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Weg der Träume

Weg der Träume

Titel: Weg der Träume
Autoren: Nicholas Sparks
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schwieg. »Nur manchmal verstehe ich eben nicht, was die da im Unterricht machen.«
    »Dazu gehst du ja zur Schule. Damit du etwas lernst.«
    »Ich weiß«, antwortete Jonah. »Aber sie ist nicht wie Mrs. Hayes im letzten Jahr. Die Aufgaben, die sie uns gibt, sind schwer! Manche schaffe ich einfach nicht.«
    Jonah wirkte jetzt ängstlich und verlegen. Miles legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass du Schwierigkeiten hast?«
    Jonah zögerte lange, bevor er eine Antwort gab.
    »Weil ich nicht wollte, dass du böse auf mich bist«, sagte er schließlich.
    Nach dem Frühstück vergewisserte Miles sich, dass Jonah alles eingepackt hatte, half ihm, den Rucksack aufzusetzen, und brachte ihn zur Tür. Jonah war nach dem Gespräch sehr still gewesen.
    Miles bückte sich zu ihm herunter und küsste ihn auf die Wange. »Mach dir keine Sorgen wegen heute Nachmittag. Es wird schon alles gut werden, okay?«
    »Okay«, murmelte Jonah.
    »Und vergiss nicht, dass ich dich abhole. Steig nicht in den Schulbus ein.«
    »Okay.«
    »Ich hab dich lieb, Chef.«
    »Ich hab dich auch lieb, Dad.«
    Miles sah seinem Sohn nach, wie er zur Bushaltestelle an der Straßenkreuzung trottete. Missy wäre über das, was heute früh passiert war, nicht so überrascht gewesen wie er. Missy hätte längst über Jonahs Schulprobleme Bescheid gewusst. Missy kümmerte sich um solche Sachen.
    Missy kümmerte sich um alles.

Kapitel 2
    Am Abend vor ihrem Gespräch mit Miles Ryan durchquerte Sarah Andrews den historischen Stadtkern von New Bern, fest entschossen, ein gleichmäßiges Tempo einzuhalten. Obwohl sie großen Wert auf regelmäßige sportliche Betätigung legte - sie war seit fünf Jahren eine eifrige Walkerin -, hatte sie seit ihrem Umzug Mühe damit. Immer, wenn sie durch die Stadt lief, entdeckte sie etwas Neues, das sie interessierte, etwas, vor dem sie staunend stehen blieb.
    New Bern, im Jahre 1710 gegründet, lag an den Ufern der Flüsse Neuse und Trent in North Carolina. Als Zweitälteste Stadt und frühere Hauptstadt des Bundesstaates beherbergte sie den Tryon Palace, den ehemaligen Sitz des Kolonialgouverneurs. Das Gebäude, das 1798 ein Feuer zerstört hatte, war 1954 mitsamt seinen südlich gelegenen herrlichen Gartenanlagen restauriert worden. In jedem Frühling blühten Tulpen und Azaleen, wohin man nur blickte, und im Herbst folgten die Chrysanthemen. Sarah ha tte bald nach ihrem Umzug an einer Führung teilgenommen. Obwohl damals gerade nichts blühte, hatte sich in ihr der Wunsch geregt, in der Nähe des Palace zu wohnen.
    So war sie in die Stadtmitte gezogen, in eine hübsche Wohnung in der Middle Street. Die Wohnung lag im zweiten Stockwerk und nur drei Häuser entfernt von der Apotheke, in der Caleb Bradham 1898 »Brad's Drink« verkaufte, den berühmten Vorgänger von Pepsi Cola. Um die Ecke lag die Episkopalkirche, ein ansehnliches, von hoch aufragenden Magnolien umgebenes Backsteingebäude, dessen Türen sich 1718 zum ersten Mal geöffnet hatten. Wenn Sarah ihre Wohnung verließ und laufen ging, passierte sie diese beiden Sehenswürdigkeiten, bevor sie die Front Street erreichte. Sie war von Herrenhäusern gesäumt, die ihre eleganten Fassaden zum Teil schon seit zweihundert Jahren zur Schau stellten.
    Was Sarah jedoch besonders beeindruckte, war die Tatsache, dass die meisten Häuser in den vergangenen fünfzig Jahren mit großer Sorgfalt restauriert worden waren. Anders als Williamsburg in Virginia, wo die Restaurierung aus Mitteln der Rockefeller Foundation bestritten worden war, hatte New Bern an seine Bürger appelliert, und zwar mit Erfolg. Der starke Zusammenhalt der Bürgerschaft hatte Sarahs Eltern vor vier Jahren hierher gelockt. Sie selbst hatte nichts über die Stadt gewusst, bevor sie im letzten Juni nach New Bern gezogen war.
    Während Sarah ihre Runde drehte, sann sie darüber nach, wie sehr sich New Bern von Baltimore in Maryland unterschied, wo sie aufgewachsen war und bis vor wenigen Monaten gelebt hatte. Baltimore war trotz seiner fesselnden Geschichte doch in erster Linie Großstadt, New Bern dagegen eine kleine Südstaatengemeinde, relativ isoliert und nicht besonders daran interessiert, mit dem immer rasanter werdenden Tempo der großen Welt Schritt zu halten. Hier winkten die Leute Sarah zu, wenn sie sie auf der Straße sahen, und jede Frage, die sie stellte, zog eine lange, gemächliche Antwort nach sich, gewürzt mit Anspielungen auf Menschen und Ereignisse, die ihr
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