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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse
Autoren: Franziska Moll
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den Affen mit den rosa Ohren in den Arm.
    Ihre Schultern beben. Sie weint wieder.
    Â»Lass mich«, sagt sie.
    Â»Schlaf etwas, Mama«, sage ich und schließe die Tür.
    Ich stehe im Flur. Das Licht ist nicht an. Ich taste nach dem Schalter, finde ihn nicht, obwohl er da sein muss, wo er immer ist. Vor mir ist die Tür zum Bad. Ich öffne sie. Hier finde ich den Schalter sofort. Ich setze mich auf den Rand der Badewanne. Es ist schwer, die Jeans von den nassen Beinen zu bekommen. Sie klebt an mir wie eine zweite Haut.
    Â»Scheiß Teil.«
    Meine Stimme hört sich nach Badezimmer an. Die Kacheln werfen sie zurück und lassen sie blechern klingen. Ich stecke die Hose zu den anderen Sachen in die Waschmaschine und stelle sie an. Ich ziehe ein Shirt an, das über der Wäscheleine hängt. Es ist weiß. Vorne drauf sind Palmen gedruckt. Sunshine Beach.
    Ich gehe in die Küche. Hier steht das Geschirr vom Frühstück. Drei Teller und Tassen. Nur ein Gedeck ist benutzt. Wir hatten keine Zeit zum Frühstücken.
    Wir.
    Ich habe mir einen Apfel genommen. Rico hat in das Brötchen meiner Mutter gebissen. »Hm, Nutella. Du bist die Beste, Sabrina.« Er hat einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse genommen. Ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt.
    Sie hat gelacht. Wie sie nur bei ihm lacht. »Du Frechdachs«, hat sie gesagt und ihm in die Rippen geboxt.
    Er hat sich zusammengekrümmt, losgeheult, ist auf dem Boden zusammengebrochen. »Mutter tötet Freund der Tochter«, hat er gerufen und meine Mutter hat sich verschluckt vor Lachen.
    Ich habe ihr auf den Rücken geklopft. »Los jetzt, wir müssen gehen«, habe ich gesagt und Rico hochgezogen. »Spielverderber«, hat sie gesagt.
    Ich räume zwei Teller und zwei Tassen in den Schrank, stelle das Gedeck meiner Mutter in die Spüle, lasse Wasser darüberlaufen, gebe Spülmittel auf den Schwamm, wische Nutella und Kaffeereste weg, trockne ab. Lösche das Licht. Ich gehe in mein Zimmer. Bleibe an der Tür stehen. In der Mitte des Bettes ist eine Kuhle.
    .Wirst du dich nächstes Mal wieder genau da genauso hinlegen?
    .Wieso?
    .Sag einfach Ja. Merk dir, wie du jetzt liegst, und mach es exakt so, okay?
    .Okay!
    Später. Er wird es später machen. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt an.
    Bald.
    Bald liegt er in dieser Kuhle und ich neben ihm. Zwei Löffel, die viel zu müde sind, um sich zu rühren.
    Aber vorher habe ich viel zu tun. Ich muss alles finden. Musik, die er mag. Texte, die ihm gefallen. Geräusche, die ihm bekannt vorkommen.
    Ich fahre den Laptop hoch und fange an zu suchen. Das Mädchen lacht mir nach wenigen Mausklicken entgehen.
    * * *
    Weißt du noch, wie dieses kleine Mädchen uns anstrahlte? Immer wenn wir unseren Blicken nicht mehr standhalten konnten, wenn wir uns an etwas festhalten mussten, weil wir uns noch nicht aneinander festhalten konnten, schauten wir zu ihr. Gleißend weiße Zähne in einem kaffeefarbenen Gesicht. Sie lachte voller Freude in deine Kamera und nun für uns.
    Â»Das Foto ist mein Lieblingsfoto von dieser Reise«, sagtest du.
    Und ich: »Sie scheint glücklich zu sein. Dein Vater hat sie glücklich gemacht mit der OP.«
    Da schwoll deine Brust an und du verkündetest voller Theatralik: »Ja, wir können so was, wir Arizimänner. Glücklichmacher sind wir.«
    Es war ein Witz. Aber ich dachte: Wenn das nicht wahr ist, was dann?
    Wir ließen es den ganzen Abend weiter lachen, das kleine Mädchen. Während wir das dritte Bier bestellten. Und auch noch, als Afrika schon weit weg, wir dafür sehr nah beieinander waren.
    Wir saßen auf dem Sofa. Dem einzigen im Café. Du erzähltest mir später, dass du dafür ein anderes Pärchen mit Cocktails bestochen hattest. Es war ganz leicht, in den ausgesessenen Polstern zusammenzurutschen. Die Couch sog uns in ihre Mitte. Oberschenkel an Oberschenkel, Schulter an Schulter. All meine mühsam sortierten Zellen pappten wieder zusammen. Ich war zu schwer, um Abstand zu wahren. Ich war zu schwach, um nicht an, nicht in, nicht um dich herum zu sinken.
    Du hieltest so an dich, mir nicht alles gleich zu sagen. Alles auf einmal. Ohne Filter. Dass du an mich dachtest, jeden Tag. Dass du dich nach mir sehntest, wie zuvor nach niemandem. Dass Afrika viel zu weit weg war, von mir. Du hieltst an dich, um mich nicht zu erschrecken. Zu ver schrecken. Du wusstest schon, wie ich
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