Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was der Nachtwind verspricht

Was der Nachtwind verspricht

Titel: Was der Nachtwind verspricht
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
starrköpfiger als du. Du würdest nur herumschreien und am Ende doch nachgeben, so wie immer.«
    Wieder schüttelte er den Kopf und schaute noch viel unglücklicher drein. Immer noch wich er ihrem Blick aus. Sein Gesicht war noch immer von einer tiefen Röte überzogen. Vor ihr stand ein Mann, dem man seine Schuld förmlich ansehen konnte.
    Mit banger Stimme wiederholte sie ihre Frage. »Was hast du getan?«
    Er ließ den Kopf so tief auf seine Brust sinken, dass sie seine Worte kaum verstehen konnte. »Ich habe meiner Tochter keine Wahl gelassen.«
    Sie machte eine abweisende Handbewegung. »Man hat immer eine Wahl ...«
    »Nicht, wenn es um die Familienehre geht. Das ist das einzige, was sie nicht ignorieren wird - zumindest, wenn sie denkt, dass es um die Familienehre geht.«
    »Was soll das heißen?«
    » Dass ich meine Ehre geopfert habe, meine Integrität, meine Prinzipien, Moral, Ehrlichkeit...«
    »Was hast du getan?«
    Anna erhob niemals ihre Stimme. Sie war der Inbegriff der Liebenswürdigkeit und Gelassenheit. Selbst wenn sie wütend war, vertrat sie ihren Standpunkt leise und ruhig und brachte so ihren Gegner dazu, sich wie ein unbeherrschtes Ungeheuer zu fühlen. Als sie ihn jetzt anschrie, suchte Konstantin ihren Blick - nicht, weil er überrascht war, sondern weil er Angst hatte. Er würde sie vielleicht verlieren, wenn sie erfuhr, wie tief er in seinem Bemühen gesunken war, seiner jüngsten Tochter das Glück und die Erfüllung zu geben, die ihre Schwestern gefunden hatten.
    Er sah so erbärmlich aus, so schuldbewusst und niedergeschlagen, dass Anna leise aufschrie und ihre Arme um seinen Nacken schlang. »Es kann nicht so furchtbar sein, wenn du es mir sagst«, flüsterte sie in sein Ohr, was kein leichtes Unterfangen war, da er mehr als einen Kopf größer war als sie. »Sag es mir.«
    »Ich habe eine Verlobung arrangiert.«
    »Eine Verlobung?«
    Diese Antwort hatte sie nicht erwartet. Die Anspannung ihres Körpers löste sich, sie beugte sich gerade so weit zurück, dass sie sein Gesicht sehen konnte.
    »Gott sei Dank«, sagte sie erleichtert. »Ich dachte schon, du hättest jemanden umgebracht.«
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Er sah immer noch erbärmlich aus, als er sie endlich anblickte. »Ich glaube, ich würde mich auch nicht anders fühlen, wenn ich jemanden umgebracht hätte«, gestand er ein.
    Annas Augen sprühten Funken. In diesem Augenblick hätte sie ihn schlagen können. So etwas wäre ihr nie im Leben eingefallen - bis jetzt. »Verdammt noch mal, Konstantin, jetzt sag mir, was los ist, bevor du mich völlig in den Wahnsinn treibst!«
    Er zuckte zusammen, da Anna ihn wieder angeschrien hatte. Es machte ihm nichts aus, wenn Alexandra ihn anschrie, ja, er erwartete es sogar und schrie jedes Mal in der gleichen Lautstärke zurück. Aber er konnte es nicht ertragen, wenn seine kleine Anna ihn anschrie. Und doch hatte er es verdient - und auch ihre Verachtung.
    Schließlich sagte er: »Ich habe Gräfin Maria Petroff einen Brief geschrieben.«
    Bei diesem Namen runzelte Anna nachdenklich die Stirn. »Warum kommt mir dieser Name so bekannt vor?«
    »Weil ich so oft über Simeon Petroff rede.«
    »Ah, dein guter Freund, der gestorben ist - wann war das, vor dreizehn oder vierzehn Jahren?«
    »Vierzehn.«
    Als er nicht weitersprach, runzelte sie wieder die Stirn, dieses Mal aus Verärgerung. Sie würde ihm wohl alles Stück für Stück aus der Nase ziehen müssen.
    »Maria ist dann also Simeons Frau, oder besser, seine Witwe. Was hat sie mit der Verlobung von Alex zu tun? Und wann hast du sie arrangiert?«
    »Letzte Woche.«
    Sie hatte gehofft, dass er sich, um ihre wachsende Verärgerung zu mildern, etwas gesprächiger zeigen würde. »Aber letzte Woche warst du doch hier«, sagte sie. »Und wir hatten keinen Besucher ...«
    »Die Verlobung besteht zwischen Alexandra und Simeons Sohn. Ich habe Maria daran erinnert und angedeutet, dass es jetzt wohl an der Zeit sei, ihren Sohn herzuschicken, damit er seine Braut abholt - aber nicht mit diesen Worten. Ich habe es sehr diplomatisch ausgedrückt, aber das Wesentliche habe ich doch geschrieben.«
    Anna konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben, da sie niemals zuvor von dieser Verlobung gehört hatte. »Warum hast du diese Verlobung denn nie erwähnt? Sie muss doch schon sehr lange bestehen und vor Simeons Tod beschlossen worden sein. Und warum haben wir dann Alex die ganzen Jahre über passende junge Männer vorgeführt -
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher