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Was mit Hass begann

Titel: Was mit Hass begann
Autoren: Jude Deveraux
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Freundschaft »Wiederaufleben lassen« könnten.
    Leider muß ich zugeben, daß mir das alles etwas zu Kopfe stieg. Ich bildete mir ein, daß mich Frauen wie Ruth jetzt, da ich erfolgreich und wohlhabend geworden war, als gleichberechtigt ansähen. Ich war ja kein bedeutendes Ding aus einer Kleinstadt mehr. Jetzt war ich Jemand.
    Wieder einmal hatte ich Ruth unterschätzt. Oder soll ich sagen: Ich habe sie überschätzt? Denn sobald ich in Colorado eintraf, wurde mir klar, warum sie mich eingeladen hatte. Sie wollte nur Eindruck bei ihrem Boß schinden. Nach der Rückkehr in ihr New Yorker Büro würde sie ihm berichten, auf ihre Einladung habe auch ihre liebe, gute langjährige Freundin, die Bestseller-Autorin Cale Anderson, an der Tour teilgenommen.
    Um das herauszufinden, war keine Detektivarbeit nötig. Als ich auf dem Flugplatz außerhalb eines Ortes namens Chandler, Colorado, aus der winzigen spielzeugähnlichen Maschine mit dem Gummiband um den Propeller stieg, rannte Ruth mir über das Rollfeld entgegen und umarmte mich stürmisch. Na, fabelhaft. Zwei verdächtig feste Brüste bohrten sich in mein Gesicht, ein Seidenschal geriet mir in den Mund, und mein sorgfältig aufgelegtes Make-up wurde restlos verschmiert. Hinter Ruth näherten sich zwei Frauen, die sie mit bewundernden Blicken ansahen. Genau wie damals im College.
    »Cale«, sagte Ruth, »das sind Maggie und Winnie.«
    Dann erfuhr ich, wer die beiden waren. Die Dicke blinzelte mir zu, und die kleine Dünne sah so aus, als würde sie mir bei nächster Gelegenheit einen Vortrag über den Heilwert von Kräutern halten.
    Ich begrüßte sie lächelnd und überlegte schon, ob ich kehrtmachen und zum Flugzeug zurückrennen sollte. Doch der Pilot hatte sein Gummiband schon wieder gespannt, und die Maschine tuckerte über das Rollfeld davon. Es gab zwei Flugzeughallen. Bei einer war das Tor geschlossen. In der anderen stand - ich schwöre bei Gott, daß das wahr ist - ein Doppeldecker aus dem Ersten Weltkrieg. Dann schaute ich wieder zu Ruth. Vielleicht waren sie und ihre beiden Satelliten doch nicht so übel.
    Aber dann sagte Ruth mit einem Lächeln über die Schulter zu mir: »Cale, meine Liebe, sei ein Schatz und nimm meinen blauen Koffer, ja? Er ist mir einfach zu schwer.«
    Wie kommt es, daß ich bei Vertragsverhandlungen über mehrere Millionen Dollar am Ende immer bekomme, was ich haben will - daß ich über Frauen schreiben kann, die mutig ihren Mann stehen - doch einer Frau wie Ruth gegenüber ganz klein werde, ihren verdammten Koffer nehme und für sie trage? Ist es, weil meine Mutter mich nicht geliebt hat? Ach, zum Teufel, meine Mutter hat sich meiner ja immer nur erinnert, wenn die Toilette mal wieder gereinigt werden mußte. Eigentlich müßte ich also für Frauen eher eine Verachtung empfinden. Doch im Gegenteil, ich tue fast alles, um ihre Zuneigung zu erringen.
    Innerlich von gesunder Wut erfüllt, schleppte ich also außer meinen drei Koffern auch noch Ruths verflixten
    Koffer und folgte ihren beiden Adlaten, die sich ebenfalls mit Ruths Koffern beladen hatten, während Ihre Königliche Hoheit vor uns Gott wer weiß wohin schwebte. Wir waren die Fußsoldaten und sie der General, der den Sturmangriff anführt.
    Es war ein Privatflugplatz, auf dem es keinen netten, behaglichen Aufenthaltsraum gab. Als wir den Rand des Rollfelds erreicht hatten, blieb Ruth stehen und deutete uns mit einer lässigen Handbewegung an, daß wir die Koffer absetzen dürften.
    Oh, tausend Dank, edle Herrin, dachte ich, ließ ihren mittelteuren Koffer fallen und setzte mich drauf.
    Ihre beiden Hündchen sahen ehrfürchtig zu ihr auf. Meines Wissens hatte Ruth nie eine Verehrerin gehabt, die so groß oder gar größer war als sie. Sie nahm sich gern Kleine und Dicke. »Jemand sollte uns hier abholen«, sagte sie. Dabei blickte sie mit gerunzelter Stirn über das Rollfeld. Niemand in Sicht. Daß jemand Ruth warten ließ, war, glaube ich, noch nicht oft vorgekommen.
    Über die Tour hatte sie mir sehr wenig mitgeteilt. Ihre Erläuterungen waren, gelinde gesagt, höchst vage ausgefallen. Aber bei dem Telefonat hatte sie mir ja auch ausführlich erzählt, wie sehr ihr mein Buch Das Ende eines Football-Fanclubs gefallen habe. Es war wirklich einer meiner besten Romane. Eine High-School-Schülerin hat es satt, sich jeden Freitagnachmittag im Stadion einfinden zu müssen, um dort eine Horde schwergewichtiger Kerle anzufeuern, die einen eiförmigen Ball rumtreten. Jedesmal
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