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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun
Autoren: Sanbine Czerny
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föderalistisch zu organisieren, sondern bundesweit. So darf es durchaus bundesweit auf der Basis einer fundierten Menschenkunde Rahmenrichtlinien geben, die zur Orientierung dienen, was Kinder in welchem Alter erfahren und gelernt haben sollten. Diese Vorgaben würden beschreiben, welches konkrete Allgemeinwissen Kinder tatsächlich erworben haben und welche konkreten Kompetenzen sie beherrschen sollten. Der Zeitrahmen muss dabei jedoch weit
gesteckt werden — zu unterschiedlich verlaufen die Lernphasen bei Kindern. Zum anderen sollten die Richtlinien großzügig die Inhalte vorschlagen, mit denen Kinder sich in der Schule beschäftigt und in denen sie Erfahrungen gemacht haben sollen, ohne dass sie anschließend Faktenwissen oder erworbene Fähigkeiten nachweisen müssen. Vieles, ja fast das meiste, prägt und bereichert allein durch das Erleben die Persönlichkeit des Kindes. Neben diesen inhaltlichen Empfehlungen muss es genügend Raum für entgrenztes und individuelles Lehren und Lernen geben. Es gibt kein für alle gültiges Konzept zur individuellen Förderung — wenn es ein übergeordnetes Konzept gäbe, wäre es nicht individuell. Optimal angepasste Unterstützungsmaßnahmen und individuelle Lösungen können nur vor Ort von den Beteiligten gefunden werden, die Rahmenrichtlinien können lediglich den notwendigen Raum dafür geben.
    Was sich sofort ändern muss
    Unbedingt und unabhängig von anderweitigen Veränderungen muss zwingend und sofort die derzeitige Leistungsbeurteilung anders gestaltet werden. Die Kinder müssen größere Zeiträume bis zu den Leistungsnachweisen erhalten: Es würden schon weit mehr Kinder als jetzt erfolgreich abschneiden, wenn man sie nicht im Vierwochenrhythmus prüfen würde, sondern wenn für die Lerninhalte des Jahres auch das ganze Schuljahr zur Verfügung stünde — weitaus besser wären noch größere Zeiträume, gerade für die Kinder aus nichtprivilegierten Familien oder mit Migrationshintergrund. Zudem ist es unabdingbar, die unsägliche Relativität und Intransparenz der Notengebung abzuschaffen. Es muss klare Vorgaben geben, was genau ein Kind in einer Prüfung können muss. Erfüllt ein Kind die so definierten Anforderungen, muss ihm das auch mit der entsprechenden Bewertung bescheinigt werden: mit einer Eins also, wenn man in Noten sprechen möchte. Dies entspricht im Prinzip den früheren Lernzielkontrollen. Lehrer könnten so wieder die Erwartungshaltung haben, dass alle Kinder die Lernziele erreichen und die ihnen anvertrauten Kinder dementsprechend motivieren und individuell fördern. Wir wären
überrascht, wie viele Kinder bei dieser angemessenen und fairen Art der Leistungskontrolle hervorragende Ergebnisse erzielten und wie die Motivation aller Kinder ebenso wie das Niveau schlagartig steigen würde.

Epilog
    â€¦ dass die sogenannte Ohnmacht
des einzelnen eine Illusion ist.
Vielleicht ist es die gefährlichste Illusion,
die ein Mensch überhaupt haben kann.
    Joseph Weizenbaum
    Â 
    Â 
    Â 
    â€žIch lass mein Kind nicht mehr quälen!“ — das könnte zum verzweifelten, entschlossenen Ruf von Millionen Eltern werden, die erkannt haben, wie unverantwortlich dieses System mit unseren Kindern umgeht. Schule heute erstickt die Kinder, sie haben immer weniger Zeit und Freiraum, ihre Persönlichkeit auszubilden. Ganz im Gegenteil bedingt Schule heutzutage sogar, dass Kinder immer weniger Selbstgefühl, sondern häufig ein negatives Selbstbild entwickeln, immer weniger Sozialkompetenzen erwerben, ja, die ursprünglich vorhandenen sogar verlieren. Schule nimmt Kindern ihr natürliches Interesse an den Dingen und die Freude am Lernen. Zunehmend entwickelt sich unsere Schule dahin, dass sie das Recht auf freie, gesunde Entwicklung, individuelle Persönlichkeitsentfaltung, Identität sowie seelische und geistige Unversehrtheit einschränkt oder gar völlig verhindert. Ref. 6
    Eine Mutter drückte im Gespräch mit mir einmal ihre Ohnmacht diesem System gegenüber so aus: „Es ist, als wenn wir unsere Kinder auf die Schlachtbank schicken müssen, wohl wissend, dass ein Großteil geschlachtet wird und die meisten anderen gebrochen und lädiert wieder daraus entlassen werden. “ Statt miteinander zum Wohle des Kindes zu arbeiten, werden Eltern, Kinder und Lehrer nicht selten zu Gegnern, die
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