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Wasser-Speier

Wasser-Speier

Titel: Wasser-Speier
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Gegenstand hervor. Er wirkte sehr unscheinbar nach all den phänomenalen Auftritten, die er ihnen bisher geliefert hatte.
    Hiatus nahm das Geschirr auf und trug es zu dem Philter. Ein kurzes Zischen, und hastig riß er die Finger fort – der Philter hatte ihn verbrannt! Deshalb nahm Überraschung ihm das Geschirr mit der freien Hand ab und legte es über den Philter, worauf die Ri e men ihn umschlangen und sich von selbst festzurrten. »Ooh«, machte Hanna mit schmerzerfüllter Miene.
    Dann baute Gary sich vor dem angeschirrten Philter auf. Er nahm den Tiegel mit der Zaubermischung und schraubte ihn auf.
    Hanna sah ihn wütend an. »Wenn du diese Mischung über ihn ausschüttest, vernichte ich dich«, sagte sie heftig, und aus ihren Augen schossen gefährlich glitzernde Strahlen.
    Gary war eingeschüchtert. Dann aber gemahnte er sich, daß die ganze Sache nur ein Bluff sein konnte. Er schraubte weiter an dem Deckel.
    Hanna verwandelte sich in einen Basilisken. Sie machte einen Satz auf Gary zu, um ihn zu zwingen, ihr ins Auge zu blicken. G a ry befiel das nackte Entsetzen. Er wußte nicht, ob dieser unheilvo l le Blick ihn in seiner Menschengestalt versteinern lassen würde, was jeder Zukunft mit Gayle ein Ende gesetzt hätte. Dennoch zwang er seinen zitternden Arm, das Pulver über den angeschirrten Philter zu schütten.
    Hanna erschien aufs neue in ihrer üblichen Verkleidung als Me n schenfrau. »Schau dir das hier mal an!« rief sie und hob den Rock.
    Doch dagegen hatte Gary sich inzwischen gestählt. »Fil«, sagte er.
    »Nicht!« schrie Hanna. Offensichtlich litt sie Höllenqualen.
    »Eingabe«, fuhr Gary fort.
    »Du vernichtest mich!« sagte Hanna und wirkte völlig niederg e schlagen.
    »Schnittstelle«, sagte Gary und fühlte sich schuldig, obwohl er doch genau wußte, daß sie nur eine Illusion war, dazu erschaffen, ihm zu gefallen.
    »Ich flehe dich an!« rief sie. »Du kannst alles haben, was du willst! Reichtümer, Macht, schöne Frauen…«
    Schon wollte Gary schnaubend erwidern, daß er ein Wasserspe i er sei, der nichts dergleichen benötigte. Dann aber wurde ihm klar, daß es nur eine weitere Falle war: Er durfte nichts anderes sagen als die Worte der Zauberformel, sonst war die Beschwörung g e scheitert, und es war durchaus möglich, daß die Formel sich nie mehr wiederholen ließ. Der Philter war immer noch raffiniert und durchtrieben.
    »Rekompilieren«, schloß Gary.
    Hanna löste sich in Rauch auf, wobei sie einen herzzerreißenden, verzweifelten Schrei ausstieß. Die ganze Szene verschwand plöt z lich in einem furchtbaren Blitz. Dann erschien ein Abbild der Dunkelheit, von nadelkopfgroßen Lichtpunkten durchbohrt. Einer davon dehnte sich zu einer großen, gleißenden Kugel aus; daneben entstand eine kleinere, dunkle Kugel, auf der eine Landkarte von Xanth mit einer Krone darauf zu erkennen war. Es war das Min e ralreich, wie Gary erkannte. Die Karte ließ einen Baum sprießen, der ebenfalls eine Krone trug und Bäume gleicher Art hervo r brachte, die schließlich ganz Xanth bedeckten. Dies war das Pfla n zenreich. Nun tauchte ein Tier auf. Es schien sich aus allen and e ren Tieren zusammenzusetzen und trug eine Krone; aus diesem Wesen bildeten sich viele verschiedene Arten weiterer Tiere, we l che die Lücken zwischen den Bäumen füllten. Dies war das Tie r reich. Endlich erschienen Menschen auf der Bildfläche und bauten ihre Dörfer, sorgten für die Entstehungen von Mischformen, bis die steinerne Stadt Scharnier entstand, aus der zwei unsichtbare Schleier entsprangen: draußen die Schnittstelle und im Innern die Grenze des Wahnsinns – und das war es auch schon!
    Die Szenen verblaßten. Die sechs Gefährten standen nun zw i schen den Ruinen auf einem Teich; um sie herum war nichts als Ödland. Ihre Vision des Wahnsinns war verschwunden. Dennoch fühlte Gary sich dadurch nicht etwa beschwingt. Der Philter war ein wildgewordener Dämon gewesen, selbstsüchtig und manchmal auch gefährlich. Aber er hatte ihnen einen beachtlichen Kampf geliefert und sie dabei beinahe besiegt. Er hatte ihnen einen wic h tigen Ausschnitt der phänomenalen Geschichte Xanths gezeigt. Hanna und Desi – waren sie wirklich nur geistlose Phantasiepr o dukte gewesen? Nun waren sämtliche Illusionen des Philters ve r schwunden. Gary wünschte sich, es hätte anders kommen können.
    »Leg ihn zurück in die Nische, und laßt uns nach Hause zurüc k kehren«, meinte Mentia. »Wir sind hier fertig.«
    Gayle
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