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Was macht mein Kind im Netz

Was macht mein Kind im Netz

Titel: Was macht mein Kind im Netz
Autoren: Barbara Kettl-Roemer
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in ganz offensichtlichen Fällen – oder ob sich die Strafverfolgung lohnt. Aufgabe der Polizei ist es, Anzeigen aufzunehmen und zu ermitteln. Manchmal kommt man sogar erst aufgrund lauter Bagatelldelikte einem Serientäter auf die Spur.
    Wie groß sind denn die „Erfolgsaussichten“, wenn Eltern eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Cyber-Mobbings an ihrem Kind erstatten?
    Das kommt darauf an, ob der Täter bekannt ist. Oft weiß man ja, wer dahintersteckt oder hat eine plausible Vermutung. Man kann den Absender von beleidigenden Inhalten heute auch über die Internetplattformen ermitteln, wenn er keine Anonymisierungssoftware nutzt.
    Kann der Täter dann im Gefängnis landen?
    Bis zum 21. Geburtstag wird normalerweise das Jugendstrafrecht angewendet. Bei diesem steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund, was bedeutet, dass es für einen erstmals auffällig gewordenen Jugendlichen eine Ermahnung durch den Richter gibt und vielleicht noch ein paar Stunden gemeinnützige Arbeit verordnet werden oder ein Anti-Aggressionstraining.
    Das wirkt für Eltern eines schwer drangsalierten und eingeschüchterten Kindes aber sehr milde.
    Ja, da sind manche schon enttäuscht. Aber Strafe und Abschreckung sind eben keine Ziele im Jugendstrafrecht, sondern die Erziehung. Das wirkt meiner Erfahrung nach auch ganz gut, und solche Probleme lassen sich meiner Meinung nach auch nicht durch Strafen, sondern nur pädagogisch lösen.
    Wenn Sie einen Jugendlichen gleich ins Gefängnis stecken, ist die Gefahr viel größer, dass er trotzig reagiert und sich von den Intensivtätern, mit denen er dort in Kontakt kommt, zu einer weiteren kriminellen Karriere verleiten lässt. Außerdem können Sie neben dem Strafantrag ja auch zivilrechtlich gegen den Täter vorgehen.
    Was bedeutet das?
    Nehmen wir als Beispiel den Fall mit dem Film „Das Tier“, den Sie mir geschildert haben. Strafrechtlich handelt es sich hier um eine schwere Beleidigung. Zivilrechtlich können die Eltern des Mädchens den Täter auf Unterlassung und auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld verklagen.
    „Unterlassung“ heißt, dass er den Film von der Plattform löschen muss und ihn unter Androhung einer Geldstrafe nicht mehr verbreiten darf. „Schadensersatz“ bezieht sich immer auf einen materiellen Schaden. Wenn das Mädchen beispielsweise psychologische Betreuung benötigt hat, müsste der Täter die Kosten dafür ersetzen. „Schmerzensgeld“ gibt es für den immateriellen Schaden, also für das durch den Film entstandene Leid des Opfers.
    Wie hoch kann das Schmerzensgeld ausfallen?
    Naja, wir sind hier nicht in Amerika, wo solche Zahlungen gleich in Millionenhöhe anfallen. Meistens werden es zwischen 2.000 und 5.000 Euro sein, je nach dem Umfang und dem Wirkungsgrad der Tat. Im bekannten Fall der Lisa Loch, die von Stefan Raab im Fernsehen verunglimpft worden war, was natürlich eine enorme Breitenwirkung hatte, waren es sogar 70.000 Euro. Das war aber eine Ausnahme.
    Müssen bei einem Minderjährigen die Eltern das Schmerzensgeld zahlen?
    Nein. Manche Eltern können das auch gar nicht, weil sie selbst von Hartz IV leben. Dann muss man eben warten, bis der Täter volljährig ist und ein eigenes Einkommen hat. Es kann natürlich passieren, dass er nie selbst Geld verdient und das Opfer deswegen das Schmerzensgeld nie erhält.
    Und was ist, wenn das Opfer sich mit gleichen Mitteln wehrt? Zum Beispiel die Schülerin, die das Penis-Foto erhielt und mit Angabe des Absenders auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte?
    Das ist ein ähnlicher Fall, wie er gerade im Zusammenhang mit der Sportlerin Ariane Friedrich diskutiert wird, die einen Stalker auf ihrer Facebook-Seite bloßgestellt hat. Es gibt Juristen, die meinen, das sei legitim, weil sie ja eine wahre Tatsache verbreitet hat. Ich sehe das nicht so, und die meisten Kollegen auch nicht. Das ist eine Form von Selbstjustiz, die in einem Rechtsstaat nicht akzeptabel ist.
    Wie sieht also der Fall aus rechtlicher Sicht aus?
    Das Senden des Intimfotos ist ohne Einverständnis des Mädchens erfolgt und stellt daher eine Beleidigung auf sexueller Ebene und vielleicht auch eine Belästigung mit pornografischem Material dar. Man muss aber dazu sagen, dass nicht jedes Nacktfoto gleich Pornografie ist, auch nicht, wenn ein Penis darauf zu sehen ist.
    Durch das Outing bei Facebook hat das Mädchen wiederum das Recht des Jungen am eigenen Bild und an der Wahrung seiner Intimsphäre verletzt. Nur weil er zuvor etwas Blödes
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