, und eine sonderbare Stille legte sich kurz über ihren Verstand. Dann ...
    »Abgemacht«, rief die Stimme, und endlich hüllte die Finsternis sie ein.

Kapitel 2
    Stabsarzt Captain Okanami betrat sein winziges Büro; er erschauerte trotz der willkommenen Wärme in diesem Raum. Heulend strich der Wind um das Fertighaus, doch Okanamis Frösteln hatte nichts mit dieser Kälte zu tun, als er seinen Militär-Parka abstreifte und sich mit beiden Händen über das Gesicht rieb. Sämtliche bekannten Überlebenden der ursprünglich einundvierzigtausend Bewohner von Mathisons Welt befanden sich im Inneren dieses kleinen Gebäudes. Alle dreihundertundsechs.
    Er ließ sich in seinen Sessel sinken, dann blickte er auf seine frisch desinfizierten Hände hinab. Er wusste nicht, wie viele Autopsien er im Laufe seines Lebens schon durchgeführt hatte. Es waren unzählige, doch nur wenige davon waren so entsetzlich gewesen wie die, die er gerade in einem Raum erlebt hatte, der einst zum Capital Hospital gehörte. Nach Begriffen der Kernwelten war es schon kein sonderlich beachtliches Krankenhaus gewesen, bevor diese Piraten es geplündert hatten - deswegen befanden sich seine Patienten jetzt hier, nicht dort -, doch Okanami ging davon aus, den Toten sei es wohl egal.
    Erneut rieb er sich über das Gesicht und erschauerte, als seine Gedanken noch einmal zu den entsetzlich zugerichteten Leichen auf den Sektionstischen zurückkehrten. Warum? Warum in Gottes Namen tat irgendjemand so etwas?
    Die Mistkerle hatten einiges an Beutegut zurückgelassen, doch einen Großteil hatten sie sehr wohl abtransportieren können. Vielleicht hätten sie auch alles mitnehmen können, wenn man ihnen nicht die Zeit zugestanden hätte, sich auf der Welt auch noch etwas zu amüsieren - aber sie hatten nicht mit dem plötzlichen Eintreffen der Gryphon gerechnet. Daraufhin hatten sie überstürzt die Flucht angetreten, und die Gryphon war zu sehr damit beschäftigt gewesen, alle Überlebenden zu retten, sodass man eine Verfolgung nicht einmal in Erwägung gezogen hatte. Die Besatzung des Schiffes - gerade einmal sechzig Mann - war angesichts dieser Katastrophe völlig überfordert gewesen. Die wenigen Angehörigen des Sanitätspersonals hatten sich bis über die Grenze der völligen Erschöpfung hinaus verausgabt ... und nur zu viele der geschundenen, verstümmelten Opfer waren trotzdem gestorben. Ralph Okanami war Arzt, ein Heiler, und es erschreckte ihn zutiefst, zu bemerken, wie sehr er sich doch wünschte, etwas anderes zu sein, wann immer er an jene Ungeheuer dachte, die derartige Dinge taten.
    Erneut lauschte er dem Heulen des Windes, das man selbst noch hier, im Inneren des Gebäudes, deutlich hören konnte, und wieder lief ihm ein Schauer über den Rücken. Die Temperatur auf dem besiedelten Kontinent von Mathisons Welt war in der letzten Woche nie über fünfzehn Grad unter null gestiegen - und das Erste, was die Angreifer zerstört hatten, war die planetare Stromversorgung gewesen. So konnten sie völlig ungehindert angreifen - nicht, dass
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