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Weg der Träume

Weg der Träume

Titel: Weg der Träume
Autoren: Nicholas Sparks
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Natürlich kamen im Laufe des Tages ein paar Zigaretten zusammen, aber das war im Grunde kein richtiges Rauchen. Schließlich konsumierte er nicht etwa ein Päckchen Zigaretten pro Tag, und er rauchte auch nicht schon sein Leben lang. Erst nach Missys Tod hatte er damit angefangen und würde jederzeit wieder aufhören können. Aber wozu? Seine Lungen waren in Topform - erst letzte Woche hatte er einen Ladendieb verfolgt und den Jungen ohne Mühe eingeholt. Ein Raucher könnte das nicht.
    Ganz so leicht wie mit zweiundzwanzig war ihm die Sache natürlich nicht gefallen. Aber er war ja auch schon zehn Jahre älter, und selbst wenn der Umstand, zweiunddreißig zu sein, nicht bedeutete, dass er sich nach einem Platz im Altersheim umsehen musste, so war die Jugend doch vorbei. Und eins war nicht zu leugnen - im College hatten er und seine Freunde zeitweise den Abend erst um elf begonnen und waren dann gegen Morgen nach Hause gekommen. Seit ein paar Jahren jedoch war - abgesehen von den Nächten, in denen er Dienst hatte - elf Uhr für ihn spät, und auch wenn er nicht einschlafen konnte, ging er dann ins Bett. Miles hätte keinen Grund nenne n können, warum er aufbleiben sollte. Erschöpfung war für ihn zum Dauerzustand geworden. Selbst in den Nächten, in denen Jonah keine Albträume hatte - seit Missys Tod träumte er oft schlecht -, wachte Miles morgens auf und war… müde. Unkonzentriert. Schlapp, als müsse er sich unter Wasser vorwärts kämpfen. Die meiste Zeit gab er seinem hektischen Leben daran die Schuld, aber manchmal fragte er sich, ob nicht doch etwas Ernsthafteres dahinter steckte. Einmal hatte er gelesen, eines der Symptome einer klinischen Depression sei eine »auffällige Lethargie, ohne Grund oder Anlass«. Aber natürlich gab es einen Grund…
    Was ihm wirklich fehlte, waren ein paar ruhige Tage in einem Häuschen am Strand unten in Key West, wo er Steinbutt fischen oder sich mit einem kühlen Bier in einer sanft schaukelnden Hängematte entspannen konnte, ohne größere Entscheidungen treffen zu müssen als die, ob er Sandalen anziehen sollte oder nicht, wenn er mit einer netten Frau an seiner Seite am Strand spazieren ging.
    Das gehörte im Übrigen auch dazu. Einsamkeit. Er war es zu seinem eigenen Erstaunen plötzlich leid, allein zu sein, in einem leeren Bett aufzuwachen. Bis vor kurzem hatte er noch nicht so empfunden. Im ersten Jahr nach Missys Tod konnte sich Miles überhaupt nicht vorstellen, dass er je wieder eine Frau lieben würde. Es war, als existiere das Bedürfnis nach der Gesellschaft einer Frau nicht mehr, als seien Begehren und Lust lediglich theoretisch möglich, für seine reale Welt jedoch ohne Bedeutung. Selbst als Miles den Schock und den Kummer, die ihn jede Nacht zum Weinen gebracht hatten, zu verwinden begann, fühlte sich sein Leben irgendwie falsch an - als sei es vorübergehend aus der Bahn geraten, würde sich aber bald wieder zurechtrücken lassen, sodass es keinen Grund gab, sich über alles zu viele Gedanken zu machen.
    Viel hatte sich nach der Beerdigung tatsächlich nicht geändert. Rechnungen kamen immer noch, Jonah musste essen, das Gras musste gemäht werden. Miles hatte immer noch seinen Job. Einmal, nach zu vielen Gläsern Bier, hatte ihn Charlie, sein bester Freund und Vorgesetzter, gefragt, wie es sei, die Frau zu verlieren, und Miles hatte ihm erzählt, es käme ihm immer noch so vor, als sei Missy gar nicht für immer fort. Eher, als sei sie übers Wochenende mit einer Freundin weggefahren und er müsse so lange auf Jonah aufpassen.
    Die Zeit verging, und schließlich schwand auch die Benommenheit, an die Miles sich schon gewöhnt hatte. An ihre Stelle trat die Wirklichkeit. So sehr er versuchte, es zu verhindern - seine Gedanken wanderten immer zu Missy zurück. Alles erinnerte ihn an sie, besonders aber Jonah, der ihr, je älter er wurde, immer ähnlicher sah. Manchmal, wenn Miles in der Tür stehen blieb, nachdem er Jonah ins Bett gebracht hatte, erblickte er in den feinen Gesichtszügen seines Sohnes seine Frau, und er musste sich abwenden, damit Jonah seine Tränen nicht bemerkte. Doch das Bild blieb anschließend noch für Stunden vor seinem inneren Auge. Er hatte es geliebt, Missy im Schlaf zu betrachten, wenn ihre langen, braunen Haare sich über das Kopfkissen ausgebreitet hatten, ein Arm über dem Kopf lag, die Lippen leicht geöffnet waren und ihre Brust sich beim Atmen sanft hob und senkte. Und ihr Duft - den würde Miles nie vergessen. Am
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