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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas
Autoren: Ian Banks
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Das Raumfahrzeug hatte nicht einmal einen Namen. Es hatte keine
menschliche Besatzung, weil das Fabrikschiff, das es konstruiert
hatte, vor langer Zeit evakuiert worden war. Aus dem gleichen Grund
hatte es kein Lebenserhaltungssystem und keine Unterkünfte. Es
hatte keine Klassennummer und keine Flottenkennzeichnung, weil es ein
Flickwerk war, zusammengesetzt aus Teilen und Stücken
verschiedener Typen von Kriegsschiffen, und es hatte keinen Namen,
weil dem Fabrikschiff für solchen Firlefanz keine Zeit mehr
geblieben war.
    Die Werft schusterte das Schiff zusammen, so gut es ihr mit ihren
zusammengeschmolzenen Vorräten an Komponenten möglich war.
Allerdings war der größte Teil der Waffen-, Energie und
sensorischen Systeme entweder fehlerhaft oder veraltet oder reif zur
Überholung. Das Fabrikschiff wußte, seine eigene
Zerstörung war unvermeidlich, aber es bestand immerhin eine
Chance, daß die Geschwindigkeit und das Glück seiner
letzten Schöpfung für eine Flucht reichten.
    Die eine perfekte, unbezahlbare Komponente, die das Fabrikschiff
tatsächlich besaß, war das außerordentlich
mächtige – wenn auch noch unerfahrene und ungeübte
– elektronische Gehirn, um das herum es den Rest des Fahrzeugs
konstruierte. Wenn es das Gehirn in Sicherheit bringen konnte, dann
hatte das Fabrikschiff, wie es dachte, seine Sache gut gemacht.
Trotzdem gab es einen weiteren Grund – und das war der wirkliche
Grund –, warum die Werftmutter ihrem Kriegsschiff-Kind keinen
Namen gab. Sie meinte, ihm mangele es an noch etwas: an Hoffnung.
    Als das Raumfahrzeug die Konstruktionsbucht des Fabrikschiffes
verließ, war an seiner Ausstattung das meiste noch zu tun. Hart
beschleunigend, folgte es einem Kurs, der eine vierdimensionale
Spirale durch einen Blizzard aus Sternen zog, wo, wie es wußte,
überall Gefahren lauerten. Mit abgenutzten Maschinen aus einem
überholten Schiff der einen Klasse warf es sich in den
Hyperraum, sah mit kriegsgeschädigten Sensoren einer zweiten
seinen Geburtsort achtern verschwinden und testete veraltete
Waffeneinheiten, die von noch einer dritten Klasse ausgeschlachtet
waren. Innerhalb seiner Kriegsschiffhülle mühten sich in
engen, unbeleuchteten, ungeheizten, luftlosen Räumen
Konstruktionsroboter damit ab, Sensoren, Versetzer, Feldgeneratoren,
Schirmunterbrecher, Laserfelder, Plasmakammern,
Gefechtskopf-Magazine, Manövriereinheiten, Reparatursysteme und
die Tausende anderer größerer und kleinerer Komponenten zu
installieren oder zu vervollständigen, die ein Kriegsschiff erst
funktionsfähig machen. Während es durch die weiten, offenen
Räume zwischen den Sternensystemen fegte, änderte sich die
innere Struktur des Fahrzeugs nach und nach, und je weiter die
Konstruktionsroboter mit ihrer Arbeit voranschritten, desto weniger
chaotisch und desto normaler wurde es.
    Nach mehrmals zehn Stunden seiner ersten Reise, als es gerade
seinen Spurscanner testete, indem es ihn auf den zurückgelegten
Weg richtete, registrierte das Schiff eine einzige massive
Annihilierungsexplosion weit hinter sich, wo das Fabrikschiff gewesen
war. Es beobachtete eine Weile die aufblühende
Strahlungssphäre, dann schaltete es das Scannerfeld auf genau
voraus und jagte noch mehr Energie durch seine bereits
überlasteten Maschinen.
    Das Schiff tat alles, was es konnte, um eine Kampfhandlung zu
vermeiden. Es hielt sich ein gutes Stück von den Routen
entfernt, die feindliche Fahrzeuge wahrscheinlich benutzen
würden. Es behandelte jeden Hinweis auf irgendein Fahrzeug als
bestätigten feindlichen Sichtkontakt. Während es kreuz und
quer und hinauf und hinunter dahinzog, spiralte es gleichzeitig, so
schnell es konnte und so direkt, wie es das wagte, den Zweig des
galaktischen Arms hinunter, in dem es geboren worden war, immer Kurs
auf den großen Isthmus und den verhältnismäßig
leeren Raum jenseits davon haltend. Auf der anderen Seite, am Rande
des nächsten Zweiges, mochte es Sicherheit finden.
    Gerade als es diese erste Grenze erreichte, wo die Sterne wie eine
glitzernde Klippe vor der Leere aufragten, wurde es entdeckt.
    Eine Flotte feindlicher Fahrzeuge, deren Kurs zufällig dem
fliehenden Schiff nahe genug kam, entdeckte seine
ungleichmäßige, geräuschvolle Emissionssphäre
und fing es ab. Das Schiff lief genau in ihren Angriff und wurde
überwältigt. Seine Waffen fielen aus, und langsam und
verwundbar, wie es war, erkannte es beinahe auf der Stelle, daß
es keine Chance hatte, der gegnerischen Flotte
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