Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Was dein Herz verspricht

Titel: Was dein Herz verspricht
Autoren: Kat Martin
Vom Netzwerk:
Nicks Mundwinkel. Wenn er es darauf anlegte und nicht trank, war er Richard haushoch überlegen. Doch andererseits, wo war dann der Spaß bei der Sache?
    »Also gut, ich komme in einer Minute. Kannst du einem der Bediensteten sagen, er soll mir einen Gin bringen, bitte?« Er grinste. »Ich habe plötzlich einen ziemlichen Durst.«
    »Gin.« St. George verzog das Gesicht. »Wirklich unzivilisiert.« Er ging hinaus und murmelte dabei etwas über die
    Gefahren des blauen Ruins, jenes billigen Fusels, an den sich Nick in den Jahren seiner Deportation gewöhnt hatte.
    Nick war das egal. Er hatte schon lange aufgegeben, sich Sorgen darüber zu machen, was andere Leute über ihn dachten.
    Ein paar Minuten vergingen, und es klopfte leise. Theophilus Swann, sein erster Diener, erschien an der Tür. »Euer Gin, Mylord.« Gekleidet in die rotschwarze Livree von Ravenworth, blond und hellhäutig mit Ansatz zur Glatze, hob Theo eine Kristallkaraffe und ein Glas mit dickem Boden von einem Silbertablett und stellte sie auf den Schreibtisch. »Sonst noch was, Mylord?«
    »Danke, jetzt nicht, Theo.« Der Diener ging rückwärts hinaus, und Nick nahm einen tiefen Schluck von der kühlen, klaren Flüssigkeit, genoß das Brennen, das sich langsam durch seine Kehle abwärts ausbreitete und seinen Magen zu wärmen begann. Er schaute wieder aus dem Fenster und entdeckte sofort die schlanke Gestalt, die jetzt auf einer schmiedeeisernen Bank unter einer Weide am anderen Ende des Gartens saß.
    Zweifellos würde Elizabeth Woolcot die Stirn darüber runzeln, daß er trank. Er wußte, daß sie sein Verhalten nicht billigte. Das hatte er schon bei ihrer ersten Begegnung in ihrem Blick gesehen, und seither noch ein paarmal. Sein Mund wurde schmal. Er kippte den Gin in einem Schluck hinunter, hob den Stöpsel von der Karaffe und füllte das Glas erneut bis zum Rand.
    Von ihrem Platz im Garten aus betrachtete Elizabeth die Türmchen und Spitzen, die Erker und Zinnen von Ravenworth Hall. Es war aus glattem, grauem Stein gebaut und hatte hohe, geteilte Fenster und aufwendig geschnitzte Türen. Der Butler hatte gesagt, es wäre im sechzehnten Jahrhundert fertiggestellt worden und hätte von Anfang an der Familie Warring gehört. Es war ein riesiges Haus mit einhundertvierzig prächtig möblierten Zimmern, von denen sechzig Schlafzimmer waren.
    Zur Zeit wurde ein großer Teil dieses Landsitzes nicht genutzt, doch das ganze Haus war in erstaunlich gutem Zustand. Die Ländereien, in der Nähe des Hauses und fast wie ein Park, waren so schön, wie Elizabeth keine schöneren kannte.
    Sie strich mit einem Finger über die Figuren der schmiedeeisernen Bank, auf der sie saß und versuchte, nicht hinauf zum ersten Stockwerk zu sehen, wo das private Arbeitszimmer des Grafen von Ravenworth lag. Sie wußte, daß er sie beobachtete. Sie hatte ihn fast jeden Tag seit ihrer Ankunft dort oben an seinem Fenster stehen sehen.
    Sie fragte sich, was er wohl in den Stunden, die er in jenem Raum verbrachte, dort tun mochte - es unterschied sich bestimmt enorm von dem, was er später am Abend tat. Elizabeth wußte, was im Hause nach Einbruch der Dunkelheit vor sich ging, obwohl sie eigentlich in ihre Zimmer verbannt war. Mehr als einmal hatte sie sich über die Personaltreppe hinuntergeschlichen und dem Grafen und seinen betrunkenen Freunden zugesehen, wie sie Karten spielten. Sie hatte zugehört, wie sie unanständige Witze erzählten, und beobachtet, wie sie unanständig große Mengen Geld verspielten.
    Der Graf nahm zwar an ihrem betrunkenen Gelächter teil, doch es lag etwas in seinem Blick, das in ihr die Frage erweckte, ob er wohl wirklich Spaß an der Sache hatte. Sie fragte sich auch, wie diese Auswahl an Freunden zustande gekommen war. Elizabeth mochte sie nicht. Sie waren alle miteinander nichts weiter als eitle Pfauen und nutzlose Gesellen, die es sich dank Ravenworth’ Gastfreundschaft gutgehen ließen.
    Doch was gab ihr das Recht zur Kritik? Schließlich machte sie es genauso.
    Elizabeth sah hinauf zu dem Fenster, doch der Schattenriß des dunklen Grafen war fort. Ohne daß er dort stand, schien der Garten irgendwie weniger reizvoll. So wanderte sie zurück, hinauf in ihr Zimmer.
    Dort erwartete sie Mercy Brown, die Zofe, die Ravenworth ihr gegeben hatte. »Seht Euch an, Jott im Himmel. Ihr seid ja völlich durchjefrorn.« Mercy hatte eine volle, runde Figur und gab sich auch die größte Mühe, sie sehen zu lassen. Angesichts ihrer breiten Londoner Aussprache
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher