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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse
Autoren: Franziska Moll
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Sonderurlaub.«
    Â»Wieso das denn?«
    Â»Weil sein Vater die Schule sponsert. Ricos Eltern sind ziemlich reich.« Susanne zog die Augenbrauen hoch. »Findest du den also doch gut?«
    Â»Ich weiß nicht.« Ich wusste es nicht.
    Â»Dann finde es mal raus. Er ist nächste Woche wieder da. Ist irgendwo in Afrika. Eine wohltätige Sache. Sein Vater ist Megachefarzt von so einer Schönheitsklinik. Und er hat in Afrika entstellte Kinder zusammengeflickt. Rico durfte das dokumentieren. Als Schulprojekt. Na ja, das war der offizielle Grund für den Sonderurlaub. Du kannst ihn also ein bisschen ausfragen, wenn er zurückkommt.«
    Ausfragen über Afrika, das war eine gute Idee, fand ich. So hätte ich dir später immer noch sagen können, dass es nur die geflickten Kinder waren, die mich interessiert haben. Nicht du.
    * * *
    Â»Verdammte Scheiße!«, brüllt er und springt vom Fahrersitz des Lkws. Er ist nicht alt. Mit Schnauzer. Mit Tattoo auf dem Oberarm. Er rennt an mir vorbei. Bleibt stehen. Stöhnt. »Verdammte Scheiße! Nein. Nein. Nein.«
    Doch.
    Er kniet sich hin. Steht auf. Dreht sich halb. Verharrt. Zieht ein Handy aus der Tasche. Wählt.
    Â»Komm schon. Komm schon. Hallo? Ein Krankenwagen in die …!« Er dreht sich um. Sucht etwas.
    Â»Nussbaumweg.« Das ist meine Stimme.
    Â»Nussbaumweg … Ein Junge.«
    Mein Junge.
    Â»Ich weiß nicht. Er rührt sich nicht.«
    Schläft.
    Das Handy verschwindet in der Tasche. Er dreht sich zu mir. »Ich hab ihn nicht gesehen. Er ging in die andere Richtung und dann plötzlich … Kannst du das bezeugen? Hast du das gesehen?«
    Ja.
    Â»Ich hatte keine Chance.«
    Keine Chance.
    Â»Wieso ist er auch …«
    Er wollte an meinen Po.
    Â»Verdammte Scheiße. Ich bin nicht schuld. Ich …«
    Ich.
    Â»Du hast das doch gesehen.«
    Â»Ja.«
    Â»Und jetzt? Was machen wir denn jetzt?«
    Wir.
    Ich gehe. Links vor. Rechts vor. Es geht. Ich gehe.
    So sieht das jetzt aus.
    Â»Stabile Seitenlage? Oh Mann. Wie funktioniert das noch mal.«
    Â»Nein, nicht anfassen.«
    Schläft doch.
    Â»Ja, richtig, viel zu gefährlich. Nachher machen wir noch mehr kaputt als … Verdammte Scheiße!«
    Kaputt.
    Aber gar kein Blut.
    Wird alles wieder gut.
    Heile, heile Gänschen.
    Die Katze hat ein Schwänzchen. Mausespeck.
    Weg.
    Â»Rico.«
    Â»Was? Du kennst den?«
    Â»Rico.« Ich beuge mich zu ihm hinunter, halte meine Wange an seine Nase.
    Â»Rico. Alles klar. Okay. Rico wird wieder. Der wird wieder.«
    Wird wieder.
    Â»Pass auf. Der Krankenwagen kommt gleich.«
    Atmet nicht.
    Schläft doch.
    Atmet nicht.
    Schläft doch.
    Atmet aber nicht.
    Â»Atmet nicht.«
    Er bückt sich. »Oh, nein, nein. Bitte nicht. Nein, das nicht.«
    Nicht.
    Â»Was ist passiert?« Noch eine Stimme. »Soll ich den …«
    Â»Schon unterwegs. Er kam aus dem Nichts. Er ist mir einfach vor die Kühlerhaube gerannt. Ich konnte gar nichts …«
    Â»Ist er …? Oh Gott!«
    Schläft nur.
    Verdammt, schläft nur!
    Â»Wieso dauert das so lange?«
    Lange.
    Lange.
    Lange.
    Â»Da. Ich hör was.«
    Â»Ich nicht.«
    Â»Doch, da, ein Martinshorn.«
    Â»Endlich.«
    Endlich.
    Er winkt.
    Das ist eine Schlange, die sich um einen Baum windet. Jetzt erkenne ich es. Vielleicht die Schlange aus dem Paradies. Er winkt wild, bis neben uns der Krankenwagen hält.
    Meine Mutter. Es ist meine Mutter. Ich erkenne ihren Gang. Sie hat Absätze an. Sie muss klingeln, wenn sie hier hereinwill. Oder ich öffne die Tür von innen.
    Ich öffne die Tür. Und setze mich sofort wieder hin. Die Sitzfläche ist noch warm.
    Â»Elena.« Sie kniet sich vor mich und ist ganz klein. Viel kleiner als ich. »Elena?«
    Â»Ja.«
    Sie streckt die Arme aus, schlingt sie um mich, vergräbt ihren Kopf in meinem Schoß. Ich lege die Hand auf ihren Kopf. Die Haare sind feucht. Sie hat geschwitzt.
    Â»Zieh die Jacke aus, Mama. Es ist zu warm.«
    Sie schaut auf und sieht mich verständnislos an. »Stehst du unter Schock?«
    Â»Nein. Deine Jacke ist zu warm. Du schwitzt.«
    Â»Das ist doch jetzt egal.«
    Â»Ja.«
    Sie lässt mich los, ächzt, als sie aufsteht.
    Â»Setz dich.«
    Sie setzt sich. Legt die Hände in den Schoß wie etwas, das nicht mehr zu gebrauchen ist. »Das ist so schrecklich«, sagt
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