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Weg damit

Titel: Weg damit
Autoren: Rita Pohle
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ein ähnliches Bild: Schreibtische verschwinden unter Bergen von Papier, und nur der Bildschirm lugt noch hervor; die Aktenschränke stehen offen, die Ordner liegen kreuz und quer auf dem Fußboden, willkürlich verstreut neben leeren Verpackungskartons und Kisten. Bücher stapeln sich daneben. Auf den Regalen stehen neben Akten kleine Figuren und allerhand Schnickschnack. Das gesamte Ambiente erzeugt einen Eindruck von Unruhe, Chaos und Unprofessionalität.
    In Geschäften stolpert man über »Sonderposten«. Man kann eine Apotheke im vorderen Verkaufsraum nicht von einem Kaufhaus unterscheiden. Sonderposten in Schütten stehen überall herum und versperren den Weg zum Verkaufstresen. Vor einem Geschäft für hochwertige Einrichtungsartikel versperren Kisten mit Teppichbodenresten, das Stück für eine Mark, und vor der Boutique mit italienischer Mode Kartons mit alten Kleiderbügeln den Eingang.

    Gerümpel, wohin man kommt! Überall liegt es herum, ständig stolpert man darüber. Man trifft auf »Ballast« unterschiedlichster Art: Dazu zählen auch Ansammlungen von Papier und anderen Dingen oder die Unordnung an bestimmten Stellen von Räumen oder in den Ecken. Ballast ist auch alles, was keinen Platz hat oder weder aufgeräumt noch weggeworfen wurde. Manchmal ist es auch einfach nur »zu viel«.
Weniger ist oft mehr
    Angenommen, bei Ihnen in der Wohnung würde Feuer ausbrechen. Was würden Sie mitnehmen? Wonach würden Sie zuerst und instinktiv greifen? Würden Sie Ihren Ordner mit den wichtigen Dokumenten mitnehmen? Ihre Sparbücher? Ihre Diakästen? Oder vielleicht den Käfig mit dem Wellensittich, Ihre Schmuckschatulle oder Ihren Laptop?
    Was ist uns also wirklich wichtig? Es ist das Leben anderer und das eigene. Es sind Kinder und Haustiere, die man retten würde, vielleicht noch unersetzliche Erinnerungsstücke. Wichtig sind auch die Dinge, an denen man gerade arbeitet, wie das Buchmanuskript, die halbfertige Diplomarbeit. Alles andere dagegen - Kleidung, Möbel, ja selbst Dokumente - ist zu ersetzen beziehungsweise wiederzubeschaffen.
    Die meisten Dinge, die wir besitzen, sind nicht unmittelbar lebensnotwendig für uns, sie sind »Ballast«: etwas Statisches, Schweres, Unbewegliches. Ballast mag manchmal durchaus sinnvoll sein. So wird ein Heißluftballon durch den Ballast gefüllter Sandsäcke am Boden gehalten. Erst wenn man diese Säcke über Bord wirft, kann man abheben und über die Lande schweben. Welcher Ballast hält Sie am Boden und hängt Ihnen wie eine schwere Eisenkugel am Bein? Sodass Sie, wenn Sie ihn abwerfen, leicht werden, schweben und sogar abheben können!
    Uns können Besitztümer lähmen: Häuser, aus denen wir nicht ausziehen können, Möbel, mit denen wir nicht umziehen können; aber auch Menschen oder Partner, die wir nicht verlassen können, Kunden, die wir nicht loswerden, Bekannte, die uns nerven. Belastend sind auch die Jobs, die wir scheinbar brauchen,
oder Gedanken und Muster, von denen wir nicht loskommen. Doch das ist alles Ballast, den Sie sehr wohl loswerden können: Schon allein die Entscheidung, sich von bestimmten Dingen zu trennen, kann ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit erzeugen.
    Ich erinnere mich noch genau an dieses leichte Gefühl, das sich in meinem Körper ausbreitete, als ich vor ein paar Jahren den Gedanken hatte zu kündigen. Ich ging abends mit meinem Hund spazieren, und mir kam die Idee, meinen immerhin recht sicheren Job im öffentlichen Dienst aufzugeben. Es war, als fielen mir dabei Gewichte von meinen Schultern. Mein Kopf schien sich nach oben zu erheben, ich hatte das Gefühl, um einige Zentimeter zu wachsen. Ich fühlte mich viel leichter, irgendwie »beflügelt«. Nach einem meiner Seminare stand für eine Teilnehmerin fest, dass sie ihren Betriebsratsposten aufgeben würde. Sie fühlte sich beschwingt und frei und setzte diesen Entschluss am darauf folgenden Montag sofort in die Praxis um. Bereut hat sie ihn bis heute nicht.
    Was wir besitzen, entpuppt sich oft als Last, die wir selbst tragen und mit uns herumschleppen müssen - allerspätestens dann, wenn wir umziehen. Dann müssen wir all diese Dinge bewegen. Die Gegenstände, die wir brauchen, packen wir in Kartons und Kisten. Aber die Umzugskartons werden auch mit dem Zeug gefüllt, auf das wir eigentlich verzichten könnten. Weil die meisten dieser Dinge jedoch zu schade zum Wegwerfen sind, ziehen wir mit ihnen um, nur um sie in der neuen Wohnung wieder in Schränken verschwinden zu
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