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Was ist mit unseren Jungs los

Was ist mit unseren Jungs los

Titel: Was ist mit unseren Jungs los
Autoren: Allan Guggenbuehl
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provozieren. Man sprayt mit der trotzigen Hoffnung, dass sich ihnen jemand entgegenstellt, empört ist und ihr Verhalten als Fehler bezeichnet. Die Jugendlichen wollen wissen, ob die Erwachsenen reagieren und ihrem Treiben Einhalt gebieten. Wenn nach einer gewissen Zeit keine Gegenreaktion kommt und die Erwachsenen keine Präsenz zeigen, droht der Raum zu verwahrlosen oder von jugendlichen Banden beherrscht zu werden, wie man es von South Chicago oder den Banlieus von Paris kennt.

6.
Geraten die Schulen außer Kontrolle?
    Gewaltprävention und Mobbing
    Ein Schüler liegt wehrlos am Boden und wimmert. Zwei Jungen schlagen brutal auf ihn ein. Wenn von Gewalt in der Schule die Rede ist, steigen in uns Bilder von Jungen auf, die rücksichtslos aufeinander losgehen und ein armes Opfer traktieren. Bei Politikern, Eltern und oft sogar der Polizei ist der Eindruck entstanden, die Schule habe sich zu einer Kriegszone entwickelt. Man befürchtet Banden, Erpressungen oder sogar Amokläufe. Die Schüler sind im Auge zu behalten und außergewöhnliche Verhaltensweisen müssen der Schulleitung berichtet werden. Die Vorstellung ist verbreitet, dass in Schulen die Pausenplätze, Gänge und Toiletten unsicher sind und friedliche Schüler um ihre Sicherheit bangen müssen. Forderungen werden aufgestellt: Killerspiele verbieten, Videokameras aufstellen, Polizeipatrouillen organisieren und harte Strafen bei Vergehen aussprechen. In der Vorstellung vieler Erwachsenen werden die Schulen von Horden wüster Jugendlicher regiert, die nichts anderes im Sinn haben als loszuschlagen. Auf Buchumschlägen und in Zeitungen werden dann auch immer wieder Bilder von schlagenden Jungen gezeigt, wenn von Gewalt in der Schule die Rede ist.
    Dieses Bild spiegelt weder die Realität der Schule noch der Jugend wider. Es handelt sich um ein Klischee, das der öffentliche Diskurs verbreitet. Vor allem, wenn eine Gesellschaft mit nicht viel Gewalt oder Unruhen konfrontiert wird, braucht es Themen, über die man sich aufregen kann. Auf diese Weise erlebt man sich als Gemeinschaft und kann eigene Aggressionen, Frustrationen und Hoffnungen bündeln. 65 Die Themenwandeln sich und geben nicht immer die Realität wieder. In der überwiegenden Mehrzahl der Hauptschulen, Sekundarschulen, Berufsschulen oder Gymnasien gehört offene Gewalt nicht zum Alltag. Sicher: Die jungen Frauen und Männer sind frech, provokativ, raubauzig und nicht immer kooperativ. Vor allem während der Pubertät sind die Schüler und Schülerinnen oft unzugänglich und unhöflich, doch nur ein kleiner Teil der Jugendlichen wird gewalttätig. 66 Das Verhalten der Jugendlichen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von jenem der Erwachsenen. Wie wir Erwachsenen können sie liebenswürdig und nett oder aber aggressiv und sogar bösartig sein. Jede Altersgruppe wählt die ihrer Lebensphase und -situation entsprechende Aggressionsform. Ältere Menschen sind sozial integrierter als Jugendliche. Sie müssen sich in einer Arbeit beweisen, tragen als Familienvater oder Mutter Verantwortung und haben sich eine Reputation erworben. Sie bewegen sich nicht mehr in einem gesellschaftlich-sozialen Zwischenraum, wie die Jugendlichen, sondern betrachten sich als Teil eines sozialen Kreises, einer Firma und eines Berufsstandes. Sie haben sich eine Identität und eine gesellschaftliche Stellung aufgebaut, die es zu schützen gilt. Aggressionen werden darum seltener über Boxkämpfe oder offene Verbalattacken ausgetragen, sondern man bedient sich zivilisierter Methoden: Man schaltet einen Anwalt ein, startet eine Intrige oder klagt. 67 Man ist mit den Codes, die der eigene soziale Kreis oder die Gesellschaft für Aggressionen zur Verfügung stellt, vertraut und muss darum nicht auf archaische Methoden zurückgreifen. Jugendliche sind ihrem Alter entsprechend wilder, lauter und bewegungsfreudiger als Erwachsene. Ihre Aggressionen drücken sie direkter aus und scheuen weniger vor körperlicher Auseinandersetzung zurück. Junge Männer neigen überall auf der Welt dazu, Meinungsverschiedenheiten über Raufereien auszutragen und ihre Affekte direkt auszudrücken. Dies heißt jedoch nicht, dass ihre Hemmungsmechanismen nicht funktionieren.Auch der junge Mensch hat eine Moral. Die überwiegende Mehrzahl der jungen Menschen ist auch gewillt, die Codes und Werte ihrer Umgebung zu respektieren. Wenn Jugendliche frech, laut und lärmig sind, sind sie darum nicht immer gleich auch potentielle Gewalttäter. Vielfach
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