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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H.
Autoren: Thomas Ziegler
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hoch.
    »Laurel und Hardy«, zischte er. »Diese Hurensöhne! Diese gottverdammten Bastarde!«
    Archimedes hob müde den Kopf. »Welche Freude!« sagte er ohne echte Überzeugungskraft. »Der große Markesch, der Schutzgeist dieser Müllhalde, die einst ein stolzes Café gewesen ist! Tritt ein und trinke einen Schluck mit mir, denn er wird der letzte sein, den du im Café Regenbogen genießen kannst. Wir sind im Arsch, Filos.«
    Markesch watete durch das Meer aus Scherben und hochprozentigem Alkohol, fischte aus den Trümmern einen dreibeinigen Stuhl und ließ sich an der Stelle nieder, an der einst sein Tisch gestanden hatte.
    Erschüttert sah er sich um. »Es ist grauenhaft!«
    »Es ist das Ende«, sagte der Grieche mit schwerer Zunge. »Ich habe mich schon immer gefragt, wie die Apokalypse aussehen mag. Jetzt weiß ich es. Und ich kann nicht behaupten, daß es mir gefällt.«
    »Wann ist es passiert?«
    »Irgendwann im Lauf der Nacht. Sie haben die Scheibe eingeschlagen und dann Atomkrieg gespielt. Mit Erfolg, wie du siehst. Die Nachbarn haben entweder nichts gehört oder den Sturm für den Krach verantwortlich gemacht. Erst heute morgen hat jemand das Desaster entdeckt und die Polizei alarmiert, und die hat mich aus dem Bett geholt. Malaka!« Er wackelte deprimiert mit dem Kopf. »Ich bin erledigt. Es wird Tage dauern, das Chaos zu beseitigen, und Abertausende kosten. Selbst wenn die Versicherung den Schaden übernimmt … Wer ersetzt mir den Umsatzverlust? Wie soll ich überleben? Was soll ich tun?«
    »Vor allem mußt du die Ruhe bewahren«, rief Markesch. »Okay, diese Bastarde haben uns den Krieg erklärt, also sollen sie ihren Krieg bekommen. Von jetzt an übernachte ich im Café, zusammen mit meiner Magnum, und dem nächsten, der ein Loch in die Fensterscheibe schlägt, blase ich das Gehirn aus dem Schädel. Bei Gott, mein schönes Büro!«
    »Ston diabolo, mein schönes Café!«
    »Außerdem werde ich mich in der kriminellen Szene umhören. Ich werde Laurel und Hardy und ihre Hintermänner aufspüren, durch den Fleischwolf drehen und dann portionsweise an die Polizei übergeben. Aber vorher werden sie für alles bezahlen. Kopf hoch, Archimedes, wir sind schon mit ganz anderen Sachen fertig geworden!«
    »Sie werden keine Ruhe geben«, meinte der Grieche pessimistisch. »Das war erst der Anfang. Das nächstemal kreuzt das Rollkommando auf, wenn das Café voller Gäste ist, und so was ist nicht gut fürs Geschäft. Wenn sich herumspricht, daß ein Besuch im Regenbogen auf der Intensivstation endet, gehen die Gäste zur Konkurrenz. Und wenn ich dann noch immer nicht bezahle, sprengen sie mich zusammen mit meinem Laden in die Luft, und das ist dann wirklich das Ende.«
    »Du bist jetzt viel zu deprimiert, um die Sache objektiv zu sehen«, sagte Markesch nachsichtig. »Warte ab – sobald Sophie die Trümmer weggeräumt und alles auf Hochglanz poliert hat, sieht die Welt ganz anders aus. Schöner, rosiger und vor allem sauberer. Mein Wort darauf!«
    Aber er fühlte sich bei weitem nicht so optimistisch wie er tat. Auch Archimedes schien nicht unbedingt neuen Mut zu schöpfen. Im Gegenteil. Seine bedrückte Miene verdüsterte sich noch mehr, und er sah an Markesch vorbei, als wäre hinter ihm ein Gespenst aufgetaucht.
    »Oh, oh«, murmelte er. »Dein Wort in allen Ehren, aber ich frage mich, wieviel dein Wort noch wert ist, nachdem dich Sophie mit dem Besen erschlagen hat. Das frage ich mich wirklich.«
    »Gar nichts ist sein Wort dann wert«, sagte eine vertraute, vor Empörung bebende Stimme in Markeschs Rücken. »Und selbst das ist noch übertrieben.« Ein Besenstiel bohrte sich in seine Nierengegend. »Wofür hältst du mich eigentlich? Für eine Trümmerfrau? Ich schlage vor, du greifst selbst zum Putzlappen und wischt diese Schweinerei auf. Besser, als auf dem Südfriedhof dahinzumodern, ist es allemal. Außerdem ist es eine großartige Gelegenheit, etwas aus deinem verpfuschten Leben zu machen, ehe es zu spät ist.«
    Markesch seufzte und entschied, daß es höchste Zeit für seinen Besuch im Restaurant Löwenzahn wurde. Er stand schwungvoll auf, tätschelte Sophie die zornesrote Wange und arbeitete sich durch die Scherben, Alkohollachen und Stuhlüberreste zur Tür vor.
    »Keine Angst«, rief er über die Schulter hinweg. »In Gedanken bin ich bei euch. Der Sieg ist unser. Im Ernst!«
    Dann war er draußen in der frischen, frostigen Luft, die nach dem schnapsgeschwängerten Dunst im verwüsteten Café
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