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Watermind

Watermind

Titel: Watermind
Autoren: M.M. Buckner
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mannigfaltig und eklektisch. Die Wissenschaftler wären über Jahre damit beschäftigt, die Daten auszuwerten. Aber Roman verstand die Motivation des Kolloids. Wenn sein Feind überlebte, würde er mit den Menschen um Rohstoffe konkurrieren und die Herrschaft über die Erde anstreben. Es konnte kein Gespräch geben. Keine Musik. Keinen vernünftigen Gedankenaustausch. Es würde nur Krieg geben.
    Hier an diesem Ort, in diesem nordamerikanischen Fluss, hatte das Kolloid ihm eine Niederlage zugefügt. Damit hatte er sich immer noch nicht abgefunden. Das böse Wort – Versagen – wartete wie ein Stachel im Hintergrund seines Geistes. Sein Verstand konzentrierte sich bereits um dieses Wort herum und versuchte, ihn vom Schmerz abzuschotten. Später war noch genug Zeit, sich neu zu formieren, neue Geldmittel aufzutreiben, eine Meeresexpedition zu planen. Roman würde nicht aufgeben.
    Vorläufig richtete sich seine ganze Aufmerksamkeit auf Reillys rote Jacke. Dämliche querida . So intelligent und doch so leichtsinnig. Zum ersten Mal wollte er ihre Launen wirklich verstehen. Während der Pritschenwagen weiterholperte, erhaschte er flüchtige Blicke auf den Kreolen. Ihren Freund.
    Das Aluminium-Sumpfboot blitzte im Sonnenlicht, als es durch die ungehemmte Flut wirbelte. Roman kämpfte mit dem Lenkrad, um die beiden nicht aus den Augen zu verlieren. Der Laster mühte sich einen verfilzten Hügel hinauf, als die Sonne seine Windschutzscheibe traf und ihn blendete. Er öffnete die Tür und stellte sich auf das Trittbrett. In diesem Moment sah er, wie das Sumpfboot mit einem Holzpflock vom Wehr zusammenstieß.
    »Reilly!« Er schlug die Tür zu und drückte das Gaspedal durch. War das Boot gekentert? Er konnte es nicht sehen. Der Laster kämpfte sich durch ein Dickicht aus abgebrochenen Schösslingen, und er rechnete nach. Einhundert Meter bis zum Kanalufer. Ein fünfzehn Meter langes Abschleppseil. Die Strömung, die sich mit fünfzig Kubikmetern pro Sekunde bewegte. Er bearbeitete das Gaspedal.
    »Schwimm, du blödes Mädchen!«
    Vor ihm fiel der Boden zu einem tiefen Schlammloch ab, und er musste einen Umweg fahren. Bäume versperrten ihm die Sicht. Er wich einem flüchtenden Hirsch aus, und er dachte an ihr Haar, wie albern es ausgesehen hatte, als es ihr wie Hühnerfedern vom Kopf abgestanden hatte. Sein Atem ging in ein singendes Gebet über.
    » Gallinita , schwimm!«

110
    Sonntag, 20. März, 14.53 Uhr
    Hoch oben umkreiste Hal Butler die Trümmer. Wo sich der Überlaufkanal in den Lake Pontchartrain ergoss, hatte sich ein riesiger Haufen aus Müll und Schlamm angesammelt – Baumstämme, Wehrpflöcke, Kühltaschen. Hal sah auch Leichen. »Da«, befahl er seinem Piloten, tiefer zu gehen.
    Als sie sich dem Boden näherten, damit Hal Bilder machen konnte, bemerkte er, dass sich zwei der vermeintlichen Leichen rührten. Fasziniert zoomte er das Bild heran, während die beiden Menschen zusammenkamen und sich umarmten. Überlebende. Eine ergreifende Szene. Hal wusste sofort, dass sie Pulitzer-Qualitäten hatte.
    Dann erkannte er CJ Reilly. Die Tussi, die sich geweigert hatte, ihm ein Interview zu geben. Er hatte sie seit Tagen durch diverse Kamerasucher beobachtet. Er hatte fast das Gefühl, sie zu kennen. Als sie die Beine um den dunkelhäutigen Mann neben ihr schlang, spielte Hals Finger mit der Aufzeichnungstaste. Doch als sie sich küssten und aneinanderklammerten, zögerte er.
    Irgendwo tief im Rudiment seines Herzens erkannte Hal Butler einen persönlichen Moment. Damit überraschte er sich selbst. Er ließ sich diese Aufnahme entgehen. Mit verwirrtem Stirnrunzeln erklärte er dem Piloten, dass es hier nichts zu sehen gab. »Wir brauchen Schlachtfelder«, sagte er. Dann schwirrten sie den Kanal hinauf und hielten Ausschau nach der Farbe Rot.
    Tief unter ihnen, halb im Matsch begraben, lag CJ an Max' Seite. Ihre Hände schmerzten, nachdem sie sich so lange am Leitwerk des Sumpfboots festgehalten hatte, und sie starrte zum Mond hinauf. Im dunstigen Tageslicht schimmerte er wie ein Dirne.
    »Alles klar mit dir?«, fragte er.
    Sie wackelte mit den Zehen. »Ja. Und du?«
    »Ich glaube schon.«
    Sie legte sich den Arm über das Gesicht. Nach der Tortur war sie völlig fertig. Sie verspürte den vagen Drang, ein anderes Boot zu suchen und dem Watermind bis zum See zu folgen, aber sie konnte sich nicht mehr von der Stelle rühren. Der warme Schlick umhüllte sie, und trübes Wasser leckte an ihrer Haut. Es war kein Geräusch
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